rechnet sich denkt, durch die Voraussetzung, die Evange- listen hätten zwar eigentlich nur sagen müssen, von der Taufe weg habe Jesum der Geist tiefer in die Wüste hin- eingeführt, diese nähere Bestimmung haben sie jedoch weg- gelassen, weil der Gedanke, dass die Wüste schon das Lo- kal der Predigt und Taufe des Johannes gewesen, durch die Schilderung der Scene bei Jesu Taufe in ihrer Vor- stellung zurückgetreten war.
Aber noch störender kommt hier eine chronologische Schwierigkeit in den Weg. Während nämlich nach den Synoptikern Jesus in frischer Fülle des ihm am Jordan mit- getheilten pneuma, mithin unmittelbar von der Taufe weg, sich auf 40 Tage in die Wüste begiebt, wo die Versuchung erfolgt, und hierauf erst nach Galiläa zurückkehrt: so scheint dagegen Johannes, der von der Versuchung schweigt, zwischen der Taufe und der galiläischen Reise Jesu nur eine Zwischenzeit von wenigen Tagen zu statuiren, in wel- cher jener vierzigtägige Aufenthalt in der Wüste keinen Plaz finden kann. Das vierte Evangelium beginnt nämlich seine Erzählung mit dem Zeugniss, welches der Täufer vor den Gesandten des Synedriums ablegt (1, 19 ff.); den Tag darauf (te epaurion) lässt es denselben beim Anblick Jesu die nach den Synoptikern bei dessen Taufe erfolgte Scene erzählen (V. 29 ff.); wieder te epaurion veranlasst der Täu- fer zwei seiner Schüler, Jesu nachzufolgen (V. 35 ff.); abermals te epaurion (V. 44.), wie Jesus nach Galiläa zu reisen im Begriff steht, kommen Philippus und Nathanael zu ihm, und endlich te emera te trite (2, 1.) ist Jesus auf der Hochzeit zu Kana in Galiläa. Zunächst liegt hier die Annahme, dass eben vor der Erzählung, welche Jo- hannes von dem bei der Taufe Jesu Vorgefallenen macht, diese selbst stattgefunden, und da den Synoptikern zufolge unmittelbar mit der Taufe die Versuchung zusammenhing, auch diese sammt der Taufe zwischen V. 28 und 29. zu setzen sei, wie diess schon Euthymius angenommen hat.
Zweites Kapitel. §. 49.
rechnet sich denkt, durch die Voraussetzung, die Evange- listen hätten zwar eigentlich nur sagen müssen, von der Taufe weg habe Jesum der Geist tiefer in die Wüste hin- eingeführt, diese nähere Bestimmung haben sie jedoch weg- gelassen, weil der Gedanke, daſs die Wüste schon das Lo- kal der Predigt und Taufe des Johannes gewesen, durch die Schilderung der Scene bei Jesu Taufe in ihrer Vor- stellung zurückgetreten war.
Aber noch störender kommt hier eine chronologische Schwierigkeit in den Weg. Während nämlich nach den Synoptikern Jesus in frischer Fülle des ihm am Jordan mit- getheilten πνεῦμα, mithin unmittelbar von der Taufe weg, sich auf 40 Tage in die Wüste begiebt, wo die Versuchung erfolgt, und hierauf erst nach Galiläa zurückkehrt: so scheint dagegen Johannes, der von der Versuchung schweigt, zwischen der Taufe und der galiläischen Reise Jesu nur eine Zwischenzeit von wenigen Tagen zu statuiren, in wel- cher jener vierzigtägige Aufenthalt in der Wüste keinen Plaz finden kann. Das vierte Evangelium beginnt nämlich seine Erzählung mit dem Zeugniſs, welches der Täufer vor den Gesandten des Synedriums ablegt (1, 19 ff.); den Tag darauf (τῇ ἐπαύριον) läſst es denselben beim Anblick Jesu die nach den Synoptikern bei dessen Taufe erfolgte Scene erzählen (V. 29 ff.); wieder τῇ ἐπαύριον veranlaſst der Täu- fer zwei seiner Schüler, Jesu nachzufolgen (V. 35 ff.); abermals τῇ ἐπαύριον (V. 44.), wie Jesus nach Galiläa zu reisen im Begriff steht, kommen Philippus und Nathanaël zu ihm, und endlich τῇ ἡμέρᾳ τῇ τρίτῃ (2, 1.) ist Jesus auf der Hochzeit zu Kana in Galiläa. Zunächst liegt hier die Annahme, daſs eben vor der Erzählung, welche Jo- hannes von dem bei der Taufe Jesu Vorgefallenen macht, diese selbst stattgefunden, und da den Synoptikern zufolge unmittelbar mit der Taufe die Versuchung zusammenhing, auch diese sammt der Taufe zwischen V. 28 und 29. zu setzen sei, wie dieſs schon Euthymius angenommen hat.
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Zweites Kapitel. §. 49.
rechnet sich denkt, durch die Voraussetzung, die Evange-
listen hätten zwar eigentlich nur sagen müssen, von der
Taufe weg habe Jesum der Geist tiefer in die Wüste hin-
eingeführt, diese nähere Bestimmung haben sie jedoch weg-
gelassen, weil der Gedanke, daſs die Wüste schon das Lo-
kal der Predigt und Taufe des Johannes gewesen, durch
die Schilderung der Scene bei Jesu Taufe in ihrer Vor-
stellung zurückgetreten war.
Aber noch störender kommt hier eine chronologische
Schwierigkeit in den Weg. Während nämlich nach den
Synoptikern Jesus in frischer Fülle des ihm am Jordan mit-
getheilten πνεῦμα, mithin unmittelbar von der Taufe weg,
sich auf 40 Tage in die Wüste begiebt, wo die Versuchung
erfolgt, und hierauf erst nach Galiläa zurückkehrt: so
scheint dagegen Johannes, der von der Versuchung schweigt,
zwischen der Taufe und der galiläischen Reise Jesu nur
eine Zwischenzeit von wenigen Tagen zu statuiren, in wel-
cher jener vierzigtägige Aufenthalt in der Wüste keinen
Plaz finden kann. Das vierte Evangelium beginnt nämlich
seine Erzählung mit dem Zeugniſs, welches der Täufer vor
den Gesandten des Synedriums ablegt (1, 19 ff.); den Tag
darauf (τῇ ἐπαύριον) läſst es denselben beim Anblick Jesu
die nach den Synoptikern bei dessen Taufe erfolgte Scene
erzählen (V. 29 ff.); wieder τῇ ἐπαύριον veranlaſst der Täu-
fer zwei seiner Schüler, Jesu nachzufolgen (V. 35 ff.);
abermals τῇ ἐπαύριον (V. 44.), wie Jesus nach Galiläa zu
reisen im Begriff steht, kommen Philippus und Nathanaël
zu ihm, und endlich τῇ ἡμέρᾳ τῇ τρίτῃ (2, 1.) ist Jesus
auf der Hochzeit zu Kana in Galiläa. Zunächst liegt hier
die Annahme, daſs eben vor der Erzählung, welche Jo-
hannes von dem bei der Taufe Jesu Vorgefallenen macht,
diese selbst stattgefunden, und da den Synoptikern zufolge
unmittelbar mit der Taufe die Versuchung zusammenhing,
auch diese sammt der Taufe zwischen V. 28 und 29. zu
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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 397. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/421>, abgerufen am 23.11.2024.
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