logie bekommt, gemindert, doch nur auf Kosten der ungezwungnen Auslegung. Denn, wenn es auch angienge, aus magois ohne Weiteres Kaufleute zu machen, so kann doch bei dieser Reise ihr Zweck kein merkantilischer ge- wesen sein, da bei ihrer Ankunft in Jerusalem ihre erste Frage nach dem neugeborenen Judenkönig ist, und sie so- fort als Grund dieser Frage den im Morgenland gesehenen Stern, als veranlasst durch diesen ihre jetzige Reise, und als Zweck derselben die dem Neugeborenen darzubringende Huldigung angeben (V. 2.: pou esin -- eidomen gar -- kai elthomen proskunesai --).
Der aser wird von dieser Erklärungsweise entweder zum natürlichen Meteor gemacht 2), oder zum Kometen 3), oder zu einer Constellation, d. h. einer Conjunktion meh- rerer Planeten, welcher, von Kepler aufgestellten Ansicht neuerlich mehrere Astronomen und Theologen beigetreten sind 4). Die Hauptfrage ist hiebei, ob das im Text angege- bene Voranlaufen des aser, nebst seinem Stillestehen über einem Hause, bei dieser Ansicht von demselben leichter er- klärlich werde? Von den beiden ersteren Auffassungswei- sen ist schon oben in dieser Beziehung die Rede gewesen. Bei der Fassung des aser als Constellation wird das pro- agein (V. 9.) entweder von dem Auseinandertreten der bis dahin beisammen gestandenen Planeten gedeutet 5): allein im Texte ist von keinem Auseinandergehen der Theile der Erscheinung, sondern von einem Vorwärtsgehen der gan- zen Erscheinung die Rede; oder man nimmt das Süskind'- sche Plusquamperfectum zu Hülfe, und stellt sich vor, die Constellation, welche die Magier in dem Thal zwischen
2) S. bei Kuinöl, p. 23.
3) Ebendas.
4)Kepler, in mehreren Abhandlungen; Münter, der Stern der Weisen; Ideler, Handbuch der mathemat. und technischen Chronologie, 2. Bd. S. 399 ff.
5) S. bei Olshausen S. 69.
Viertes Kapitel. §. 31.
logie bekommt, gemindert, doch nur auf Kosten der ungezwungnen Auslegung. Denn, wenn es auch angienge, aus μάγοις ohne Weiteres Kaufleute zu machen, so kann doch bei dieser Reise ihr Zweck kein merkantilischer ge- wesen sein, da bei ihrer Ankunft in Jerusalem ihre erste Frage nach dem neugeborenen Judenkönig ist, und sie so- fort als Grund dieser Frage den im Morgenland gesehenen Stern, als veranlaſst durch diesen ihre jetzige Reise, und als Zweck derselben die dem Neugeborenen darzubringende Huldigung angeben (V. 2.: ποῦ εςιν — εἴδομεν γἀρ — καὶ ἤλϑομεν προσκυνῆσαι —).
Der ἀςὴρ wird von dieser Erklärungsweise entweder zum natürlichen Meteor gemacht 2), oder zum Kometen 3), oder zu einer Constellation, d. h. einer Conjunktion meh- rerer Planeten, welcher, von Kepler aufgestellten Ansicht neuerlich mehrere Astronomen und Theologen beigetreten sind 4). Die Hauptfrage ist hiebei, ob das im Text angege- bene Voranlaufen des ἀςὴρ, nebst seinem Stillestehen über einem Hause, bei dieser Ansicht von demselben leichter er- klärlich werde? Von den beiden ersteren Auffassungswei- sen ist schon oben in dieser Beziehung die Rede gewesen. Bei der Fassung des ἀςὴρ als Constellation wird das προ- άγειν (V. 9.) entweder von dem Auseinandertreten der bis dahin beisammen gestandenen Planeten gedeutet 5): allein im Texte ist von keinem Auseinandergehen der Theile der Erscheinung, sondern von einem Vorwärtsgehen der gan- zen Erscheinung die Rede; oder man nimmt das Süskind'- sche Plusquamperfectum zu Hülfe, und stellt sich vor, die Constellation, welche die Magier in dem Thal zwischen
2) S. bei Kuinöl, p. 23.
3) Ebendas.
4)Kepler, in mehreren Abhandlungen; Münter, der Stern der Weisen; Ideler, Handbuch der mathemat. und technischen Chronologie, 2. Bd. S. 399 ff.
5) S. bei Olshausen S. 69.
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Viertes Kapitel. §. 31.
logie bekommt, gemindert, doch nur auf Kosten der
ungezwungnen Auslegung. Denn, wenn es auch angienge,
aus μάγοις ohne Weiteres Kaufleute zu machen, so kann
doch bei dieser Reise ihr Zweck kein merkantilischer ge-
wesen sein, da bei ihrer Ankunft in Jerusalem ihre erste
Frage nach dem neugeborenen Judenkönig ist, und sie so-
fort als Grund dieser Frage den im Morgenland gesehenen
Stern, als veranlaſst durch diesen ihre jetzige Reise, und
als Zweck derselben die dem Neugeborenen darzubringende
Huldigung angeben (V. 2.: ποῦ εςιν — εἴδομεν γἀρ — καὶ
ἤλϑομεν προσκυνῆσαι —).
Der ἀςὴρ wird von dieser Erklärungsweise entweder
zum natürlichen Meteor gemacht 2), oder zum Kometen 3),
oder zu einer Constellation, d. h. einer Conjunktion meh-
rerer Planeten, welcher, von Kepler aufgestellten Ansicht
neuerlich mehrere Astronomen und Theologen beigetreten
sind 4). Die Hauptfrage ist hiebei, ob das im Text angege-
bene Voranlaufen des ἀςὴρ, nebst seinem Stillestehen über
einem Hause, bei dieser Ansicht von demselben leichter er-
klärlich werde? Von den beiden ersteren Auffassungswei-
sen ist schon oben in dieser Beziehung die Rede gewesen.
Bei der Fassung des ἀςὴρ als Constellation wird das προ-
άγειν (V. 9.) entweder von dem Auseinandertreten der bis
dahin beisammen gestandenen Planeten gedeutet 5): allein
im Texte ist von keinem Auseinandergehen der Theile der
Erscheinung, sondern von einem Vorwärtsgehen der gan-
zen Erscheinung die Rede; oder man nimmt das Süskind'-
sche Plusquamperfectum zu Hülfe, und stellt sich vor, die
Constellation, welche die Magier in dem Thal zwischen
2) S. bei Kuinöl, p. 23.
3) Ebendas.
4) Kepler, in mehreren Abhandlungen; Münter, der Stern der
Weisen; Ideler, Handbuch der mathemat. und technischen
Chronologie, 2. Bd. S. 399 ff.
5) S. bei Olshausen S. 69.
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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/261>, abgerufen am 22.11.2024.
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