Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

Schlussabhandlung. §. 141.
3 f.), und als das omologoumenos mega tes eisebeias muserion
wurden die Wahrheiten hingestellt: theos ephaterothe en
sarki, edikaiothe en pneumati, ophthe aggelois, ekerukhthe en
ethnesin, episeuthe en kosmo, anelephthe en doxe (1. Tim.
3, 16.).

Anschliessend an die Taufformel (Matth. 28, 19.), wel-
che durch die Zusammenstellung von Vater, Sohn und Geist
gleichsam ein Fachwerk darbot, um den neuen Glauben in
dasselbe einzuordnen, bildete sich in der Kirche der er-
sten Jahrhunderte die sogenannte regula fidei aus, welche
in verschiedenen Formen, bald summarischer, bald ausführ-
licher, populärer oder subtiler, sich bei den verschiedenen
Vätern findet 1), und nach ihrer populären Form endlich
im sogenannten apostolischen Symbol zur Ruhe kam, wel-
ches, in der Gestalt, in welcher es auch von der evange-
lischen Kirche aufgenommen worden ist, im zweiten, aus-
führlichsten, Artikel vom Sohn folgende Glaubensmomente
hervorhebt: et (credo) in Jesum Christum, filium ejus
(Dei patris) unicum, Dominum nostrum; qui concep-
tus est de spiritu sancto, natus ex Maria virgine; pas-
sus sub Pontio Pilato, crucifixus, mortuus et sepultus,
descendit ad inferna; tertia die resurrexit a mortuis,
ascendit ad coelos, sedet ad dextram Dei patris omni-
potentis; inde venturus est, judicare vivos et mortuos
.

Neben dieser volksmässigen Form des Glaubensbekennt-
nisses in Bezug auf Christum gieng aber zugleich die Aus-
bildung einer schärferen theologischen Fassung desselben
her, veranlasst durch die Differenzen und Streitigkeiten,
welche sich frühzeitig über einzelne Punkte desselben her-
vorthaten. Das Grundthema des christlichen Glaubens, das:
o logos sarx egeneto, oder: theos ephanerothe en sarki, war
von allen Seiten gefährdet, indem bald die Gottheit, bald

1) Iren. adv. haer. 1, 10. Tertull. de praescr. haer. 13, adv.
Prax. 2, de veland. virg. 1. Orig. de principp. procem. 4.

Schluſsabhandlung. §. 141.
3 f.), und als das ὁμολογουμένως μέγα τῆς εἰσεβείας μυςήριον
wurden die Wahrheiten hingestellt: ϑεὸς ἐφατερώϑη ἐν
σαρκὶ, ἐδικαιώϑη ἐν πνεύματι, ὤφϑη ἀγγέλοις, ἐκηρύχϑη ἐν
ἐϑνεσιν, ἐπιςεύϑη ἐν κόσμῳ, ἀνελήφϑη ἐν δόξῃ (1. Tim.
3, 16.).

Anschlieſsend an die Taufformel (Matth. 28, 19.), wel-
che durch die Zusammenstellung von Vater, Sohn und Geist
gleichsam ein Fachwerk darbot, um den neuen Glauben in
dasselbe einzuordnen, bildete sich in der Kirche der er-
sten Jahrhunderte die sogenannte regula fidei aus, welche
in verschiedenen Formen, bald summarischer, bald ausführ-
licher, populärer oder subtiler, sich bei den verschiedenen
Vätern findet 1), und nach ihrer populären Form endlich
im sogenannten apostolischen Symbol zur Ruhe kam, wel-
ches, in der Gestalt, in welcher es auch von der evange-
lischen Kirche aufgenommen worden ist, im zweiten, aus-
führlichsten, Artikel vom Sohn folgende Glaubensmomente
hervorhebt: et (credo) in Jesum Christum, filium ejus
(Dei patris) unicum, Dominum nostrum; qui concep-
tus est de spiritu sancto, natus ex Maria virgine; pas-
sus sub Pontio Pilato, crucifixus, mortuus et sepultus,
descendit ad inferna; tertia die resurrexit a mortuis,
ascendit ad coelos, sedet ad dextram Dei patris omni-
potentis; inde venturus est, judicare vivos et mortuos
.

