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Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775.

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Zweyter Abschnitt.

3 Selbst die Gottlosen müssen oft wider ihren Willen Werk-
zeuge unsers Glücks werden.

4. Der Rathschluß Gottes sieget über alle Rathschlüsse und
Entwürfe der Menschen.

13. Erste Verläugnung Petri.

Petrus hatte anfänglich, da man Jesum gefangen
nahm, mit den übrigen Jüngern die Flucht ergriffen. Al-
lein plötzlich, da er sich der geschehenen Zusage erinnerte,
kam mit der Liebe zu Jesu auch ein neuer Muth in seine
Seele zurück. Er folgte daher der Schaar, die Jesum
von dem Hannas zu dem Kaiphas brachte, von ferne
nach. Zu ihm gesellte sich noch ein anderer Jünger, wel-
cher Johannes zu seyn scheinet. Weil dieser einige Be-
kanntschaft mit den Hausgenossen des Hohenpriesters
hatte, so gieng er sogleich mit Jesu in den hohenpriesterli-
chen Pallast. Da er aber sahe, daß Petrus sich nicht ge-
trauete, ihm weiter zu folgen, sondern vor der Thüre des
Pallastes stehen blieb, so gieng er wieder zurück, und re-
dete seinetwegen mit der Thürhüterin, daß sie ihn hereinlas-
sen möchte. Auf diese Fürsprache wurde Petrus eingelas-
sen. Bey dem Eintritt sahe ihn die Pförtnerin starck ins
Gesicht, und sagte zu ihm: Bist du vielleicht auch ei-
ner von den Jüngern dieses Menschen? Nein,
ver-
setzte er, das bin ich nicht. Petrus ohne weiter zu ge-
hen, blieb in dem Vorhause des Pallastes zurück. Hier
hatten die Knechte und Gerichtsdiener ein Feuer von Koh-
len angelegt, weil es in dieser Nacht ausserordentlich kalt
war. Petrus setzte sich mitten unter sie, um sich theils an
dem Feuer zu wärmen, theils desto besser zu erfahren, was
die Sache für einen Ausgang nehmen würde. Die
Pförtnerin sahe ihn aufs neue genau an. Und weil sie
vielleicht sowohl an seinen Mienen, als an seinem ganzen

Be-
Zweyter Abſchnitt.

3 Selbſt die Gottloſen müſſen oft wider ihren Willen Werk-
zeuge unſers Glücks werden.

4. Der Rathſchluß Gottes ſieget über alle Rathſchlüſſe und
Entwürfe der Menſchen.

13. Erſte Verläugnung Petri.

Petrus hatte anfänglich, da man Jeſum gefangen
nahm, mit den übrigen Jüngern die Flucht ergriffen. Al-
lein plötzlich, da er ſich der geſchehenen Zuſage erinnerte,
kam mit der Liebe zu Jeſu auch ein neuer Muth in ſeine
Seele zurück. Er folgte daher der Schaar, die Jeſum
von dem Hannas zu dem Kaiphas brachte, von ferne
nach. Zu ihm geſellte ſich noch ein anderer Jünger, wel-
cher Johannes zu ſeyn ſcheinet. Weil dieſer einige Be-
kanntſchaft mit den Hausgenoſſen des Hohenprieſters
hatte, ſo gieng er ſogleich mit Jeſu in den hohenprieſterli-
chen Pallaſt. Da er aber ſahe, daß Petrus ſich nicht ge-
trauete, ihm weiter zu folgen, ſondern vor der Thüre des
Pallaſtes ſtehen blieb, ſo gieng er wieder zurück, und re-
dete ſeinetwegen mit der Thürhüterin, daß ſie ihn hereinlaſ-
ſen möchte. Auf dieſe Fürſprache wurde Petrus eingelaſ-
ſen. Bey dem Eintritt ſahe ihn die Pförtnerin ſtarck ins
Geſicht, und ſagte zu ihm: Biſt du vielleicht auch ei-
ner von den Jüngern dieſes Menſchen? Nein,
ver-
ſetzte er, das bin ich nicht. Petrus ohne weiter zu ge-
hen, blieb in dem Vorhauſe des Pallaſtes zurück. Hier
hatten die Knechte und Gerichtsdiener ein Feuer von Koh-
len angelegt, weil es in dieſer Nacht auſſerordentlich kalt
war. Petrus ſetzte ſich mitten unter ſie, um ſich theils an
dem Feuer zu wärmen, theils deſto beſſer zu erfahren, was
die Sache für einen Ausgang nehmen würde. Die
Pförtnerin ſahe ihn aufs neue genau an. Und weil ſie
vielleicht ſowohl an ſeinen Mienen, als an ſeinem ganzen

Be-
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[236/0258] Zweyter Abſchnitt. 3 Selbſt die Gottloſen müſſen oft wider ihren Willen Werk- zeuge unſers Glücks werden. 4. Der Rathſchluß Gottes ſieget über alle Rathſchlüſſe und Entwürfe der Menſchen. 13. Erſte Verläugnung Petri. Petrus hatte anfänglich, da man Jeſum gefangen nahm, mit den übrigen Jüngern die Flucht ergriffen. Al- lein plötzlich, da er ſich der geſchehenen Zuſage erinnerte, kam mit der Liebe zu Jeſu auch ein neuer Muth in ſeine Seele zurück. Er folgte daher der Schaar, die Jeſum von dem Hannas zu dem Kaiphas brachte, von ferne nach. Zu ihm geſellte ſich noch ein anderer Jünger, wel- cher Johannes zu ſeyn ſcheinet. Weil dieſer einige Be- kanntſchaft mit den Hausgenoſſen des Hohenprieſters hatte, ſo gieng er ſogleich mit Jeſu in den hohenprieſterli- chen Pallaſt. Da er aber ſahe, daß Petrus ſich nicht ge- trauete, ihm weiter zu folgen, ſondern vor der Thüre des Pallaſtes ſtehen blieb, ſo gieng er wieder zurück, und re- dete ſeinetwegen mit der Thürhüterin, daß ſie ihn hereinlaſ- ſen möchte. Auf dieſe Fürſprache wurde Petrus eingelaſ- ſen. Bey dem Eintritt ſahe ihn die Pförtnerin ſtarck ins Geſicht, und ſagte zu ihm: Biſt du vielleicht auch ei- ner von den Jüngern dieſes Menſchen? Nein, ver- ſetzte er, das bin ich nicht. Petrus ohne weiter zu ge- hen, blieb in dem Vorhauſe des Pallaſtes zurück. Hier hatten die Knechte und Gerichtsdiener ein Feuer von Koh- len angelegt, weil es in dieſer Nacht auſſerordentlich kalt war. Petrus ſetzte ſich mitten unter ſie, um ſich theils an dem Feuer zu wärmen, theils deſto beſſer zu erfahren, was die Sache für einen Ausgang nehmen würde. Die Pförtnerin ſahe ihn aufs neue genau an. Und weil ſie vielleicht ſowohl an ſeinen Mienen, als an ſeinem ganzen Be-

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Zitationshilfe: Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sturm_unterhaltung_1781/258>, abgerufen am 22.11.2024.