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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835.

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Erster Abschnitt.
weil dem Zwecke der Vermögensschätzung und Besteurung
die Entfernung der Einzelnen von ihren Wohnorten und
Bezirkshauptstädten gar zu sehr entgegen gewesen wäre 24).
Eher liesse sich daher mit Schleiermacher annehmen, die
wahre Veranlassung, welche die Eltern Jesu nach Bethle-
hem führte, sei eine priesterliche Aufzeichnung gewesen,
welche aber der Referent mit der ihm vorzugsweise be-
kannten römischen unter Quirinus verwechselt habe 25).
Allein, selbst diess zugegeben, weicht der Widerspruch von
dieser misslichen Angabe des Lukas nicht. Er lässt mit
Joseph auch die Maria eingeschrieben werden (V. 5.), da
doch die Aufzeichnung nach jüdischer Sitte nur auf die
Männer sich bezog 26). Es bliebe also wenigstens diess
unrichtig, dass Lukas auch der Maria zum Reisezweck
giebt, sich am Stammort ihres Verlobten einschreiben zu
lassen; oder wenn man diess mit Paulus durch eine ge-
zwungene Construction entfernt, so sieht man nicht, was
Maria bewegen konnte, in ihren damaligen Umständen ei-
ne solche Reise zu unternehmen, da sie, sofern man nicht
mit Olshausen 27) u. A. die Hypothese, dass sie eine in
Bethlehem begüterte Erbtochter gewesen, aus der Luft grei-
fen will, dort lediglich nichts zu schaffen hatte.

Unser Verf. freilich wusste gar wohl, was sie dort zu
thun hatte, nämlich der Weissagung Micha 5, 1. gemäss
in der Davidsstadt den Messias zu gebären. Da er nun
von der Voraussetzung ausgieng, dass Jesu Eltern eigent-
lich zu Nazaret ihre Wohnung gehabt haben, so suchte er
nach einem Hebel, um sie für die Zeit der Geburt Jesu
nach Bethlehem in Bewegung zu setzen. Da bot sich weit
und breit nichts als die berühmte Schatzung dar; nach

24) Diess weist Credner nach a. a. O. S. 234.
25) Über den Lukas, S. 35 f.
26) Vgl. Paulus a. a. O. S. 179.; Kuinöl S. 321.
27) a. a. O. S. 43. 131.

Erster Abschnitt.
weil dem Zwecke der Vermögensschätzung und Besteurung
die Entfernung der Einzelnen von ihren Wohnorten und
Bezirkshauptstädten gar zu sehr entgegen gewesen wäre 24).
Eher lieſse sich daher mit Schleiermacher annehmen, die
wahre Veranlassung, welche die Eltern Jesu nach Bethle-
hem führte, sei eine priesterliche Aufzeichnung gewesen,
welche aber der Referent mit der ihm vorzugsweise be-
kannten römischen unter Quirinus verwechselt habe 25).
Allein, selbst dieſs zugegeben, weicht der Widerspruch von
dieser miſslichen Angabe des Lukas nicht. Er läſst mit
Joseph auch die Maria eingeschrieben werden (V. 5.), da
doch die Aufzeichnung nach jüdischer Sitte nur auf die
Männer sich bezog 26). Es bliebe also wenigstens dieſs
unrichtig, daſs Lukas auch der Maria zum Reisezweck
giebt, sich am Stammort ihres Verlobten einschreiben zu
lassen; oder wenn man dieſs mit Paulus durch eine ge-
zwungene Construction entfernt, so sieht man nicht, was
Maria bewegen konnte, in ihren damaligen Umständen ei-
ne solche Reise zu unternehmen, da sie, sofern man nicht
mit Olshausen 27) u. A. die Hypothese, daſs sie eine in
Bethlehem begüterte Erbtochter gewesen, aus der Luft grei-
fen will, dort lediglich nichts zu schaffen hatte.

Unser Verf. freilich wuſste gar wohl, was sie dort zu
thun hatte, nämlich der Weissagung Micha 5, 1. gemäſs
in der Davidsstadt den Messias zu gebären. Da er nun
von der Voraussetzung ausgieng, daſs Jesu Eltern eigent-
lich zu Nazaret ihre Wohnung gehabt haben, so suchte er
nach einem Hebel, um sie für die Zeit der Geburt Jesu
nach Bethlehem in Bewegung zu setzen. Da bot sich weit
und breit nichts als die berühmte Schatzung dar; nach

24) Diess weist Credner nach a. a. O. S. 234.
25) Über den Lukas, S. 35 f.
26) Vgl. Paulus a. a. O. S. 179.; Kuinöl S. 321.
27) a. a. O. S. 43. 131.
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[206/0230] Erster Abschnitt. weil dem Zwecke der Vermögensschätzung und Besteurung die Entfernung der Einzelnen von ihren Wohnorten und Bezirkshauptstädten gar zu sehr entgegen gewesen wäre 24). Eher lieſse sich daher mit Schleiermacher annehmen, die wahre Veranlassung, welche die Eltern Jesu nach Bethle- hem führte, sei eine priesterliche Aufzeichnung gewesen, welche aber der Referent mit der ihm vorzugsweise be- kannten römischen unter Quirinus verwechselt habe 25). Allein, selbst dieſs zugegeben, weicht der Widerspruch von dieser miſslichen Angabe des Lukas nicht. Er läſst mit Joseph auch die Maria eingeschrieben werden (V. 5.), da doch die Aufzeichnung nach jüdischer Sitte nur auf die Männer sich bezog 26). Es bliebe also wenigstens dieſs unrichtig, daſs Lukas auch der Maria zum Reisezweck giebt, sich am Stammort ihres Verlobten einschreiben zu lassen; oder wenn man dieſs mit Paulus durch eine ge- zwungene Construction entfernt, so sieht man nicht, was Maria bewegen konnte, in ihren damaligen Umständen ei- ne solche Reise zu unternehmen, da sie, sofern man nicht mit Olshausen 27) u. A. die Hypothese, daſs sie eine in Bethlehem begüterte Erbtochter gewesen, aus der Luft grei- fen will, dort lediglich nichts zu schaffen hatte. Unser Verf. freilich wuſste gar wohl, was sie dort zu thun hatte, nämlich der Weissagung Micha 5, 1. gemäſs in der Davidsstadt den Messias zu gebären. Da er nun von der Voraussetzung ausgieng, daſs Jesu Eltern eigent- lich zu Nazaret ihre Wohnung gehabt haben, so suchte er nach einem Hebel, um sie für die Zeit der Geburt Jesu nach Bethlehem in Bewegung zu setzen. Da bot sich weit und breit nichts als die berühmte Schatzung dar; nach 24) Diess weist Credner nach a. a. O. S. 234. 25) Über den Lukas, S. 35 f. 26) Vgl. Paulus a. a. O. S. 179.; Kuinöl S. 321. 27) a. a. O. S. 43. 131.

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/230>, abgerufen am 24.11.2024.