Neben dieser volksmäſsigen Form des Glaubensbekennt-
nisses in Bezug auf Christum gieng aber zugleich die Aus-
bildung einer schärferen theologischen Fassung desselben
her, veranlaſst durch die Differenzen und Streitigkeiten,
welche sich frühzeitig über einzelne Punkte desselben her-
vorthaten. Das Grundthema des christlichen Glaubens, das:
ὁ λόγος σὰρξ ἐγένετο, oder: ϑεὸς ἐφανερώϑη ἐν σαρκὶ, war
von allen Seiten gefährdet, indem bald die Gottheit, bald

1) Iren. adv. haer. 1, 10. Tertull. de praescr. haer. 13, adv.
Prax. 2, de veland. virg. 1. Orig. de principp. procem. 4.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0712" n="693"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Schlu&#x017F;sabhandlung</hi>. §. 141.</fw><lb/>
3 f.), und als das <foreign xml:lang="ell">&#x1F41;&#x03BC;&#x03BF;&#x03BB;&#x03BF;&#x03B3;&#x03BF;&#x03C5;&#x03BC;&#x03AD;&#x03BD;&#x03C9;&#x03C2; &#x03BC;&#x03AD;&#x03B3;&#x03B1; &#x03C4;&#x1FC6;&#x03C2; &#x03B5;&#x1F30;&#x03C3;&#x03B5;&#x03B2;&#x03B5;&#x03AF;&#x03B1;&#x03C2; &#x03BC;&#x03C5;&#x03C2;&#x03AE;&#x03C1;&#x03B9;&#x03BF;&#x03BD;</foreign><lb/>
wurden die Wahrheiten hingestellt: <foreign xml:lang="ell">&#x03D1;&#x03B5;&#x1F78;&#x03C2; &#x1F10;&#x03C6;&#x03B1;&#x03C4;&#x03B5;&#x03C1;&#x03CE;&#x03D1;&#x03B7; &#x1F10;&#x03BD;<lb/>
&#x03C3;&#x03B1;&#x03C1;&#x03BA;&#x1F76;, &#x1F10;&#x03B4;&#x03B9;&#x03BA;&#x03B1;&#x03B9;&#x03CE;&#x03D1;&#x03B7; &#x1F10;&#x03BD; &#x03C0;&#x03BD;&#x03B5;&#x03CD;&#x03BC;&#x03B1;&#x03C4;&#x03B9;, &#x1F64;&#x03C6;&#x03D1;&#x03B7; &#x1F00;&#x03B3;&#x03B3;&#x03AD;&#x03BB;&#x03BF;&#x03B9;&#x03C2;, &#x1F10;&#x03BA;&#x03B7;&#x03C1;&#x03CD;&#x03C7;&#x03D1;&#x03B7; &#x1F10;&#x03BD;<lb/>
&#x1F10;&#x03D1;&#x03BD;&#x03B5;&#x03C3;&#x03B9;&#x03BD;, &#x1F10;&#x03C0;&#x03B9;&#x03C2;&#x03B5;&#x03CD;&#x03D1;&#x03B7; &#x1F10;&#x03BD; &#x03BA;&#x03CC;&#x03C3;&#x03BC;&#x1FF3;, &#x1F00;&#x03BD;&#x03B5;&#x03BB;&#x03AE;&#x03C6;&#x03D1;&#x03B7; &#x1F10;&#x03BD; &#x03B4;&#x03CC;&#x03BE;&#x1FC3;</foreign> (1. Tim.<lb/>
3, 16.).</p><lb/>
          <p>Anschlie&#x017F;send an die Taufformel (Matth. 28, 19.), wel-<lb/>
che durch die Zusammenstellung von Vater, Sohn und Geist<lb/>
gleichsam ein Fachwerk darbot, um den neuen Glauben in<lb/>
dasselbe einzuordnen, bildete sich in der Kirche der er-<lb/>
sten Jahrhunderte die sogenannte <hi rendition="#i">regula fidei</hi> aus, welche<lb/>
in verschiedenen Formen, bald summarischer, bald ausführ-<lb/>
licher, populärer oder subtiler, sich bei den verschiedenen<lb/>
Vätern findet <note place="foot" n="1)">Iren. adv. haer. 1, 10. Tertull. de praescr. haer. 13, adv.<lb/>
Prax. 2, de veland. virg. 1. Orig. de principp. procem. 4.</note>, und nach ihrer populären Form endlich<lb/>
im sogenannten apostolischen Symbol zur Ruhe kam, wel-<lb/>
ches, in der Gestalt, in welcher es auch von der evange-<lb/>
lischen Kirche aufgenommen worden ist, im zweiten, aus-<lb/>
führlichsten, Artikel vom Sohn folgende Glaubensmomente<lb/>
hervorhebt: <quote xml:lang="lat"><hi rendition="#i">et (credo) in Jesum Christum, filium ejus<lb/>
(Dei patris) unicum, Dominum nostrum; qui concep-<lb/>
tus est de spiritu sancto, natus ex Maria virgine; pas-<lb/>
sus sub Pontio Pilato, crucifixus, mortuus et sepultus,<lb/>
