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Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775.

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Zweyter Abschnitt.
seine That, die er um eines so schändlichen Gewinstes wil-
len unternommen hatte. Er eilte sogleich hin, die dreyßig
Silberstücke, welche ihm ausgezahlt worden waren, zu
den Hohenpriestern und Aeltesten zu bringen, und redete
sie also an: ich habe mich versündiget, daß ich einen
unschuldigen Menschen verrathen habe.
Allein dieses
Geständniß machte keinen Eindruck auf ihr Herz. Was
geht uns dis an?
versetzten sie; da magst du zusehen!
Diese Begegnung vermehrte noch die Angst des Judas.
Um aber des Geldes loß zu werden, welches er als die
Ursache seiner Verschuldung ansahe, so warf er es in den
inner Vorhof des Tempels. Allein auch hiedurch wurde
sein Gewissen noch nicht beruhiget. Seines Lebens über-
drüßig, und von der entsetzlichsten Angst gemartert, begab
er sich nunmehr an einen abgelegenen Ort und erhieng sich.
Als er aber herabgestürzt wurde, borst er mitten entzwey
und verschüttete alles sein Eingeweide. Nachher berath-
schlagten sich die Hohenpriester, was sie mit diesem Gelde
zu thun hätten. Sie hielten es nicht für gut, es in die
Schatzkammer des Tempels zu legen, weil es Blutgeld
wäre. Sie kauften, da sie die Sache weiter überlegt hat-
ten, dafür ein Stück Acker, welcher vielleicht den Tö-
pfern zur Ausgrabung der Thonerde bisher überlassen wor-
den war, und erlaubten, daß die Heiden, die etwa in Je-
rusalem starben, hier begraben werden konnten. Daher
hat dieser Acker nachher lange der Blutacker, oder in
der syrischen Sprache Hakeldama geheissen. Hierdurch
wurde jenes Wort des Propheten erfüllt, da er spricht:
die Juden haben die dreyßig Silberstücke genommen;
den Kaufpreiß des Verkauften, den sie von dem
Volk Israel gekauft hatten, und haben sie für den
Töpferacker gegeben.

Prak-

Zweyter Abſchnitt.
ſeine That, die er um eines ſo ſchändlichen Gewinſtes wil-
len unternommen hatte. Er eilte ſogleich hin, die dreyßig
Silberſtücke, welche ihm ausgezahlt worden waren, zu
den Hohenprieſtern und Aelteſten zu bringen, und redete
ſie alſo an: ich habe mich verſündiget, daß ich einen
unſchuldigen Menſchen verrathen habe.
Allein dieſes
Geſtändniß machte keinen Eindruck auf ihr Herz. Was
geht uns dis an?
verſetzten ſie; da magſt du zuſehen!
Dieſe Begegnung vermehrte noch die Angſt des Judas.
Um aber des Geldes loß zu werden, welches er als die
Urſache ſeiner Verſchuldung anſahe, ſo warf er es in den
inner Vorhof des Tempels. Allein auch hiedurch wurde
ſein Gewiſſen noch nicht beruhiget. Seines Lebens über-
drüßig, und von der entſetzlichſten Angſt gemartert, begab
er ſich nunmehr an einen abgelegenen Ort und erhieng ſich.
Als er aber herabgeſtürzt wurde, borſt er mitten entzwey
und verſchüttete alles ſein Eingeweide. Nachher berath-
ſchlagten ſich die Hohenprieſter, was ſie mit dieſem Gelde
zu thun hätten. Sie hielten es nicht für gut, es in die
Schatzkammer des Tempels zu legen, weil es Blutgeld
wäre. Sie kauften, da ſie die Sache weiter überlegt hat-
ten, dafür ein Stück Acker, welcher vielleicht den Tö-
pfern zur Ausgrabung der Thonerde bisher überlaſſen wor-
den war, und erlaubten, daß die Heiden, die etwa in Je-
ruſalem ſtarben, hier begraben werden konnten. Daher
hat dieſer Acker nachher lange der Blutacker, oder in
der ſyriſchen Sprache Hakeldama geheiſſen. Hierdurch
wurde jenes Wort des Propheten erfüllt, da er ſpricht:
die Juden haben die dreyßig Silberſtücke genommen;
den Kaufpreiß des Verkauften, den ſie von dem
Volk Iſrael gekauft hatten, und haben ſie für den
Töpferacker gegeben.

Prak-
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[250/0272] Zweyter Abſchnitt. ſeine That, die er um eines ſo ſchändlichen Gewinſtes wil- len unternommen hatte. Er eilte ſogleich hin, die dreyßig Silberſtücke, welche ihm ausgezahlt worden waren, zu den Hohenprieſtern und Aelteſten zu bringen, und redete ſie alſo an: ich habe mich verſündiget, daß ich einen unſchuldigen Menſchen verrathen habe. Allein dieſes Geſtändniß machte keinen Eindruck auf ihr Herz. Was geht uns dis an? verſetzten ſie; da magſt du zuſehen! Dieſe Begegnung vermehrte noch die Angſt des Judas. Um aber des Geldes loß zu werden, welches er als die Urſache ſeiner Verſchuldung anſahe, ſo warf er es in den inner Vorhof des Tempels. Allein auch hiedurch wurde ſein Gewiſſen noch nicht beruhiget. Seines Lebens über- drüßig, und von der entſetzlichſten Angſt gemartert, begab er ſich nunmehr an einen abgelegenen Ort und erhieng ſich. Als er aber herabgeſtürzt wurde, borſt er mitten entzwey und verſchüttete alles ſein Eingeweide. Nachher berath- ſchlagten ſich die Hohenprieſter, was ſie mit dieſem Gelde zu thun hätten. Sie hielten es nicht für gut, es in die Schatzkammer des Tempels zu legen, weil es Blutgeld wäre. Sie kauften, da ſie die Sache weiter überlegt hat- ten, dafür ein Stück Acker, welcher vielleicht den Tö- pfern zur Ausgrabung der Thonerde bisher überlaſſen wor- den war, und erlaubten, daß die Heiden, die etwa in Je- ruſalem ſtarben, hier begraben werden konnten. Daher hat dieſer Acker nachher lange der Blutacker, oder in der ſyriſchen Sprache Hakeldama geheiſſen. Hierdurch wurde jenes Wort des Propheten erfüllt, da er ſpricht: die Juden haben die dreyßig Silberſtücke genommen; den Kaufpreiß des Verkauften, den ſie von dem Volk Iſrael gekauft hatten, und haben ſie für den Töpferacker gegeben. Prak-

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Zitationshilfe: Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_unterhaltung_1781/272>, abgerufen am 22.11.2024.