Storm, Theodor: Waldwinkel, Pole Poppenspäler. Novellen. Braunschweig, 1875."Kennst du das, Franziska?" fragte er, indem er einige der Papiere vor ihr entfaltete. Sie blickte scharf daraus hin. "Ich kenne es wohl," erwiderte sie; "es ist so gut wie Geld." "Es sind Staatspapiere." "Ja, ich weiß; ich habe bei dem Magister einmal zu solchen ein Verzeichniß machen müssen." Er zeigte ihr ein Convolut, worauf in frischer Schrift ihr Name stand, und nannte ihr den Betrag, der darin enthalten war. "Es ist dein Eigenthum," sagte er. "Mein, das viele Geld!" Sie blickte mit scharfen Augen auf das verschlossene Päckchen. "Versteh' mich, Franzi," begann er wieder; "schon jetzt ist es dein; am allermeisten aber" - und er verschlang die junge Gestalt mit seinen Blicken - "in dem Augenblicke, wo du selber nicht mehr mein bist. Du wirst dann völlig frei sein; du sollst es jetzt schon sein." Er sah sie an, als erwartete er von ihr eine Frage, eine Bitte um Erklärung; da sie aber schwieg, sagte er in einem Tone, der wie scherzend klingen sollte: „Kennst du das, Franziska?“ fragte er, indem er einige der Papiere vor ihr entfaltete. Sie blickte scharf daraus hin. „Ich kenne es wohl,“ erwiderte sie; „es ist so gut wie Geld.“ „Es sind Staatspapiere.“ „Ja, ich weiß; ich habe bei dem Magister einmal zu solchen ein Verzeichniß machen müssen.“ Er zeigte ihr ein Convolut, worauf in frischer Schrift ihr Name stand, und nannte ihr den Betrag, der darin enthalten war. „Es ist dein Eigenthum,“ sagte er. „Mein, das viele Geld!“ Sie blickte mit scharfen Augen auf das verschlossene Päckchen. „Versteh' mich, Franzi,“ begann er wieder; „schon jetzt ist es dein; am allermeisten aber“ – und er verschlang die junge Gestalt mit seinen Blicken – „in dem Augenblicke, wo du selber nicht mehr mein bist. Du wirst dann völlig frei sein; du sollst es jetzt schon sein.“ Er sah sie an, als erwartete er von ihr eine Frage, eine Bitte um Erklärung; da sie aber schwieg, sagte er in einem Tone, der wie scherzend klingen sollte: <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0076" n="72"/> <p>„Kennst du das, Franziska?“ fragte er, indem er einige der Papiere vor ihr entfaltete.</p> <p>Sie blickte scharf daraus hin. „Ich kenne es wohl,“ erwiderte sie; „es ist so gut wie Geld.“</p> <p>„Es sind Staatspapiere.“</p> <p>„Ja, ich weiß; ich habe bei dem Magister einmal zu solchen ein Verzeichniß machen müssen.“</p> <p>Er zeigte ihr ein Convolut, worauf in frischer Schrift ihr Name stand, und nannte ihr den Betrag, der darin enthalten war. „Es ist dein Eigenthum,“ sagte er.</p> <p>„Mein, das viele Geld!“ Sie blickte mit scharfen Augen auf das verschlossene Päckchen.</p> <p>„Versteh' mich, Franzi,“ begann er wieder; „schon jetzt ist es dein; am allermeisten aber“ – und er verschlang die junge Gestalt mit seinen Blicken – „in dem Augenblicke, wo du selber nicht mehr mein bist. Du wirst dann völlig frei sein; du sollst es jetzt schon sein.“</p> <p>Er sah sie an, als erwartete er von ihr eine Frage, eine Bitte um Erklärung; da sie aber schwieg, sagte er in einem Tone, der wie scherzend klingen sollte:</p> </div> </body> </text> </TEI> [72/0076]
„Kennst du das, Franziska?“ fragte er, indem er einige der Papiere vor ihr entfaltete.
Sie blickte scharf daraus hin. „Ich kenne es wohl,“ erwiderte sie; „es ist so gut wie Geld.“
„Es sind Staatspapiere.“
„Ja, ich weiß; ich habe bei dem Magister einmal zu solchen ein Verzeichniß machen müssen.“
Er zeigte ihr ein Convolut, worauf in frischer Schrift ihr Name stand, und nannte ihr den Betrag, der darin enthalten war. „Es ist dein Eigenthum,“ sagte er.
„Mein, das viele Geld!“ Sie blickte mit scharfen Augen auf das verschlossene Päckchen.
„Versteh' mich, Franzi,“ begann er wieder; „schon jetzt ist es dein; am allermeisten aber“ – und er verschlang die junge Gestalt mit seinen Blicken – „in dem Augenblicke, wo du selber nicht mehr mein bist. Du wirst dann völlig frei sein; du sollst es jetzt schon sein.“
Er sah sie an, als erwartete er von ihr eine Frage, eine Bitte um Erklärung; da sie aber schwieg, sagte er in einem Tone, der wie scherzend klingen sollte:
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Dieses Werk stammt von Wikisource (Waldwinkel, Pole Poppenspäler). Quelle der Scans: Wikimedia Commons. Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |