Storm, Theodor: Waldwinkel, Pole Poppenspäler. Novellen. Braunschweig, 1875.hinüberlief und ihrem Herrn betheuerte, die Franziska mache sie noch einmal wieder jung. Richard schien kaum dies Treiben zu beachten; nur einmal, als er dem Mädchen auf dem Flur begegnete, da sie eben mit allerlei Nähgeräth die Treppe herabgekommen war, hielt er sie an und sagte: "Aber Franzi, was stellst du denn mit unserer guten Alten auf? Sie wird ja eitel wie Bathseba auf ihre alten Tage." Franziska ließ eine Weile ihre Augen in den seinen ruhen. "Laß nur," sagte sie dann, "die Alte muß auch ihre Freude haben!" Und schon war sie durch die Kammerthür verschwunden. Sie wohnten zwischen der Haide und dem Walde, in welche seit hundert Jahren keine Menschenhand hineingegriffen hatte; rings um sie her waltete frei und üppig die Natur. Die Menschen waren fern, nur die Bienen kamen und summten einsam über die Haide. Einmal zwar hinüberlief und ihrem Herrn betheuerte, die Franziska mache sie noch einmal wieder jung. Richard schien kaum dies Treiben zu beachten; nur einmal, als er dem Mädchen auf dem Flur begegnete, da sie eben mit allerlei Nähgeräth die Treppe herabgekommen war, hielt er sie an und sagte: „Aber Franzi, was stellst du denn mit unserer guten Alten auf? Sie wird ja eitel wie Bathseba auf ihre alten Tage.“ Franziska ließ eine Weile ihre Augen in den seinen ruhen. „Laß nur,“ sagte sie dann, „die Alte muß auch ihre Freude haben!“ Und schon war sie durch die Kammerthür verschwunden. Sie wohnten zwischen der Haide und dem Walde, in welche seit hundert Jahren keine Menschenhand hineingegriffen hatte; rings um sie her waltete frei und üppig die Natur. Die Menschen waren fern, nur die Bienen kamen und summten einsam über die Haide. Einmal zwar <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0059" n="55"/> hinüberlief und ihrem Herrn betheuerte, die Franziska mache sie noch einmal wieder jung.</p> <p>Richard schien kaum dies Treiben zu beachten; nur einmal, als er dem Mädchen auf dem Flur begegnete, da sie eben mit allerlei Nähgeräth die Treppe herabgekommen war, hielt er sie an und sagte: „Aber Franzi, was stellst du denn mit unserer guten Alten auf? Sie wird ja eitel wie Bathseba auf ihre alten Tage.“</p> <p>Franziska ließ eine Weile ihre Augen in den seinen ruhen. „Laß nur,“ sagte sie dann, „die Alte muß auch ihre Freude haben!“ Und schon war sie durch die Kammerthür verschwunden.</p> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Sie wohnten zwischen der Haide und dem Walde, in welche seit hundert Jahren keine Menschenhand hineingegriffen hatte; rings um sie her waltete frei und üppig die Natur.</p> <p>Die Menschen waren fern, nur die Bienen kamen und summten einsam über die Haide. Einmal zwar </p> </div> </body> </text> </TEI> [55/0059]
hinüberlief und ihrem Herrn betheuerte, die Franziska mache sie noch einmal wieder jung.
Richard schien kaum dies Treiben zu beachten; nur einmal, als er dem Mädchen auf dem Flur begegnete, da sie eben mit allerlei Nähgeräth die Treppe herabgekommen war, hielt er sie an und sagte: „Aber Franzi, was stellst du denn mit unserer guten Alten auf? Sie wird ja eitel wie Bathseba auf ihre alten Tage.“
Franziska ließ eine Weile ihre Augen in den seinen ruhen. „Laß nur,“ sagte sie dann, „die Alte muß auch ihre Freude haben!“ Und schon war sie durch die Kammerthür verschwunden.
Sie wohnten zwischen der Haide und dem Walde, in welche seit hundert Jahren keine Menschenhand hineingegriffen hatte; rings um sie her waltete frei und üppig die Natur.
Die Menschen waren fern, nur die Bienen kamen und summten einsam über die Haide. Einmal zwar
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Zitationshilfe: | Storm, Theodor: Waldwinkel, Pole Poppenspäler. Novellen. Braunschweig, 1875, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_waldwinkel_1875/59>, abgerufen am 16.02.2025. |