eine Zug in diesem, der andre im andern sich besser er- halten zeige, somit bald dieser bald jener im Nachtheil gegen die übrigen sei.
§. 82. Besuch der Mutter und der Brüder Jesu, und die selig- preisende Frau.
Sämmtliche Synoptiker wissen uns von einem Besuche der Mutter und der Brüder Jesu zu erzählen, bei dessen Anmeldung Jesus, auf seine Jünger deutend, den Aus- spruch gethan habe, dass die seinem Worte Folgsamen seine Mutter und Brüder seien (Matth. 12, 46 ff. Marc. 3, 31 ff. Luc. 8, 19 ff.). Matthäus und Lukas sagen von dem Zwecke dieses Besuches nichts, also auch nicht, ob jene scheinbar abweisende Äusserung Jesu durch etwas Besonderes veranlasst war. Markus hat hierüber eine un- erwartete Auskunft, indem er uns (V. 21.) zu wissen thut, dass, während Jesus unter einem Volkszulauf, der ihn selbst am Essen verhinderte, zu lehren gepflegt habe, seine Verwandten, in der Meinung, er sei verrückt, aus- gegangen seien, um sich seiner zu bemächtigen und ihn in Familiengewahrsam zu nehmen 1). Nachdem er hier- auf, wie es scheint, bloss der Ähnlichkeit wegen, welche zwischen dem die Verwandten betreffenden elegon, oti [e]xese, und dem oi grammateis elegon, oti Beelzeboul ekhei k. t. l. (vgl. Joh. 10, 20) stattfindet, diesen Vorwurf sammt Jesu Antwort, aber ohne die Veranlassung durch eine Dämonenaustreibung, eingeschaltet hat, lässt er die indess angekommenen Verwandten Jesu, als welche jezt näher seine Mutter und Brüder namhaft gemacht sind, bei ihm angemeldet werden, und ihn hierauf die obige Antwort ertheilen.
1) Den Beweis für diese Deutung der Ausdrücke: oi paR autou, kratesai und exese führt Fritzsche, Comm. in Marc. p. 97 ff.
Zweiter Abschnitt.
eine Zug in diesem, der andre im andern sich besser er- halten zeige, somit bald dieser bald jener im Nachtheil gegen die übrigen sei.
§. 82. Besuch der Mutter und der Brüder Jesu, und die selig- preisende Frau.
Sämmtliche Synoptiker wissen uns von einem Besuche der Mutter und der Brüder Jesu zu erzählen, bei dessen Anmeldung Jesus, auf seine Jünger deutend, den Aus- spruch gethan habe, daſs die seinem Worte Folgsamen seine Mutter und Brüder seien (Matth. 12, 46 ff. Marc. 3, 31 ff. Luc. 8, 19 ff.). Matthäus und Lukas sagen von dem Zwecke dieses Besuches nichts, also auch nicht, ob jene scheinbar abweisende Äusserung Jesu durch etwas Besonderes veranlaſst war. Markus hat hierüber eine un- erwartete Auskunft, indem er uns (V. 21.) zu wissen thut, daſs, während Jesus unter einem Volkszulauf, der ihn selbst am Essen verhinderte, zu lehren gepflegt habe, seine Verwandten, in der Meinung, er sei verrückt, aus- gegangen seien, um sich seiner zu bemächtigen und ihn in Familiengewahrsam zu nehmen 1). Nachdem er hier- auf, wie es scheint, bloſs der Ähnlichkeit wegen, welche zwischen dem die Verwandten betreffenden ἔλεγον, ὄτι [ἐ]ξέςη, und dem οἱ γραμματεῖς ἔλεγον, ὄτι Βεελζεβοὺλ ἔχει κ. τ. λ. (vgl. Joh. 10, 20) stattfindet, diesen Vorwurf sammt Jesu Antwort, aber ohne die Veranlassung durch eine Dämonenaustreibung, eingeschaltet hat, läſst er die indeſs angekommenen Verwandten Jesu, als welche jezt näher seine Mutter und Brüder namhaft gemacht sind, bei ihm angemeldet werden, und ihn hierauf die obige Antwort ertheilen.
1) Den Beweis für diese Deutung der Ausdrücke: οἱ παῤ αὐτοῦ, κρατῆσαι und ἐξέςη führt Fritzsche, Comm. in Marc. p. 97 ff.
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Zweiter Abschnitt.
eine Zug in diesem, der andre im andern sich besser er-
halten zeige, somit bald dieser bald jener im Nachtheil
gegen die übrigen sei.
§. 82.
Besuch der Mutter und der Brüder Jesu, und die selig-
preisende Frau.
Sämmtliche Synoptiker wissen uns von einem Besuche
der Mutter und der Brüder Jesu zu erzählen, bei dessen
Anmeldung Jesus, auf seine Jünger deutend, den Aus-
spruch gethan habe, daſs die seinem Worte Folgsamen
seine Mutter und Brüder seien (Matth. 12, 46 ff. Marc.
3, 31 ff. Luc. 8, 19 ff.). Matthäus und Lukas sagen von
dem Zwecke dieses Besuches nichts, also auch nicht, ob
jene scheinbar abweisende Äusserung Jesu durch etwas
Besonderes veranlaſst war. Markus hat hierüber eine un-
erwartete Auskunft, indem er uns (V. 21.) zu wissen
thut, daſs, während Jesus unter einem Volkszulauf, der
ihn selbst am Essen verhinderte, zu lehren gepflegt habe,
seine Verwandten, in der Meinung, er sei verrückt, aus-
gegangen seien, um sich seiner zu bemächtigen und ihn
in Familiengewahrsam zu nehmen 1). Nachdem er hier-
auf, wie es scheint, bloſs der Ähnlichkeit wegen, welche
zwischen dem die Verwandten betreffenden ἔλεγον, ὄτι
ἐξέςη, und dem οἱ γραμματεῖς ἔλεγον, ὄτι Βεελζεβοὺλ ἔχει
κ. τ. λ. (vgl. Joh. 10, 20) stattfindet, diesen Vorwurf
sammt Jesu Antwort, aber ohne die Veranlassung durch
eine Dämonenaustreibung, eingeschaltet hat, läſst er die
indeſs angekommenen Verwandten Jesu, als welche jezt
näher seine Mutter und Brüder namhaft gemacht sind,
bei ihm angemeldet werden, und ihn hierauf die obige
Antwort ertheilen.
1) Den Beweis für diese Deutung der Ausdrücke: οἱ παῤ αὐτοῦ,
κρατῆσαι und ἐξέςη führt Fritzsche, Comm. in Marc.
p. 97 ff.
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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 692. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/716>, abgerufen am 27.11.2024.
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