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Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835.

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Erstes Kapitel. §. 14.
eingeführt werden müssten; überhaupt würde hiedurch zu
viel Gewicht auf die Erziehung zum Nachtheil der Entfal-
tung des Geistes von innen heraus gelegt; endlich aber ist
umgekehrt gegen die Auffassung der Erzählung als einer
wirklichen Wundergeschichte mit Recht das geltend gemacht
worden, dass vielmehr Vieles in dem folgenden Leben des
Täufers ganz unerklärlich werde bei der Voraussetzung,
dass sich wirklich so viele wundervolle Begebenheiten vor
und bei seiner Geburt ereignet haben. Denn allerdings,
wenn Johannes schon von Anfang an so wunderbar auf
Jesus, als den, dessen Vorläufer er sein sollte, hingewie-
sen war: so ist es nicht zu begreifen, wie er ihn vor sei-
ner Taufe nicht gekannt haben, und selbst später noch an
seiner Messianität irre geworden sein kann (Joh. 1, 30.
Matth. 11, 2.) 19).

Man wird somit der rationalistischen Kritik und Pole-
mik in dem negativen Resultate Recht geben müssen, dass
es vor und bei der Geburt des Täufers nicht so übernatür-
lich zugegangen sein könne; nur fragt es sich jetzt, wel-
che positive Ansicht von der Sache an die Stelle der um-
gestossenen zu setzen ist?

§. 14.
Die natürliche Deutung der Erzählung.

Die leichteste Änderung, welche mit der vorliegenden
Erzählung durch Unterscheidung des reinen Faktums von
dem Urtheil der betheiligten Personen im Sinne der ratio-
nalistischen Auslegung vorgenommen werden könnte, wäre
nun diese, die Thatsache nach ihren beiden Haupttheilen,
der Erscheinung des Engels und dem Verstummen des Za-
charias als wirklichen äusseren Erfolg stehen zu lassen, nur
aber sie auf natürliche Weise zu erklären. Diess wäre in

19) Horst in Henke's Museum 1, 4. S. 733 f. Gabler in seinem
neuest. theol. Journal, 7, 1, S. 403.

Erstes Kapitel. §. 14.
eingeführt werden müſsten; überhaupt würde hiedurch zu
viel Gewicht auf die Erziehung zum Nachtheil der Entfal-
tung des Geistes von innen heraus gelegt; endlich aber ist
umgekehrt gegen die Auffassung der Erzählung als einer
wirklichen Wundergeschichte mit Recht das geltend gemacht
worden, daſs vielmehr Vieles in dem folgenden Leben des
Täufers ganz unerklärlich werde bei der Voraussetzung,
daſs sich wirklich so viele wundervolle Begebenheiten vor
und bei seiner Geburt ereignet haben. Denn allerdings,
wenn Johannes schon von Anfang an so wunderbar auf
Jesus, als den, dessen Vorläufer er sein sollte, hingewie-
sen war: so ist es nicht zu begreifen, wie er ihn vor sei-
ner Taufe nicht gekannt haben, und selbst später noch an
seiner Messianität irre geworden sein kann (Joh. 1, 30.
Matth. 11, 2.) 19).

Man wird somit der rationalistischen Kritik und Pole-
mik in dem negativen Resultate Recht geben müssen, daſs
es vor und bei der Geburt des Täufers nicht so übernatür-
lich zugegangen sein könne; nur fragt es sich jetzt, wel-
che positive Ansicht von der Sache an die Stelle der um-
gestossenen zu setzen ist?

§. 14.
Die natürliche Deutung der Erzählung.

Die leichteste Änderung, welche mit der vorliegenden
Erzählung durch Unterscheidung des reinen Faktums von
dem Urtheil der betheiligten Personen im Sinne der ratio-
nalistischen Auslegung vorgenommen werden könnte, wäre
nun diese, die Thatsache nach ihren beiden Haupttheilen,
der Erscheinung des Engels und dem Verstummen des Za-
charias als wirklichen äusseren Erfolg stehen zu lassen, nur
aber sie auf natürliche Weise zu erklären. Dieſs wäre in

19) Horst in Henke's Museum 1, 4. S. 733 f. Gabler in seinem
neuest. theol. Journal, 7, 1, S. 403.
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[89/0113] Erstes Kapitel. §. 14. eingeführt werden müſsten; überhaupt würde hiedurch zu viel Gewicht auf die Erziehung zum Nachtheil der Entfal- tung des Geistes von innen heraus gelegt; endlich aber ist umgekehrt gegen die Auffassung der Erzählung als einer wirklichen Wundergeschichte mit Recht das geltend gemacht worden, daſs vielmehr Vieles in dem folgenden Leben des Täufers ganz unerklärlich werde bei der Voraussetzung, daſs sich wirklich so viele wundervolle Begebenheiten vor und bei seiner Geburt ereignet haben. Denn allerdings, wenn Johannes schon von Anfang an so wunderbar auf Jesus, als den, dessen Vorläufer er sein sollte, hingewie- sen war: so ist es nicht zu begreifen, wie er ihn vor sei- ner Taufe nicht gekannt haben, und selbst später noch an seiner Messianität irre geworden sein kann (Joh. 1, 30. Matth. 11, 2.) 19). Man wird somit der rationalistischen Kritik und Pole- mik in dem negativen Resultate Recht geben müssen, daſs es vor und bei der Geburt des Täufers nicht so übernatür- lich zugegangen sein könne; nur fragt es sich jetzt, wel- che positive Ansicht von der Sache an die Stelle der um- gestossenen zu setzen ist? §. 14. Die natürliche Deutung der Erzählung. Die leichteste Änderung, welche mit der vorliegenden Erzählung durch Unterscheidung des reinen Faktums von dem Urtheil der betheiligten Personen im Sinne der ratio- nalistischen Auslegung vorgenommen werden könnte, wäre nun diese, die Thatsache nach ihren beiden Haupttheilen, der Erscheinung des Engels und dem Verstummen des Za- charias als wirklichen äusseren Erfolg stehen zu lassen, nur aber sie auf natürliche Weise zu erklären. Dieſs wäre in 19) Horst in Henke's Museum 1, 4. S. 733 f. Gabler in seinem neuest. theol. Journal, 7, 1, S. 403.

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Zitationshilfe: Strauß, David Friedrich: Das Leben Jesu, kritisch bearbeitet. Bd. 1. Tübingen, 1835, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/strauss_jesus01_1835/113>, abgerufen am 22.11.2024.