Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775.Die Furchtsamkeit Petri. liebe ich Jesum und sein Kreuz: aber wie bald kannmich der Umgang mit der Welt verleiten, ein Feind seiner Versöhnung zu werden. Ich habe ein empfind- sames, gerührtes Herz; allein wie leicht ist es möglich, daß ich, je länger ich der Sünde diene, desto härter und gefühlloser werde. Ich bin jetzt gesund, allein wie bald kann mich eine Krankheit überfallen, die mich dem Tode nahe bringt! Ueberhaupt kann unsere Furcht nicht vollkommen besiegt werden, so lange wir noch in der Welt sind. Ich bin immer mit Feinden und mit Gefahren umgeben, welche die Furcht auch in den besten Herzen rege machen können. Könn- te mein Glaube seine höchste Vollkommenheit erreichen, so würde auch die Furcht völlig vertrieben werden. So lange sich aber noch so viel Schwachheit bey meinem Glauben findet, so lange wird auch die Furcht desto mehr Gewalt über mich erhalten. Komm mir zu Hülfe, Herr mein Heiland, mit Zwölfte D 5
Die Furchtſamkeit Petri. liebe ich Jeſum und ſein Kreuz: aber wie bald kannmich der Umgang mit der Welt verleiten, ein Feind ſeiner Verſöhnung zu werden. Ich habe ein empfind- ſames, gerührtes Herz; allein wie leicht iſt es möglich, daß ich, je länger ich der Sünde diene, deſto härter und gefühlloſer werde. Ich bin jetzt geſund, allein wie bald kann mich eine Krankheit überfallen, die mich dem Tode nahe bringt! Ueberhaupt kann unſere Furcht nicht vollkommen beſiegt werden, ſo lange wir noch in der Welt ſind. Ich bin immer mit Feinden und mit Gefahren umgeben, welche die Furcht auch in den beſten Herzen rege machen können. Könn- te mein Glaube ſeine höchſte Vollkommenheit erreichen, ſo würde auch die Furcht völlig vertrieben werden. So lange ſich aber noch ſo viel Schwachheit bey meinem Glauben findet, ſo lange wird auch die Furcht deſto mehr Gewalt über mich erhalten. Komm mir zu Hülfe, Herr mein Heiland, mit Zwölfte D 5
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Die Furchtſamkeit Petri.
liebe ich Jeſum und ſein Kreuz: aber wie bald kann
mich der Umgang mit der Welt verleiten, ein Feind
ſeiner Verſöhnung zu werden. Ich habe ein empfind-
ſames, gerührtes Herz; allein wie leicht iſt es möglich,
daß ich, je länger ich der Sünde diene, deſto härter
und gefühlloſer werde. Ich bin jetzt geſund, allein wie
bald kann mich eine Krankheit überfallen, die mich dem
Tode nahe bringt! Ueberhaupt kann unſere Furcht
nicht vollkommen beſiegt werden, ſo lange wir noch
in der Welt ſind. Ich bin immer mit Feinden
und mit Gefahren umgeben, welche die Furcht
auch in den beſten Herzen rege machen können. Könn-
te mein Glaube ſeine höchſte Vollkommenheit erreichen,
ſo würde auch die Furcht völlig vertrieben werden. So
lange ſich aber noch ſo viel Schwachheit bey meinem
Glauben findet, ſo lange wird auch die Furcht deſto
mehr Gewalt über mich erhalten.
Komm mir zu Hülfe, Herr mein Heiland, mit
deiner allmächtigen Stärke. Sey du mein Licht, mein
Heil und meines Lebens Kraft, damit mich keine Furcht
erſchüttere und von dir abwendig mache. Bewahre
mich vor allen Verſuchungen, die meinem Chriſten-
thum ſchädlich ſeyn können: und laß mich dir ohne
knechtiſche Furcht dienen mein Lebelang.
Zwölfte
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