den von Bethlehem entfernte Jerusalem 2) gelangen lässt. Da wir nun aber die Erzählung des Lukas von der den Hirten geschehenen Verkündigung aus mehreren Gründen als unhistorisch erkannt haben: so bliebe insofern für die des Matthäus unverkümmerter Raum, und es ist sonach ihre historische Glaubwürdigkeit aus inneren Gründen zu untersuchen.
Unsere Erzählung beginnt ganz so, wie wenn es sich von selbst verstände, dass Astrologen einen die Geburt des Messias ankündigenden Stern als solchen zu erkennen ver- mögen. Könnten wir hiebei zunächst uns darüber wun- dern, wie heidnische Magier aus dem Orient etwas von einem jüdischen König wissen konnten, dem sie eine reli- giöse Verehrung darzubringen hätten: so wollen wir uns hierüber einstweilen mit der Notiz bei Tacitus 3) und Sue- ton 4), dass 70 Jahre später im Orient die Erwartung ei- nes Weltherrschers aus dem jüdischen Volke verbreitet ge- wesen sei, beruhigen, um auf das Bedenklichere zu kom- men, dass es ja nach dieser Erzählung scheint, als hätte die Astrologie Recht mit der Behauptung, dass die Geburt grosser Männer und bedeutende Veränderungen der mensch- lichen Verhältnisse durch siderische Erscheinungen ange- zeigt werden, eine Meinung, welche längst in das Gebiet des Aberglaubens verwiesen ist. Man müsste also zu er- klären suchen, wie jene trügerische Kunst in diesem ein- zelnen Falle Recht haben konnte, ohne dass jedoch auf an- dre Fälle daraus geschlossen werden dürfte. Das nächste für den orthodoxen Standpunkt wäre, dass man sich auf eine ausserordentliche Veranstaltung Gottes beriefe, wel- cher sich diessmal, um die fernen Magier zu Jesu herbei- zuziehen, ihren astrologischen Vorstellungen accommodirt,
2) S. Winer, bibl. Realwörterbuch, d. A. Bethlehem.
3) Histor. 5, 13.
4) Vespas. 4.
Erster Abschnitt.
den von Bethlehem entfernte Jerusalem 2) gelangen läſst. Da wir nun aber die Erzählung des Lukas von der den Hirten geschehenen Verkündigung aus mehreren Gründen als unhistorisch erkannt haben: so bliebe insofern für die des Matthäus unverkümmerter Raum, und es ist sonach ihre historische Glaubwürdigkeit aus inneren Gründen zu untersuchen.
Unsere Erzählung beginnt ganz so, wie wenn es sich von selbst verstände, daſs Astrologen einen die Geburt des Messias ankündigenden Stern als solchen zu erkennen ver- mögen. Könnten wir hiebei zunächst uns darüber wun- dern, wie heidnische Magier aus dem Orient etwas von einem jüdischen König wissen konnten, dem sie eine reli- giöse Verehrung darzubringen hätten: so wollen wir uns hierüber einstweilen mit der Notiz bei Tacitus 3) und Sue- ton 4), daſs 70 Jahre später im Orient die Erwartung ei- nes Weltherrschers aus dem jüdischen Volke verbreitet ge- wesen sei, beruhigen, um auf das Bedenklichere zu kom- men, daſs es ja nach dieser Erzählung scheint, als hätte die Astrologie Recht mit der Behauptung, daſs die Geburt groſser Männer und bedeutende Veränderungen der mensch- lichen Verhältnisse durch siderische Erscheinungen ange- zeigt werden, eine Meinung, welche längst in das Gebiet des Aberglaubens verwiesen ist. Man müſste also zu er- klären suchen, wie jene trügerische Kunst in diesem ein- zelnen Falle Recht haben konnte, ohne daſs jedoch auf an- dre Fälle daraus geschlossen werden dürfte. Das nächste für den orthodoxen Standpunkt wäre, daſs man sich auf eine ausserordentliche Veranstaltung Gottes beriefe, wel- cher sich dieſsmal, um die fernen Magier zu Jesu herbei- zuziehen, ihren astrologischen Vorstellungen accommodirt,
2) S. Winer, bibl. Realwörterbuch, d. A. Bethlehem.
3) Histor. 5, 13.
4) Vespas. 4.
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Erster Abschnitt.
den von Bethlehem entfernte Jerusalem 2) gelangen läſst.
Da wir nun aber die Erzählung des Lukas von der den
Hirten geschehenen Verkündigung aus mehreren Gründen
als unhistorisch erkannt haben: so bliebe insofern für die
des Matthäus unverkümmerter Raum, und es ist sonach
ihre historische Glaubwürdigkeit aus inneren Gründen zu
untersuchen.
Unsere Erzählung beginnt ganz so, wie wenn es sich
von selbst verstände, daſs Astrologen einen die Geburt des
Messias ankündigenden Stern als solchen zu erkennen ver-
mögen. Könnten wir hiebei zunächst uns darüber wun-
dern, wie heidnische Magier aus dem Orient etwas von
einem jüdischen König wissen konnten, dem sie eine reli-
giöse Verehrung darzubringen hätten: so wollen wir uns
hierüber einstweilen mit der Notiz bei Tacitus 3) und Sue-
ton 4), daſs 70 Jahre später im Orient die Erwartung ei-
nes Weltherrschers aus dem jüdischen Volke verbreitet ge-
wesen sei, beruhigen, um auf das Bedenklichere zu kom-
men, daſs es ja nach dieser Erzählung scheint, als hätte
die Astrologie Recht mit der Behauptung, daſs die Geburt
groſser Männer und bedeutende Veränderungen der mensch-
lichen Verhältnisse durch siderische Erscheinungen ange-
zeigt werden, eine Meinung, welche längst in das Gebiet
des Aberglaubens verwiesen ist. Man müſste also zu er-
klären suchen, wie jene trügerische Kunst in diesem ein-
zelnen Falle Recht haben konnte, ohne daſs jedoch auf an-
dre Fälle daraus geschlossen werden dürfte. Das nächste
für den orthodoxen Standpunkt wäre, daſs man sich auf
eine ausserordentliche Veranstaltung Gottes beriefe, wel-
cher sich dieſsmal, um die fernen Magier zu Jesu herbei-
zuziehen, ihren astrologischen Vorstellungen accommodirt,
2) S. Winer, bibl. Realwörterbuch, d. A. Bethlehem.
3) Histor. 5, 13.
4) Vespas. 4.
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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/246>, abgerufen am 22.11.2024.
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