Sturm, Christoph Christian: Unterhaltung der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu. 2. Aufl. Halle (Saale), 1775.vor dem Leiden Jesu. te. Er wollte aber nicht weiter von einer Sache re-den, deren Andenken ihn sehr betrübte, und welche seine Jünger zu noch mehrern vermessenen Versicherungen be- wegen konnte. Er wollte sie vielmehr von der ihnen be- vorstehenden Veränderung ihres Zustandes unterrichten. Daher sagte er zu ihnen: Wenn ich euch vormals aussandte, das Evangelium zu verkündigen, ohne euch zu verstatten, einen Geldbeutel, oder eine Reisetasche, oder Schuhe mitzunehmen: habt ihr wohl unter solchen Umständen an etwas je Man- gel gehabt? An nichts; war ihre Antwort. Nun aber fuhr er weiter fort, werdet ihr nicht einer sol- chen Glückseligkeit geniessen. Es werden sehr trüb- selige Zeiten über euch herreinbrechen. Fast nirgends werdet ihr eine gute Aufnahme, vielmehr überall Drangsalen und Verfolgungen zu erwarten haben. Da wird das unter den Juden übliche Sprich- wort an euch in Erfüllung gehen: Wer einen Geldbeutel hat, der nehme ihn zu sich; und wer eine Reisetasche hat, gebrauche sie. Und wems daran fehlt, der verkaufe sein Kleid und kaufe sich ein Schwerdt. Denn ich versichre euch, daß nun- mehr die Zeit da ist, wo jenes Wort des Prophe- ten an mir erfüllet werden wird: Er ist den Missethätern gleich gerechnet worden. Denn al- les, was von mir geweissaget, ist bis auf diesen Umstand an mir erfüllet worden. Die Gedanken der Jünger beschäftigten sich blos mit dem erstern Theil der Rede Jesu, ohne dem letztern nachzudenken. Da- her sagten sie: Herr, hier sind zwey Schwerdter! Er aber sprach: Genug hievon! Prak-
vor dem Leiden Jeſu. te. Er wollte aber nicht weiter von einer Sache re-den, deren Andenken ihn ſehr betrübte, und welche ſeine Jünger zu noch mehrern vermeſſenen Verſicherungen be- wegen konnte. Er wollte ſie vielmehr von der ihnen be- vorſtehenden Veränderung ihres Zuſtandes unterrichten. Daher ſagte er zu ihnen: Wenn ich euch vormals ausſandte, das Evangelium zu verkündigen, ohne euch zu verſtatten, einen Geldbeutel, oder eine Reiſetaſche, oder Schuhe mitzunehmen: habt ihr wohl unter ſolchen Umſtänden an etwas je Man- gel gehabt? An nichts; war ihre Antwort. Nun aber fuhr er weiter fort, werdet ihr nicht einer ſol- chen Glückſeligkeit genieſſen. Es werden ſehr trüb- ſelige Zeiten über euch herreinbrechen. Faſt nirgends werdet ihr eine gute Aufnahme, vielmehr überall Drangſalen und Verfolgungen zu erwarten haben. Da wird das unter den Juden übliche Sprich- wort an euch in Erfüllung gehen: Wer einen Geldbeutel hat, der nehme ihn zu ſich; und wer eine Reiſetaſche hat, gebrauche ſie. Und wems daran fehlt, der verkaufe ſein Kleid und kaufe ſich ein Schwerdt. Denn ich verſichre euch, daß nun- mehr die Zeit da iſt, wo jenes Wort des Prophe- ten an mir erfüllet werden wird: Er iſt den Miſſethätern gleich gerechnet worden. Denn al- les, was von mir geweiſſaget, iſt bis auf dieſen Umſtand an mir erfüllet worden. Die Gedanken der Jünger beſchäftigten ſich blos mit dem erſtern Theil der Rede Jeſu, ohne dem letztern nachzudenken. Da- her ſagten ſie: Herr, hier ſind zwey Schwerdter! Er aber ſprach: Genug hievon! Prak-
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vor dem Leiden Jeſu.
te. Er wollte aber nicht weiter von einer Sache re-
den, deren Andenken ihn ſehr betrübte, und welche ſeine
Jünger zu noch mehrern vermeſſenen Verſicherungen be-
wegen konnte. Er wollte ſie vielmehr von der ihnen be-
vorſtehenden Veränderung ihres Zuſtandes unterrichten.
Daher ſagte er zu ihnen: Wenn ich euch vormals
ausſandte, das Evangelium zu verkündigen, ohne
euch zu verſtatten, einen Geldbeutel, oder eine
Reiſetaſche, oder Schuhe mitzunehmen: habt ihr
wohl unter ſolchen Umſtänden an etwas je Man-
gel gehabt? An nichts; war ihre Antwort. Nun
aber fuhr er weiter fort, werdet ihr nicht einer ſol-
chen Glückſeligkeit genieſſen. Es werden ſehr trüb-
ſelige Zeiten über euch herreinbrechen. Faſt nirgends
werdet ihr eine gute Aufnahme, vielmehr überall
Drangſalen und Verfolgungen zu erwarten haben.
Da wird das unter den Juden übliche Sprich-
wort an euch in Erfüllung gehen: Wer einen
Geldbeutel hat, der nehme ihn zu ſich; und wer
eine Reiſetaſche hat, gebrauche ſie. Und wems
daran fehlt, der verkaufe ſein Kleid und kaufe ſich
ein Schwerdt. Denn ich verſichre euch, daß nun-
mehr die Zeit da iſt, wo jenes Wort des Prophe-
ten an mir erfüllet werden wird: Er iſt den
Miſſethätern gleich gerechnet worden. Denn al-
les, was von mir geweiſſaget, iſt bis auf dieſen
Umſtand an mir erfüllet worden. Die Gedanken
der Jünger beſchäftigten ſich blos mit dem erſtern Theil
der Rede Jeſu, ohne dem letztern nachzudenken. Da-
her ſagten ſie: Herr, hier ſind zwey Schwerdter!
Er aber ſprach: Genug hievon!
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