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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836.

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Dritter Abschnitt.
verschollenen Fiktionen einer falsch pragmatisirenden Exe-
gese; dass sie aber auch sonst die Namen meistens über-
gehen 8), ist in dieser Allgemeinheit nicht einmal von Mat-
thäus wahr, welcher wohl unberühmte, gleichgültige Per-
sonen ungenannt lässt, wie einen Jairus, einen Bartimäus:
dass aber aus einer Petrusanekdote, welche so sehr in die
Rolle dieses Apostels passte, der wirkliche Matthäus, oder
auch nur die vulgäre Evangelientradition, so frühzeitig und
allgemein den Namen verloren haben sollte, wird man nicht
sehr glaublich finden. Weit eher könnte ich mir das Um-
gekehrte denkbar machen, dass die Anekdote ursprünglich
ohne Namensangabe umgelaufen wäre (und warum sollte
nicht auch ein sonst minder ausgezeichneter unter den An-
hängern Jesu -- denn nach den Synoptikern scheint es
nicht einmal nothwendig einer der Zwölfe gewesen sein
zu müssen -- dessen Name daher eher zu vergessen war,
Muth und Übereilung genug gehabt haben, in jenem Zeit-
punkt das Schwert zu ziehen?), ein späterer Referent aber
eine solche Handlungsweise dem raschen Charakter des
Petrus besonders angemessen gefunden, und sie desswegen
aus eigener Combination ihm zugeschrieben hätte. Dann
brauchen wir uns auch nicht für die Möglichkeit, dass Jo-
hannes den Namen des Knechts wissen konnte, auf seine
Bekanntschaft im hohenpriesterlichen Hause zu berufen 9),
so wenig Markus, um zur Kenntniss des Namens von je-
nem Blinden zu gelangen, einer besondern Bekanntschaft
in Jericho bedurfte.

Lukas hat bei dieser Schwertscene das Eigenthümli-
che, dass nach ihm Jesus das Ohr des Knechts, wie es
scheint durch ein Wunder, wieder geheilt hat. Während
Olshausen die zufriedene Anmerkung macht, dieser Um-
stand erkläre am besten, wie Petrus sich unverlezt zu-

8) Ders. ebendas.
9) Wie Lücke, Tholuck und Olshausen z. d. St.

Dritter Abschnitt.
verschollenen Fiktionen einer falsch pragmatisirenden Exe-
gese; daſs sie aber auch sonst die Namen meistens über-
gehen 8), ist in dieser Allgemeinheit nicht einmal von Mat-
thäus wahr, welcher wohl unberühmte, gleichgültige Per-
sonen ungenannt läſst, wie einen Jairus, einen Bartimäus:
daſs aber aus einer Petrusanekdote, welche so sehr in die
Rolle dieses Apostels paſste, der wirkliche Matthäus, oder
auch nur die vulgäre Evangelientradition, so frühzeitig und
allgemein den Namen verloren haben sollte, wird man nicht
sehr glaublich finden. Weit eher könnte ich mir das Um-
gekehrte denkbar machen, daſs die Anekdote ursprünglich
ohne Namensangabe umgelaufen wäre (und warum sollte
nicht auch ein sonst minder ausgezeichneter unter den An-
hängern Jesu — denn nach den Synoptikern scheint es
nicht einmal nothwendig einer der Zwölfe gewesen sein
zu müssen — dessen Name daher eher zu vergessen war,
Muth und Übereilung genug gehabt haben, in jenem Zeit-
punkt das Schwert zu ziehen?), ein späterer Referent aber
eine solche Handlungsweise dem raschen Charakter des
Petrus besonders angemessen gefunden, und sie deſswegen
aus eigener Combination ihm zugeschrieben hätte. Dann
brauchen wir uns auch nicht für die Möglichkeit, daſs Jo-
hannes den Namen des Knechts wissen konnte, auf seine
Bekanntschaft im hohenpriesterlichen Hause zu berufen 9),
so wenig Markus, um zur Kenntniſs des Namens von je-
nem Blinden zu gelangen, einer besondern Bekanntschaft
in Jericho bedurfte.

Lukas hat bei dieser Schwertscene das Eigenthümli-
che, daſs nach ihm Jesus das Ohr des Knechts, wie es
scheint durch ein Wunder, wieder geheilt hat. Während
Olshausen die zufriedene Anmerkung macht, dieser Um-
stand erkläre am besten, wie Petrus sich unverlezt zu-

8) Ders. ebendas.
9) Wie Lücke, Tholuck und Olshausen z. d. St.
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[478/0497] Dritter Abschnitt. verschollenen Fiktionen einer falsch pragmatisirenden Exe- gese; daſs sie aber auch sonst die Namen meistens über- gehen 8), ist in dieser Allgemeinheit nicht einmal von Mat- thäus wahr, welcher wohl unberühmte, gleichgültige Per- sonen ungenannt läſst, wie einen Jairus, einen Bartimäus: daſs aber aus einer Petrusanekdote, welche so sehr in die Rolle dieses Apostels paſste, der wirkliche Matthäus, oder auch nur die vulgäre Evangelientradition, so frühzeitig und allgemein den Namen verloren haben sollte, wird man nicht sehr glaublich finden. Weit eher könnte ich mir das Um- gekehrte denkbar machen, daſs die Anekdote ursprünglich ohne Namensangabe umgelaufen wäre (und warum sollte nicht auch ein sonst minder ausgezeichneter unter den An- hängern Jesu — denn nach den Synoptikern scheint es nicht einmal nothwendig einer der Zwölfe gewesen sein zu müssen — dessen Name daher eher zu vergessen war, Muth und Übereilung genug gehabt haben, in jenem Zeit- punkt das Schwert zu ziehen?), ein späterer Referent aber eine solche Handlungsweise dem raschen Charakter des Petrus besonders angemessen gefunden, und sie deſswegen aus eigener Combination ihm zugeschrieben hätte. Dann brauchen wir uns auch nicht für die Möglichkeit, daſs Jo- hannes den Namen des Knechts wissen konnte, auf seine Bekanntschaft im hohenpriesterlichen Hause zu berufen 9), so wenig Markus, um zur Kenntniſs des Namens von je- nem Blinden zu gelangen, einer besondern Bekanntschaft in Jericho bedurfte. Lukas hat bei dieser Schwertscene das Eigenthümli- che, daſs nach ihm Jesus das Ohr des Knechts, wie es scheint durch ein Wunder, wieder geheilt hat. Während Olshausen die zufriedene Anmerkung macht, dieser Um- stand erkläre am besten, wie Petrus sich unverlezt zu- 8) Ders. ebendas. 9) Wie Lücke, Tholuck und Olshausen z. d. St.

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 478. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/497>, abgerufen am 22.11.2024.