aber könnte man, sofern die Synoptiker von einem solchen Vornehmen schweigen, die Vermuthung fassen, es möge, sei es die Sage, wie sie dem vierten Evangelisten zu Oh- ren kam, oder er selbst, aus jenem Diktum dieses Faktum herausgesponnen haben 12). Und ohne dass ihm gerade, der Darstellung des Lukas gemäss, jener Ausspruch Jesu als während der lezten Mahlzeit gethan zugekommen zu sein brauchte, ergab es sich aus dem anakeisthai und dia- konein von selbst, dass die Versinnlichung dieses Verhält- nisses an ein Mahl geknüpft wurde, welches dann aus leicht denkbaren Gründen am schicklichsten das lezte ge- wesen zu sein scheinen konnte.
Dass hierauf nach der Darstellung bei Lukas Jesus die Jünger als solche anredet, welche bei ihm in seinen Bedrängnissen beharrt haben, und ihnen dafür verheisst, dass sie mit ihm in seinem Reich zu Tische sitzen, und auf Thronen die 12 Stämme Israels richten sollen (V. 28--30.), das scheint in den Zusammenhang einer Scene nicht zu passen, in welcher er unmittelbar vorher einem der Zwölfe den Verrath, unmittelbar nachher einem andern die Ver- leugnung vorhergesagt haben soll, und in einen Zeitpunkt, in welchem die eigentlichen peirasmoi erst bevorstanden. So wie nach einer früheren Betrachtung die Scene bei Lu- kas von vorne herein angelegt ist, dürfen wir den Grund der Einschaltung dieses Redestücks schwerlich in etwas Anderem, als in einer zufälligen Ideenassociation, suchen, vermöge welcher etwa der Rangstreit der Jünger den Re- ferenten an den ihnen von Jesu verheissenen Rang, und die Rede vom Aufwartenden und zu Tische Sitzenden an das ihnen versprochene zu Tische Sitzen im messianischen Reiche erinnern mochte.
In Bezug auf das folgende Gespräch, wo Jesus sei-
12) Zu weit hergeholt ist, was die Probabilien, S. 70 f., über die Entstehung dieser Anekdote vermuthen.
Dritter Abschnitt.
aber könnte man, sofern die Synoptiker von einem solchen Vornehmen schweigen, die Vermuthung fassen, es möge, sei es die Sage, wie sie dem vierten Evangelisten zu Oh- ren kam, oder er selbst, aus jenem Diktum dieses Faktum herausgesponnen haben 12). Und ohne daſs ihm gerade, der Darstellung des Lukas gemäſs, jener Ausspruch Jesu als während der lezten Mahlzeit gethan zugekommen zu sein brauchte, ergab es sich aus dem ἀνακεῖσϑαι und δια- κονεῖν von selbst, daſs die Versinnlichung dieses Verhält- nisses an ein Mahl geknüpft wurde, welches dann aus leicht denkbaren Gründen am schicklichsten das lezte ge- wesen zu sein scheinen konnte.
Daſs hierauf nach der Darstellung bei Lukas Jesus die Jünger als solche anredet, welche bei ihm in seinen Bedrängnissen beharrt haben, und ihnen dafür verheiſst, daſs sie mit ihm in seinem Reich zu Tische sitzen, und auf Thronen die 12 Stämme Israëls richten sollen (V. 28—30.), das scheint in den Zusammenhang einer Scene nicht zu passen, in welcher er unmittelbar vorher einem der Zwölfe den Verrath, unmittelbar nachher einem andern die Ver- leugnung vorhergesagt haben soll, und in einen Zeitpunkt, in welchem die eigentlichen πειρασμοὶ erst bevorstanden. So wie nach einer früheren Betrachtung die Scene bei Lu- kas von vorne herein angelegt ist, dürfen wir den Grund der Einschaltung dieses Redestücks schwerlich in etwas Anderem, als in einer zufälligen Ideenassociation, suchen, vermöge welcher etwa der Rangstreit der Jünger den Re- ferenten an den ihnen von Jesu verheiſsenen Rang, und die Rede vom Aufwartenden und zu Tische Sitzenden an das ihnen versprochene zu Tische Sitzen im messianischen Reiche erinnern mochte.
In Bezug auf das folgende Gespräch, wo Jesus sei-
12) Zu weit hergeholt ist, was die Probabilien, S. 70 f., über die Entstehung dieser Anekdote vermuthen.
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Dritter Abschnitt.
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sei es die Sage, wie sie dem vierten Evangelisten zu Oh-
ren kam, oder er selbst, aus jenem Diktum dieses Faktum
herausgesponnen haben 12). Und ohne daſs ihm gerade,
der Darstellung des Lukas gemäſs, jener Ausspruch Jesu
als während der lezten Mahlzeit gethan zugekommen zu
sein brauchte, ergab es sich aus dem ἀνακεῖσϑαι und δια-
κονεῖν von selbst, daſs die Versinnlichung dieses Verhält-
nisses an ein Mahl geknüpft wurde, welches dann aus
leicht denkbaren Gründen am schicklichsten das lezte ge-
wesen zu sein scheinen konnte.
Daſs hierauf nach der Darstellung bei Lukas Jesus
die Jünger als solche anredet, welche bei ihm in seinen
Bedrängnissen beharrt haben, und ihnen dafür verheiſst,
daſs sie mit ihm in seinem Reich zu Tische sitzen, und auf
Thronen die 12 Stämme Israëls richten sollen (V. 28—30.),
das scheint in den Zusammenhang einer Scene nicht zu
passen, in welcher er unmittelbar vorher einem der Zwölfe
den Verrath, unmittelbar nachher einem andern die Ver-
leugnung vorhergesagt haben soll, und in einen Zeitpunkt,
in welchem die eigentlichen πειρασμοὶ erst bevorstanden.
So wie nach einer früheren Betrachtung die Scene bei Lu-
kas von vorne herein angelegt ist, dürfen wir den Grund
der Einschaltung dieses Redestücks schwerlich in etwas
Anderem, als in einer zufälligen Ideenassociation, suchen,
vermöge welcher etwa der Rangstreit der Jünger den Re-
ferenten an den ihnen von Jesu verheiſsenen Rang, und
die Rede vom Aufwartenden und zu Tische Sitzenden an
das ihnen versprochene zu Tische Sitzen im messianischen
Reiche erinnern mochte.
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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 2. Tübingen, 1836, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus02_1836/443>, abgerufen am 23.11.2024.
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