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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835.

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Zweiter Abschnitt.
hannes sich zu einer Erklärung über diesen veranlasst sieht
(Matth. 11, 7. ff. parall.), theils nach der Erscheinung des
Elias bei der Verklärung durch eine Frage der Jünger auf
ihn zu sprechen kommt (Matth. 17, 12. f. par.); im vierten
Evangelium spricht Jesus den Ioudaiois gegenüber, nach-
dem er sich, wie bemerkt, auf ihre Sendung zu Johannes
berufen, ein ehrendes Urtheil über diesen aus (5, 35.). In
der johanneischen Stelle nennt er den Täufer ein hellschei-
nendes Licht, in dessen Strahle sich das wankelmüthige Volk
eine Zeit lang habe ergötzen mögen; in der mittleren ver-
sichert er, dass Johannes der als messianischer Vorläu-
fer verheissene Elias sei; in der ersten Stelle sind drei
Punkte zu unterscheiden. Erstlich das Wesen und die
Wirksamkeit des Johannes betreffend, wird sein strenger
und fester Sinn und die Erhabenheit, welche er als mes-
sianischer Vorläufer, der mit gewaltiger Hand das Him-
melreich eröffnet habe, selbst über die Propheten behaupte,
gerühmt (V. 7--14.); zweitens im Verhältniss zu Jesus und
den Bürgern der basileia ton ouranon wird der Täufer zu-
rückgestellt als derjenige, welcher, obwohl über alle Mit-
glieder der A. T.lichen Ökonomie erhaben, doch jedem, dem
durch Jesum das neue Licht aufgegangen, nachstehe (V. 11.).
Wie Jesus diess verstanden habe, sehen wir aus dem, was
V. 18. folgt, wenn wir es mit Matth. 9, 16 f. vergleichen.
In der ersteren Stelle bezeichnet Jesus den Johannes als
mete eothion mete pinon, und eben diese von Johannes in
seiner Schule eingeführte Ascese gehört ihm nach der zwei-
ten Stelle zu den imatiois und askois palaiois, zu welchen
das Neue, was er gebracht, nicht passe. Was Andres
kann es demnach sein, worin der Täufer unter den Kin-
dern des Reiches Jesu stehen soll, als -- im Zusammen-
hang versteht sich damit, dass er Jesum gar nicht oder
nicht zweifellos als den Messias anerkannte, -- der Äus-
serlichkeitsgeist, welcher noch an Fasten und andern der-
gleichen Werken hieng, sammt der damit verbundenen dü-

Zweiter Abschnitt.
hannes sich zu einer Erklärung über diesen veranlaſst sieht
(Matth. 11, 7. ff. parall.), theils nach der Erscheinung des
Elias bei der Verklärung durch eine Frage der Jünger auf
ihn zu sprechen kommt (Matth. 17, 12. f. par.); im vierten
Evangelium spricht Jesus den Ἰουδαίοις gegenüber, nach-
dem er sich, wie bemerkt, auf ihre Sendung zu Johannes
berufen, ein ehrendes Urtheil über diesen aus (5, 35.). In
der johanneischen Stelle nennt er den Täufer ein hellschei-
nendes Licht, in dessen Strahle sich das wankelmüthige Volk
eine Zeit lang habe ergötzen mögen; in der mittleren ver-
sichert er, daſs Johannes der als messianischer Vorläu-
fer verheiſsene Elias sei; in der ersten Stelle sind drei
Punkte zu unterscheiden. Erstlich das Wesen und die
Wirksamkeit des Johannes betreffend, wird sein strenger
und fester Sinn und die Erhabenheit, welche er als mes-
sianischer Vorläufer, der mit gewaltiger Hand das Him-
melreich eröffnet habe, selbst über die Propheten behaupte,
gerühmt (V. 7—14.); zweitens im Verhältniſs zu Jesus und
den Bürgern der βασιλεία τῶν οὐρανῶν wird der Täufer zu-
rückgestellt als derjenige, welcher, obwohl über alle Mit-
glieder der A. T.lichen Ökonomie erhaben, doch jedem, dem
durch Jesum das neue Licht aufgegangen, nachstehe (V. 11.).
Wie Jesus dieſs verstanden habe, sehen wir aus dem, was
V. 18. folgt, wenn wir es mit Matth. 9, 16 f. vergleichen.
In der ersteren Stelle bezeichnet Jesus den Johannes als
μήτε ἐοϑίων μήτε πίνων, und eben diese von Johannes in
seiner Schule eingeführte Ascese gehört ihm nach der zwei-
ten Stelle zu den ίματίοις und ασκοῖς παλαιοῖς, zu welchen
das Neue, was er gebracht, nicht passe. Was Andres
kann es demnach sein, worin der Täufer unter den Kin-
dern des Reiches Jesu stehen soll, als — im Zusammen-
hang versteht sich damit, daſs er Jesum gar nicht oder
nicht zweifellos als den Messias anerkannte, — der Äus-
serlichkeitsgeist, welcher noch an Fasten und andern der-
gleichen Werken hieng, sammt der damit verbundenen dü-

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[360/0384] Zweiter Abschnitt. hannes sich zu einer Erklärung über diesen veranlaſst sieht (Matth. 11, 7. ff. parall.), theils nach der Erscheinung des Elias bei der Verklärung durch eine Frage der Jünger auf ihn zu sprechen kommt (Matth. 17, 12. f. par.); im vierten Evangelium spricht Jesus den Ἰουδαίοις gegenüber, nach- dem er sich, wie bemerkt, auf ihre Sendung zu Johannes berufen, ein ehrendes Urtheil über diesen aus (5, 35.). In der johanneischen Stelle nennt er den Täufer ein hellschei- nendes Licht, in dessen Strahle sich das wankelmüthige Volk eine Zeit lang habe ergötzen mögen; in der mittleren ver- sichert er, daſs Johannes der als messianischer Vorläu- fer verheiſsene Elias sei; in der ersten Stelle sind drei Punkte zu unterscheiden. Erstlich das Wesen und die Wirksamkeit des Johannes betreffend, wird sein strenger und fester Sinn und die Erhabenheit, welche er als mes- sianischer Vorläufer, der mit gewaltiger Hand das Him- melreich eröffnet habe, selbst über die Propheten behaupte, gerühmt (V. 7—14.); zweitens im Verhältniſs zu Jesus und den Bürgern der βασιλεία τῶν οὐρανῶν wird der Täufer zu- rückgestellt als derjenige, welcher, obwohl über alle Mit- glieder der A. T.lichen Ökonomie erhaben, doch jedem, dem durch Jesum das neue Licht aufgegangen, nachstehe (V. 11.). Wie Jesus dieſs verstanden habe, sehen wir aus dem, was V. 18. folgt, wenn wir es mit Matth. 9, 16 f. vergleichen. In der ersteren Stelle bezeichnet Jesus den Johannes als μήτε ἐοϑίων μήτε πίνων, und eben diese von Johannes in seiner Schule eingeführte Ascese gehört ihm nach der zwei- ten Stelle zu den ίματίοις und ασκοῖς παλαιοῖς, zu welchen das Neue, was er gebracht, nicht passe. Was Andres kann es demnach sein, worin der Täufer unter den Kin- dern des Reiches Jesu stehen soll, als — im Zusammen- hang versteht sich damit, daſs er Jesum gar nicht oder nicht zweifellos als den Messias anerkannte, — der Äus- serlichkeitsgeist, welcher noch an Fasten und andern der- gleichen Werken hieng, sammt der damit verbundenen dü-

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/384>, abgerufen am 24.11.2024.