Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

Erster Abschnitt.
hier als Sohn Sealthiels bezeichnet ist. Endlich der hier
als Serubabels Sohn genannte Abiud ist 1. Chron. 3, 19. f.
unter den Kindern Serubabels nicht zu finden.

Von diesen Abweichungen sind die zweite und dritte
unverfänglich, und können sich ohne Absicht und auch
ohne zu grosse Nachlässigkeit eingeschlichen haben; denn
die Auslassung des Jojakim kann wirklich durch den Gleich-
klang der Namen veranlasst sein, und durch eben diese
Verwechslung auch die Erwähnung von Brüdern des Je-
chonia, eine Differenz, welche sammt der folgenden über-
diess das Schwanken auch der A. T.lichen Angaben für
sich hat. Aber die zuerst aufgeführte Abweichung, das
Ueberspringen von drei wohlbekannten Königen, lässt sich
nicht ebenso leichten Kaufs auf die Seite schaffen. Nimmt
man die Weglassung als unabsichtlich, so dass der Verf.
von Joram statt auf Ahasja (bei den LXX Okhozias)
auf den ähnlich lautenden Ozias gesprungen sein soll:
so würde diess doch, zusammengenommen mit dem Falle
bei Jojakim, eine Nachlässigkeit und beinahe Blindheit des
Genealogisten voraussetzen, welche an das Undenkbare
grenzt. Man wird daher schwerlich umhin können, mit
Hieronymus anzunehmen, der Verfasser habe absichtlich
drei Namen weggelassen, um seine 14 rein herauszubekom-
men 12). Da er nämlich von Abraham bis David, wo der

12) Vgl. Fritzsche, Comm. in Matth. p. 19. Paulus exeg. Hand-
buch S. 289. Wenn Olshausen S. 46. sagt, es könne nicht
die Absicht des Matthäus gewesen sein, die 14Zahl zu ur-
giren, da er ja mehrere Glieder auslasse: so ist dies eine
der überraschenden Keckheiten, durch welche dieser Ausle-
ger bisweilen den Leser zu überrumpeln sucht, indem er die
Einwürfe gegen die orthodoxe Ansicht von den biblischen Ge-
schichten geradezu in Gründe für dieselbe umwandelt, und
so die Sache auf den Kopf stellt. Denn hier ist doch gerade
umgekehrt zu schliessen, dem Verf. müsse besonders viol an
der 14Zahl gelegen gewesen sein, sonst würde er nicht, um

Erster Abschnitt.
hier als Sohn Sealthiels bezeichnet ist. Endlich der hier
als Serubabels Sohn genannte Abiud ist 1. Chron. 3, 19. f.
unter den Kindern Serubabels nicht zu finden.

Von diesen Abweichungen sind die zweite und dritte
unverfänglich, und können sich ohne Absicht und auch
ohne zu groſse Nachläſsigkeit eingeschlichen haben; denn
die Auslassung des Jojakim kann wirklich durch den Gleich-
klang der Namen veranlaſst sein, und durch eben diese
Verwechslung auch die Erwähnung von Brüdern des Je-
chonia, eine Differenz, welche sammt der folgenden über-
dieſs das Schwanken auch der A. T.lichen Angaben für
sich hat. Aber die zuerst aufgeführte Abweichung, das
Ueberspringen von drei wohlbekannten Königen, läſst sich
nicht ebenso leichten Kaufs auf die Seite schaffen. Nimmt
man die Weglassung als unabsichtlich, so daſs der Verf.
von Joram statt auf Ahasja (bei den LXX Ὀχοζίας)
auf den ähnlich lautenden Ὀζίας gesprungen sein soll:
so würde dieſs doch, zusammengenommen mit dem Falle
bei Jojakim, eine Nachläſsigkeit und beinahe Blindheit des
Genealogisten voraussetzen, welche an das Undenkbare
grenzt. Man wird daher schwerlich umhin können, mit
Hieronymus anzunehmen, der Verfasser habe absichtlich
drei Namen weggelassen, um seine 14 rein herauszubekom-
men 12). Da er nämlich von Abraham bis David, wo der

