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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835.

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Einleitung. §. 12.
dergeschichten, wie bei ihnen gerade ein göttliches Eingrei-
fen ganz besonders schicklich gewesen sei. Wenn aber
hierauf Heydenreich, nach Herder's Vorgange 17), manche
Wunder als symbolische Vorgänge betrachtet, wenn er be-
merkt, es habe sich durch dieselben wie im leiblichen Sinn-
bilde dasjenige dargestellt, was Jesus an der Menschheit
geistig bewirken sollte; es habe, wenn er körperlich Kran-
ke heilte und Todte erweckte, dadurch die Heilung der
kranken, die Neubelebung der sittlich erstorbenen Seele
symbolisch angedeutet und das Verlangen nach solcher gei-
stigen Hülfe geweckt werden sollen: so führt er durch
diese Betrachtungsweise die gefährliche Möglichkeit herbei,
diesen symbolischen Charakter der Wundergeschichten so
zu verstehen, dass der Geist der ersten Christengemeinde
sich eben jene Ideen in der symbolischen Hülle nicht wirk-
lich vorgefallner Geschichten zum Bewusstsein zu bringen
gesucht habe.

Der gewichtigste, oder eigentlich der einzige gewich-
tige Einwurf, welchen die Bestreiter des mythischen Ge-
sichtspunktes für die Erklärung des N. T.s vorbringen, ist
der, dass der Ursprung zweier Evangelien von Augenzeugen,
und auch bei den beiden andern die wahrscheinlich sehr
frühe Abfassung das Einschleichen unhistorischer Sagen in
dieselben undenkbar mache; wesswegen sich dann auch
dieser Einwurf bei den neuesten, von dem mythischen
Standpunkt her besonders bedrohten Auslegern vorzüglich
häufig wiederholt. Die dabei zum Grunde liegende An-
sicht über den Ursprung unsrer Evangelien wird theils auf
innere Gründe, theils auf äussere Zeugnisse gestüzt. In
ersterer Beziehung sind alle diejenigen Stücke in den Evan-
gelien, welche sich weigern, anders als mythisch sich aus-
legen zu lassen, eben so viele innere Gründe gegen die

17) Von Gottes Sohn, der Welt Heiland, nach Johannes Evange-
lium. S. 18 ff. 116 ff.

Einleitung. §. 12.
dergeschichten, wie bei ihnen gerade ein göttliches Eingrei-
fen ganz besonders schicklich gewesen sei. Wenn aber
hierauf Heydenreich, nach Herder's Vorgange 17), manche
Wunder als symbolische Vorgänge betrachtet, wenn er be-
merkt, es habe sich durch dieselben wie im leiblichen Sinn-
bilde dasjenige dargestellt, was Jesus an der Menschheit
geistig bewirken sollte; es habe, wenn er körperlich Kran-
ke heilte und Todte erweckte, dadurch die Heilung der
kranken, die Neubelebung der sittlich erstorbenen Seele
symbolisch angedeutet und das Verlangen nach solcher gei-
stigen Hülfe geweckt werden sollen: so führt er durch
diese Betrachtungsweise die gefährliche Möglichkeit herbei,
diesen symbolischen Charakter der Wundergeschichten so
zu verstehen, daſs der Geist der ersten Christengemeinde
sich eben jene Ideen in der symbolischen Hülle nicht wirk-
lich vorgefallner Geschichten zum Bewuſstsein zu bringen
gesucht habe.

Der gewichtigste, oder eigentlich der einzige gewich-
tige Einwurf, welchen die Bestreiter des mythischen Ge-
sichtspunktes für die Erklärung des N. T.s vorbringen, ist
der, daſs der Ursprung zweier Evangelien von Augenzeugen,
und auch bei den beiden andern die wahrscheinlich sehr
frühe Abfassung das Einschleichen unhistorischer Sagen in
dieselben undenkbar mache; weſswegen sich dann auch
dieser Einwurf bei den neuesten, von dem mythischen
Standpunkt her besonders bedrohten Auslegern vorzüglich
häufig wiederholt. Die dabei zum Grunde liegende An-
sicht über den Ursprung unsrer Evangelien wird theils auf
innere Gründe, theils auf äussere Zeugnisse gestüzt. In
ersterer Beziehung sind alle diejenigen Stücke in den Evan-
gelien, welche sich weigern, anders als mythisch sich aus-
legen zu lassen, eben so viele innere Gründe gegen die

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lium. S. 18 ff. 116 ff.
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[62/0086] Einleitung. §. 12. dergeschichten, wie bei ihnen gerade ein göttliches Eingrei- fen ganz besonders schicklich gewesen sei. Wenn aber hierauf Heydenreich, nach Herder's Vorgange 17), manche Wunder als symbolische Vorgänge betrachtet, wenn er be- merkt, es habe sich durch dieselben wie im leiblichen Sinn- bilde dasjenige dargestellt, was Jesus an der Menschheit geistig bewirken sollte; es habe, wenn er körperlich Kran- ke heilte und Todte erweckte, dadurch die Heilung der kranken, die Neubelebung der sittlich erstorbenen Seele symbolisch angedeutet und das Verlangen nach solcher gei- stigen Hülfe geweckt werden sollen: so führt er durch diese Betrachtungsweise die gefährliche Möglichkeit herbei, diesen symbolischen Charakter der Wundergeschichten so zu verstehen, daſs der Geist der ersten Christengemeinde sich eben jene Ideen in der symbolischen Hülle nicht wirk- lich vorgefallner Geschichten zum Bewuſstsein zu bringen gesucht habe. Der gewichtigste, oder eigentlich der einzige gewich- tige Einwurf, welchen die Bestreiter des mythischen Ge- sichtspunktes für die Erklärung des N. T.s vorbringen, ist der, daſs der Ursprung zweier Evangelien von Augenzeugen, und auch bei den beiden andern die wahrscheinlich sehr frühe Abfassung das Einschleichen unhistorischer Sagen in dieselben undenkbar mache; weſswegen sich dann auch dieser Einwurf bei den neuesten, von dem mythischen Standpunkt her besonders bedrohten Auslegern vorzüglich häufig wiederholt. Die dabei zum Grunde liegende An- sicht über den Ursprung unsrer Evangelien wird theils auf innere Gründe, theils auf äussere Zeugnisse gestüzt. In ersterer Beziehung sind alle diejenigen Stücke in den Evan- gelien, welche sich weigern, anders als mythisch sich aus- legen zu lassen, eben so viele innere Gründe gegen die 17) Von Gottes Sohn, der Welt Heiland, nach Johannes Evange- lium. S. 18 ff. 116 ff.

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/86>, abgerufen am 24.11.2024.