descendit ad inferna; tertia die resurrexit a mortuis,<lb/>
ascendit ad coelos, sedet ad dextram Dei patris omni-<lb/>
potentis; inde venturus est, judicare vivos et mortuos</hi>.</quote></p><lb/>
          <p>Neben dieser volksmä&#x017F;sigen Form des Glaubensbekennt-<lb/>
nisses in Bezug auf Christum gieng aber zugleich die Aus-<lb/>
bildung einer schärferen theologischen Fassung desselben<lb/>
her, veranla&#x017F;st durch die Differenzen und Streitigkeiten,<lb/>
welche sich frühzeitig über einzelne Punkte desselben her-<lb/>
vorthaten. Das Grundthema des christlichen Glaubens, das:<lb/><foreign xml:lang="ell">&#x1F41; &#x03BB;&#x03CC;&#x03B3;&#x03BF;&#x03C2; &#x03C3;&#x1F70;&#x03C1;&#x03BE; &#x1F10;&#x03B3;&#x03AD;&#x03BD;&#x03B5;&#x03C4;&#x03BF;</foreign>, oder: <foreign xml:lang="ell">&#x03D1;&#x03B5;&#x1F78;&#x03C2; &#x1F10;&#x03C6;&#x03B1;&#x03BD;&#x03B5;&#x03C1;&#x03CE;&#x03D1;&#x03B7; &#x1F10;&#x03BD; &#x03C3;&#x03B1;&#x03C1;&#x03BA;&#x1F76;</foreign>, war<lb/>
von allen Seiten gefährdet, indem bald die Gottheit, bald<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[693/0712] Schluſsabhandlung. §. 141. 3 f.), und als das ὁμολογουμένως μέγα τῆς εἰσεβείας μυςήριον wurden die Wahrheiten hingestellt: ϑεὸς ἐφατερώϑη ἐν σαρκὶ, ἐδικαιώϑη ἐν πνεύματι, ὤφϑη ἀγγέλοις, ἐκηρύχϑη ἐν ἐϑνεσιν, ἐπιςεύϑη ἐν κόσμῳ, ἀνελήφϑη ἐν δόξῃ (1. Tim. 3, 16.). Anschlieſsend an die Taufformel (Matth. 28, 19.), wel- che durch die Zusammenstellung von Vater, Sohn und Geist gleichsam ein Fachwerk darbot, um den neuen Glauben in dasselbe einzuordnen, bildete sich in der Kirche der er- sten Jahrhunderte die sogenannte regula fidei aus, welche in verschiedenen Formen, bald summarischer, bald ausführ- licher, populärer oder subtiler, sich bei den verschiedenen Vätern findet 1), und nach ihrer populären Form endlich im sogenannten apostolischen Symbol zur Ruhe kam, wel- ches, in der Gestalt, in welcher es auch von der evange- lischen Kirche aufgenommen worden ist, im zweiten, aus- führlichsten, Artikel vom Sohn folgende Glaubensmomente hervorhebt: et (credo) in Jesum Christum, filium ejus (Dei patris) unicum, Dominum nostrum; qui concep- tus est de spiritu sancto, natus ex Maria virgine; pas- sus sub Pontio Pilato, crucifixus, mortuus et sepultus, descendit ad inferna; tertia die resurrexit a mortuis, ascendit ad coelos, sedet ad dextram Dei patris omni- potentis; inde venturus est, judicare vivos et mortuos. Neben dieser volksmäſsigen Form des Glaubensbekennt- nisses in Bezug auf Christum gieng aber zugleich die Aus- bildung einer schärferen theologischen Fassung desselben her, veranlaſst durch die Differenzen und Streitigkeiten, welche sich frühzeitig über einzelne Punkte desselben her- vorthaten. Das Grundthema des christlichen Glaubens, das: ὁ λόγος σὰρξ ἐγένετο, oder: ϑεὸς ἐφανερώϑη ἐν σαρκὶ, war von allen Seiten gefährdet, indem bald die Gottheit, bald 1) Iren. adv. haer. 1, 10. Tertull. de praescr. haer. 13, adv. Prax. 2, de veland. virg. 1. Orig. de principp. procem. 4.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/712
Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 693. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/712>, abgerufen am 24.05.2024.