12) Vgl. Fritzsche, Comm. in Matth. p. 19. Paulus exeg. Hand-
buch S. 289. Wenn Olshausen S. 46. sagt, es könne nicht
die Absicht des Matthäus gewesen sein, die 14Zahl zu ur-
giren, da er ja mehrere Glieder auslasse: so ist dies eine
der überraschenden Keckheiten, durch welche dieser Ausle-
ger bisweilen den Leser zu überrumpeln sucht, indem er die
Einwürfe gegen die orthodoxe Ansicht von den biblischen Ge-
schichten geradezu in Gründe für dieselbe umwandelt, und
so die Sache auf den Kopf stellt. Denn hier ist doch gerade
umgekehrt zu schliessen, dem Verf. müsse besonders viol an
der 14Zahl gelegen gewesen sein, sonst würde er nicht, um
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0136" n="112"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Erster Abschnitt</hi>.</fw><lb/>
hier als Sohn Sealthiels bezeichnet ist. Endlich der hier<lb/>
als Serubabels Sohn genannte Abiud ist 1. Chron. 3, 19. f.<lb/>
unter den Kindern Serubabels nicht zu finden.</p><lb/>
            <p>Von diesen Abweichungen sind die zweite und dritte<lb/>
unverfänglich, und können sich ohne Absicht und auch<lb/>
ohne zu gro&#x017F;se Nachlä&#x017F;sigkeit eingeschlichen haben; denn<lb/>
die Auslassung des Jojakim kann wirklich durch den Gleich-<lb/>
klang der Namen veranla&#x017F;st sein, und durch eben diese<lb/>
Verwechslung auch die Erwähnung von Brüdern des Je-<lb/>
chonia, eine Differenz, welche sammt der folgenden über-<lb/>
die&#x017F;s das Schwanken auch der A. T.lichen Angaben für<lb/>
sich hat. Aber die zuerst aufgeführte Abweichung, das<lb/>
Ueberspringen von drei wohlbekannten Königen, lä&#x017F;st sich<lb/>
nicht ebenso leichten Kaufs auf die Seite schaffen. Nimmt<lb/>
man die Weglassung als unabsichtlich, so da&#x017F;s der Verf.<lb/>
von Joram statt auf Ahasja (bei den LXX <foreign xml:lang="ell">&#x1F48;&#x03C7;&#x03BF;&#x03B6;&#x03AF;&#x03B1;&#x03C2;</foreign>)<lb/>
auf den ähnlich lautenden <foreign xml:lang="ell">&#x1F48;&#x03B6;&#x03AF;&#x03B1;&#x03C2;</foreign> gesprungen sein soll:<lb/>
so würde die&#x017F;s doch, zusammengenommen mit dem Falle<lb/>
bei Jojakim, eine Nachlä&#x017F;sigkeit und beinahe Blindheit des<lb/>
Genealogisten voraussetzen, welche an das Undenkbare<lb/>
grenzt. Man wird daher schwerlich umhin können, mit<lb/>
Hieronymus anzunehmen, der Verfasser habe absichtlich<lb/>
drei Namen weggelassen, um seine 14 rein herauszubekom-<lb/>
men <note xml:id="seg2pn_7_1" next="#seg2pn_7_2" place="foot" n="12)">Vgl. <hi rendition="#k">Fritzsche</hi>, Comm. in Matth. p. 19. <hi rendition="#k">Paulus</hi> exeg. Hand-<lb/>
buch S. 289. Wenn <hi rendition="#k">Olshausen</hi> S. 46. sagt, es könne nicht<lb/>
die Absicht des Matthäus gewesen sein, die 14Zahl zu ur-<lb/>
giren, da er ja mehrere Glieder auslasse: so ist dies eine<lb/>
der überraschenden Keckheiten, durch welche dieser Ausle-<lb/>
ger bisweilen den Leser zu überrumpeln sucht, indem er die<lb/>
Einwürfe gegen die orthodoxe Ansicht von den biblischen Ge-<lb/>
schichten geradezu in Gründe für dieselbe umwandelt, und<lb/>
so die Sache auf den Kopf stellt. Denn hier ist doch gerade<lb/>
umgekehrt zu schliessen, dem Verf. müsse besonders viol an<lb/>
der 14Zahl gelegen gewesen sein, sonst würde er nicht, um</note>. Da er nämlich von Abraham bis David, wo der<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[112/0136] Erster Abschnitt. hier als Sohn Sealthiels bezeichnet ist. Endlich der hier als Serubabels Sohn genannte Abiud ist 1. Chron. 3, 19. f. unter den Kindern Serubabels nicht zu finden. Von diesen Abweichungen sind die zweite und dritte unverfänglich, und können sich ohne Absicht und auch ohne zu groſse Nachläſsigkeit eingeschlichen haben; denn die Auslassung des Jojakim kann wirklich durch den Gleich- klang der Namen veranlaſst sein, und durch eben diese Verwechslung auch die Erwähnung von Brüdern des Je- chonia, eine Differenz, welche sammt der folgenden über- dieſs das Schwanken auch der A. T.lichen Angaben für sich hat. Aber die zuerst aufgeführte Abweichung, das Ueberspringen von drei wohlbekannten Königen, läſst sich nicht ebenso leichten Kaufs auf die Seite schaffen. Nimmt man die Weglassung als unabsichtlich, so daſs der Verf. von Joram statt auf Ahasja (bei den LXX Ὀχοζίας) auf den ähnlich lautenden Ὀζίας gesprungen sein soll: so würde dieſs doch, zusammengenommen mit dem Falle bei Jojakim, eine Nachläſsigkeit und beinahe Blindheit des Genealogisten voraussetzen, welche an das Undenkbare grenzt. Man wird daher schwerlich umhin können, mit Hieronymus anzunehmen, der Verfasser habe absichtlich drei Namen weggelassen, um seine 14 rein herauszubekom- men 12). Da er nämlich von Abraham bis David, wo der 12) Vgl. Fritzsche, Comm. in Matth. p. 19. Paulus exeg. Hand- buch S. 289. Wenn Olshausen S. 46. sagt, es könne nicht die Absicht des Matthäus gewesen sein, die 14Zahl zu ur- giren, da er ja mehrere Glieder auslasse: so ist dies eine der überraschenden Keckheiten, durch welche dieser Ausle- ger bisweilen den Leser zu überrumpeln sucht, indem er die Einwürfe gegen die orthodoxe Ansicht von den biblischen Ge- schichten geradezu in Gründe für dieselbe umwandelt, und so die Sache auf den Kopf stellt. Denn hier ist doch gerade umgekehrt zu schliessen, dem Verf. müsse besonders viol an der 14Zahl gelegen gewesen sein, sonst würde er nicht, um

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/136
Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/136>, abgerufen am 02.05.2024.