Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835.Zweiter Abschnitt. oder sezt man voraus, dass eben jener die Wolken zer-theilende Bliz 14), oder ein sonstiges Meteor 15) der Art seines Herabkommens wegen mit einer Taube verglichen werde. Nimmt man neben diesem Sichtbaren auch noch etwas Hörbares bei der Scene an, so versteht man auf die- sem Standpunkt einen Donnerschlag darunter, welchem die Anwesenden als einer Bath-kol die Auslegung ge- geben haben, die wir bei den ersten Evangelisten lesen 16); wogegen Andere Alles, was von hörbaren Worten gesagt ist, nur als Ausdeutung des sichtbaren Zeichens fassen, in welchem man eine Deklaration Jesu zum uios theou gefun- den habe 17). Diese leztere Ansicht sezt die Synoptiker, welche unverkennbar von einer wirklichen Stimme reden, gegen Johannes zurück, enthält also einen kritischen Zwei- fel an dem historischen Charakter der Berichte, welcher, consequent verfolgt, auf einen ganz andern Standpunkt, als den der natürlichen Erklärung, führt. Ebenso wenn das Hörbare ein blosser Donner gewesen, die Worte aber nur eine subjektive Auslegung desselben sein sollen: so müsste, da in der synoptischen Darstellung die Worte au- genscheinlich zum objektiven Vorgang gerechnet sind, eine traditionelle Zuthat in diesen Berichten angenommen wer- den. Was das Sichtbare betrifft, so ist zwar nicht zu leugnen, dass schnell sich theilende Wolken oder ein Bliz- strahl als Sichöffnen des Himmels bezeichnet werden konn- ten; keineswegs aber konnte einem Bliz oder Meteor eine Taubengestalt zugeschrieben werden. Die Gestalt aber ist nicht nur bei Lukas entschieden der Vergleichungspunkt, sondern ohne Zweifel auch bei den übrigen Referenten, obgleich selbst Fritzsche das osei periseran bei Matthäus 14) Kuinöl. 15) Hase. 16) Bauer, Kuinöl. 17) Paulus, Hase.
Zweiter Abschnitt. oder sezt man voraus, daſs eben jener die Wolken zer-theilende Bliz 14), oder ein sonstiges Meteor 15) der Art seines Herabkommens wegen mit einer Taube verglichen werde. Nimmt man neben diesem Sichtbaren auch noch etwas Hörbares bei der Scene an, so versteht man auf die- sem Standpunkt einen Donnerschlag darunter, welchem die Anwesenden als einer Bath-kol die Auslegung ge- geben haben, die wir bei den ersten Evangelisten lesen 16); wogegen Andere Alles, was von hörbaren Worten gesagt ist, nur als Ausdeutung des sichtbaren Zeichens fassen, in welchem man eine Deklaration Jesu zum υἱὸς ϑεοῦ gefun- den habe 17). Diese leztere Ansicht sezt die Synoptiker, welche unverkennbar von einer wirklichen Stimme reden, gegen Johannes zurück, enthält also einen kritischen Zwei- fel an dem historischen Charakter der Berichte, welcher, consequent verfolgt, auf einen ganz andern Standpunkt, als den der natürlichen Erklärung, führt. Ebenso wenn das Hörbare ein bloſser Donner gewesen, die Worte aber nur eine subjektive Auslegung desselben sein sollen: so müſste, da in der synoptischen Darstellung die Worte au- genscheinlich zum objektiven Vorgang gerechnet sind, eine traditionelle Zuthat in diesen Berichten angenommen wer- den. Was das Sichtbare betrifft, so ist zwar nicht zu leugnen, daſs schnell sich theilende Wolken oder ein Bliz- strahl als Sichöffnen des Himmels bezeichnet werden konn- ten; keineswegs aber konnte einem Bliz oder Meteor eine Taubengestalt zugeschrieben werden. Die Gestalt aber ist nicht nur bei Lukas entschieden der Vergleichungspunkt, sondern ohne Zweifel auch bei den übrigen Referenten, obgleich selbst Fritzsche das ὡσεὶ περιςερὰν bei Matthäus 14) Kuinöl. 15) Hase. 16) Bauer, Kuinöl. 17) Paulus, Hase.
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Zweiter Abschnitt.
oder sezt man voraus, daſs eben jener die Wolken zer-
theilende Bliz 14), oder ein sonstiges Meteor 15) der Art
seines Herabkommens wegen mit einer Taube verglichen
werde. Nimmt man neben diesem Sichtbaren auch noch
etwas Hörbares bei der Scene an, so versteht man auf die-
sem Standpunkt einen Donnerschlag darunter, welchem
die Anwesenden als einer Bath-kol die Auslegung ge-
geben haben, die wir bei den ersten Evangelisten lesen 16);
wogegen Andere Alles, was von hörbaren Worten gesagt
ist, nur als Ausdeutung des sichtbaren Zeichens fassen, in
welchem man eine Deklaration Jesu zum υἱὸς ϑεοῦ gefun-
den habe 17). Diese leztere Ansicht sezt die Synoptiker,
welche unverkennbar von einer wirklichen Stimme reden,
gegen Johannes zurück, enthält also einen kritischen Zwei-
fel an dem historischen Charakter der Berichte, welcher,
consequent verfolgt, auf einen ganz andern Standpunkt,
als den der natürlichen Erklärung, führt. Ebenso wenn
das Hörbare ein bloſser Donner gewesen, die Worte aber
nur eine subjektive Auslegung desselben sein sollen: so
müſste, da in der synoptischen Darstellung die Worte au-
genscheinlich zum objektiven Vorgang gerechnet sind, eine
traditionelle Zuthat in diesen Berichten angenommen wer-
den. Was das Sichtbare betrifft, so ist zwar nicht zu
leugnen, daſs schnell sich theilende Wolken oder ein Bliz-
strahl als Sichöffnen des Himmels bezeichnet werden konn-
ten; keineswegs aber konnte einem Bliz oder Meteor eine
Taubengestalt zugeschrieben werden. Die Gestalt aber ist
nicht nur bei Lukas entschieden der Vergleichungspunkt,
sondern ohne Zweifel auch bei den übrigen Referenten,
obgleich selbst Fritzsche das ὡσεὶ περιςερὰν bei Matthäus
14) Kuinöl.
15) Hase.
16) Bauer, Kuinöl.
17) Paulus, Hase.
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