Joh. 18, 1. 2. Als Jesus seine Reden vollendet hatte; gieng er hinaus mit seinen Jüngern über den Bach Kidron; da war ein Garten, darein gieng Jesus und seine Jünger. Judas aber, der ihn verrieth, wußte den Ort auch: denn Jesus versammlete sich oft daselbst mit seinen Jüngern.
Dis war also das letztemal, daß Jesus den Oelber besuchte, wo er so manche Nacht im Gebet zu seinem himmlischen Vater durchwacht hatte. Der Ort, den er in guten Tagen zur stillen Unterhaltung mit Gott erwähl- te, wurde jetzt in den Stunden der Angst, die auf ihn anrückten, von ihm besucht, um sich auf sein Leiden zuzubereiten. Jerusalem, dieser Sammelplatz von Sün- den und lärmenden Freuden, schien ihm nicht der Ort zu seyn, wo er mit derjenigen Fassung des Geistes, die sein nahes Leiden erforderte, die letzte Lebensnacht zu- rücklegen konnte. Er wußte, daß noch ein schwerer Kampf, von ihm zu überstehen war, ein Kampf, den er ohne viele Zeugen kämpfen wollte; er gieng daher an einen einsamen Ort, von seinen theuren
Freun-
Erſte Betrachtung. Hingang Jeſu zum Oelberg.
Joh. 18, 1. 2. Als Jeſus ſeine Reden vollendet hatte; gieng er hinaus mit ſeinen Jüngern über den Bach Kidron; da war ein Garten, darein gieng Jeſus und ſeine Jünger. Judas aber, der ihn verrieth, wußte den Ort auch: denn Jeſus verſammlete ſich oft daſelbſt mit ſeinen Jüngern.
Dis war alſo das letztemal, daß Jeſus den Oelber beſuchte, wo er ſo manche Nacht im Gebet zu ſeinem himmliſchen Vater durchwacht hatte. Der Ort, den er in guten Tagen zur ſtillen Unterhaltung mit Gott erwähl- te, wurde jetzt in den Stunden der Angſt, die auf ihn anrückten, von ihm beſucht, um ſich auf ſein Leiden zuzubereiten. Jeruſalem, dieſer Sammelplatz von Sün- den und lärmenden Freuden, ſchien ihm nicht der Ort zu ſeyn, wo er mit derjenigen Faſſung des Geiſtes, die ſein nahes Leiden erforderte, die letzte Lebensnacht zu- rücklegen konnte. Er wußte, daß noch ein ſchwerer Kampf, von ihm zu überſtehen war, ein Kampf, den er ohne viele Zeugen kämpfen wollte; er gieng daher an einen einſamen Ort, von ſeinen theuren
Freun-
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[[15]/0037]
Erſte Betrachtung.
Hingang Jeſu zum Oelberg.
Joh. 18, 1. 2.
Als Jeſus ſeine Reden vollendet hatte; gieng er hinaus mit
ſeinen Jüngern über den Bach Kidron; da war ein
Garten, darein gieng Jeſus und ſeine Jünger. Judas
aber, der ihn verrieth, wußte den Ort auch: denn Jeſus
verſammlete ſich oft daſelbſt mit ſeinen Jüngern.
Dis war alſo das letztemal, daß Jeſus den
Oelber beſuchte, wo er ſo manche Nacht
im Gebet zu ſeinem himmliſchen Vater
durchwacht hatte. Der Ort, den er in
guten Tagen zur ſtillen Unterhaltung mit Gott erwähl-
te, wurde jetzt in den Stunden der Angſt, die auf ihn
anrückten, von ihm beſucht, um ſich auf ſein Leiden
zuzubereiten. Jeruſalem, dieſer Sammelplatz von Sün-
den und lärmenden Freuden, ſchien ihm nicht der Ort
zu ſeyn, wo er mit derjenigen Faſſung des Geiſtes, die
ſein nahes Leiden erforderte, die letzte Lebensnacht zu-
rücklegen konnte. Er wußte, daß noch ein ſchwerer
Kampf, von ihm zu überſtehen war, ein Kampf, den er
ohne viele Zeugen kämpfen wollte; er gieng
daher an einen einſamen Ort, von ſeinen theuren
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Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775, S. [15]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_unterhaltung_1781/37>, abgerufen am 22.07.2024.
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