Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888.Zukunft lag, mit dem er sich aber eine stille Feier Der Goldschmied sah ihn etwas verdutzt an; Er trug ihn so über Jahr und Tag, ja der Zukunft lag, mit dem er ſich aber eine ſtille Feier Der Goldſchmied ſah ihn etwas verdutzt an; Er trug ihn ſo über Jahr und Tag, ja der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0084" n="72"/> Zukunft lag, mit dem er ſich aber eine ſtille Feier<lb/> zu bereiten gedachte. Deshalb ging er am nächſten<lb/> Sonntag in die Stadt zum alten Goldſchmied<lb/> Anderſen und beſtellte einen ſtarken Goldring.<lb/> „Streckt den Finger her, damit wir meſſen!” ſagte<lb/> der Alte und faßte ihm nach dem Goldfinger.<lb/> „Nun,” meinte er, „der iſt nicht gar ſo dick,<lb/> wie ſie bei Euch Leuten ſonſt zu ſein pflegen!”<lb/> Aber Hauke ſagte: „Meſſet lieber am kleinen<lb/> Finger!” und hielt ihm den entgegen.</p><lb/> <p>Der Goldſchmied ſah ihn etwas verdutzt an;<lb/> aber was kümmerten ihn die Einfälle der jungen<lb/> Bauernburſchen: „Da werden wir ſchon ſo einen<lb/> unter den Mädchenringen haben!” ſagte er, und<lb/> Hauke ſchoß das Blut durch beide Wangen. Aber<lb/> der kleine Goldring paßte auf ſeinen kleinen Finger,<lb/> und er nahm ihn haſtig und bezahlte ihn mit<lb/> blankem Silber; dann ſteckte er ihn unter lautem<lb/> Herzklopfen, und als ob er einen feierlichen Act<lb/> begehe, in die Weſtentaſche. Dort trug er ihn ſeit-<lb/> dem an jedem Tage mit Unruhe und doch mit<lb/> Stolz, als ſei die Weſtentaſche nur dazu da, um<lb/> einen Ring darin zu tragen.</p><lb/> <p>Er trug ihn ſo über Jahr und Tag, ja der<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [72/0084]
Zukunft lag, mit dem er ſich aber eine ſtille Feier
zu bereiten gedachte. Deshalb ging er am nächſten
Sonntag in die Stadt zum alten Goldſchmied
Anderſen und beſtellte einen ſtarken Goldring.
„Streckt den Finger her, damit wir meſſen!” ſagte
der Alte und faßte ihm nach dem Goldfinger.
„Nun,” meinte er, „der iſt nicht gar ſo dick,
wie ſie bei Euch Leuten ſonſt zu ſein pflegen!”
Aber Hauke ſagte: „Meſſet lieber am kleinen
Finger!” und hielt ihm den entgegen.
Der Goldſchmied ſah ihn etwas verdutzt an;
aber was kümmerten ihn die Einfälle der jungen
Bauernburſchen: „Da werden wir ſchon ſo einen
unter den Mädchenringen haben!” ſagte er, und
Hauke ſchoß das Blut durch beide Wangen. Aber
der kleine Goldring paßte auf ſeinen kleinen Finger,
und er nahm ihn haſtig und bezahlte ihn mit
blankem Silber; dann ſteckte er ihn unter lautem
Herzklopfen, und als ob er einen feierlichen Act
begehe, in die Weſtentaſche. Dort trug er ihn ſeit-
dem an jedem Tage mit Unruhe und doch mit
Stolz, als ſei die Weſtentaſche nur dazu da, um
einen Ring darin zu tragen.
Er trug ihn ſo über Jahr und Tag, ja der
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