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Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775.

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Von dem Leiden Jesu selbst
16. Freymüthiges Bekenntniß Jesu vor dem
geistlichen Gerichte.

Jedoch der Hohepriester schien diese Zeugnisse für zu-
länglich und wichtig genug zu halten. Denn sobald die
letzten Zeugen ihre Aussage gethan hatten, so stund er von
seinem Sitze auf, (so wie es zu geschehen pflegte, wenn ein
Zeuge eine Gotteslästerung vorbrachte, die jemand gesagt
haben sollte,) und sagte zu Jesu: Antwortest du
nichts? Hörest du wohl, was diese wider dich aus-
sagen?
Aber Jesus gab auch dem Hohenpriester hierauf
keine Antwort. Voll Unmuth über das Stillschweigen
Jesu that hierauf Kaiphas abermal eine Frage an ihn: und
redete ihn also an: Ich beschwöre dich bey dem leben-
digen Gotte, uns zu sagen, ob du der Meßias, und
also der Sohn des hochgelobten Gottes seyst.
Auf
diese Frage, welche die göttliche Sendung betraf, hielt er
es für seine Pflicht, eine bestimmte Antwort zu geben.
Du sagest ganz recht, erwiederte Jesus. Ich bin der
Meßias und der Sohn des hochgelobten Gottes.
Ja, ich sage noch mehr: von nun an werdet ihr
viele Begebenheiten sehen, die es beweisen können,
daß ich mich zur Rechten der Allmacht gesetzt habe.
Und noch unwidersprechlicher werdet ihr es alsdann
erkennen, wenn ich, in den Wolken des Himmels,
über euch Gericht zu halten, kommen werde.

Praktische Anmerkungen.

1. Wie verabscheuungswürdig sind diejenigen Menschen, die
sich stellen, als wenn es ihnen um die Erkenntniß der Wahrheit
zu thun wäre, da sie eigentlich ihre verruchten Absichten auszu-
führen gedenken!

2. Welche Pflicht kann denenjenigen heilig seyn, die sich nicht
scheuen, den Namen des lebendigen Gottes auf das fredelhaf-
teste zu entheiligen?

3. Ich
Sturms Leidensgeschichte. Q
Von dem Leiden Jeſu ſelbſt
16. Freymüthiges Bekenntniß Jeſu vor dem
geiſtlichen Gerichte.

Jedoch der Hoheprieſter ſchien dieſe Zeugniſſe für zu-
länglich und wichtig genug zu halten. Denn ſobald die
letzten Zeugen ihre Ausſage gethan hatten, ſo ſtund er von
ſeinem Sitze auf, (ſo wie es zu geſchehen pflegte, wenn ein
Zeuge eine Gottesläſterung vorbrachte, die jemand geſagt
haben ſollte,) und ſagte zu Jeſu: Antworteſt du
nichts? Höreſt du wohl, was dieſe wider dich aus-
ſagen?
Aber Jeſus gab auch dem Hohenprieſter hierauf
keine Antwort. Voll Unmuth über das Stillſchweigen
Jeſu that hierauf Kaiphas abermal eine Frage an ihn: und
redete ihn alſo an: Ich beſchwöre dich bey dem leben-
digen Gotte, uns zu ſagen, ob du der Meßias, und
alſo der Sohn des hochgelobten Gottes ſeyſt.
Auf
dieſe Frage, welche die göttliche Sendung betraf, hielt er
es für ſeine Pflicht, eine beſtimmte Antwort zu geben.
Du ſageſt ganz recht, erwiederte Jeſus. Ich bin der
Meßias und der Sohn des hochgelobten Gottes.
Ja, ich ſage noch mehr: von nun an werdet ihr
viele Begebenheiten ſehen, die es beweiſen können,
daß ich mich zur Rechten der Allmacht geſetzt habe.
Und noch unwiderſprechlicher werdet ihr es alsdann
erkennen, wenn ich, in den Wolken des Himmels,
über euch Gericht zu halten, kommen werde.

Praktiſche Anmerkungen.

1. Wie verabſcheuungswürdig ſind diejenigen Menſchen, die
ſich ſtellen, als wenn es ihnen um die Erkenntniß der Wahrheit
zu thun wäre, da ſie eigentlich ihre verruchten Abſichten auszu-
führen gedenken!

2. Welche Pflicht kann denenjenigen heilig ſeyn, die ſich nicht
ſcheuen, den Namen des lebendigen Gottes auf das fredelhaf-
teſte zu entheiligen?

3. Ich
Sturms Leidensgeſchichte. Q
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[241/0263] Von dem Leiden Jeſu ſelbſt 16. Freymüthiges Bekenntniß Jeſu vor dem geiſtlichen Gerichte. Jedoch der Hoheprieſter ſchien dieſe Zeugniſſe für zu- länglich und wichtig genug zu halten. Denn ſobald die letzten Zeugen ihre Ausſage gethan hatten, ſo ſtund er von ſeinem Sitze auf, (ſo wie es zu geſchehen pflegte, wenn ein Zeuge eine Gottesläſterung vorbrachte, die jemand geſagt haben ſollte,) und ſagte zu Jeſu: Antworteſt du nichts? Höreſt du wohl, was dieſe wider dich aus- ſagen? Aber Jeſus gab auch dem Hohenprieſter hierauf keine Antwort. Voll Unmuth über das Stillſchweigen Jeſu that hierauf Kaiphas abermal eine Frage an ihn: und redete ihn alſo an: Ich beſchwöre dich bey dem leben- digen Gotte, uns zu ſagen, ob du der Meßias, und alſo der Sohn des hochgelobten Gottes ſeyſt. Auf dieſe Frage, welche die göttliche Sendung betraf, hielt er es für ſeine Pflicht, eine beſtimmte Antwort zu geben. Du ſageſt ganz recht, erwiederte Jeſus. Ich bin der Meßias und der Sohn des hochgelobten Gottes. Ja, ich ſage noch mehr: von nun an werdet ihr viele Begebenheiten ſehen, die es beweiſen können, daß ich mich zur Rechten der Allmacht geſetzt habe. Und noch unwiderſprechlicher werdet ihr es alsdann erkennen, wenn ich, in den Wolken des Himmels, über euch Gericht zu halten, kommen werde. Praktiſche Anmerkungen. 1. Wie verabſcheuungswürdig ſind diejenigen Menſchen, die ſich ſtellen, als wenn es ihnen um die Erkenntniß der Wahrheit zu thun wäre, da ſie eigentlich ihre verruchten Abſichten auszu- führen gedenken! 2. Welche Pflicht kann denenjenigen heilig ſeyn, die ſich nicht ſcheuen, den Namen des lebendigen Gottes auf das fredelhaf- teſte zu entheiligen? 3. Ich Sturms Leidensgeſchichte. Q

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Zitationshilfe: Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_unterhaltung_1781/263>, abgerufen am 23.11.2024.