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Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888.

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Stück hinaus, aber er blieb allein; nur das
Wehen des Sturmes und das Brausen des Meeres
bis aus unermessener Ferne schlug betäubend an
sein Ohr. Er wandte das Pferd zurück; er kam
wieder zu der verlassenen Ecke und ließ seine Augen
längs der Linie des neuen Deichs gleiten; er er-
kannte deutlich: langsamer, weniger gewaltig rollten
hier die Wellen heran; fast schien's, als wäre
dort ein ander Wasser. "Der soll schon stehen!"
murmelte er, und wie ein Lachen stieg es in ihm
herauf.

Aber das Lachen verging ihm, als seine
Blicke weiter an der Linie seines Deichs entlang
glitten: an der Nordwestecke -- was war das dort?
Ein dunkler Haufen wimmelte durcheinander; er
sah, wie es sich emsig rührte und drängte -- kein
Zweifel, es waren Menschen! Was wollten, was
arbeiteten die jetzt an seinem Deich? -- Und schon
saßen seine Sporen dem Schimmel in den Weichen,
und das Thier flog mit ihm dahin; der Sturm
kam von der Breitseite; mitunter drängten die
Böen so gewaltig, daß sie fast vom Deiche in
den neuen Koog hinabgeschleudert wären; aber Roß
und Reiter wußten, wo sie ritten. Schon gewahrte

Stück hinaus, aber er blieb allein; nur das
Wehen des Sturmes und das Brauſen des Meeres
bis aus unermeſſener Ferne ſchlug betäubend an
ſein Ohr. Er wandte das Pferd zurück; er kam
wieder zu der verlaſſenen Ecke und ließ ſeine Augen
längs der Linie des neuen Deichs gleiten; er er-
kannte deutlich: langſamer, weniger gewaltig rollten
hier die Wellen heran; faſt ſchien's, als wäre
dort ein ander Waſſer. „Der ſoll ſchon ſtehen!”
murmelte er, und wie ein Lachen ſtieg es in ihm
herauf.

Aber das Lachen verging ihm, als ſeine
Blicke weiter an der Linie ſeines Deichs entlang
glitten: an der Nordweſtecke — was war das dort?
Ein dunkler Haufen wimmelte durcheinander; er
ſah, wie es ſich emſig rührte und drängte — kein
Zweifel, es waren Menſchen! Was wollten, was
arbeiteten die jetzt an ſeinem Deich? — Und ſchon
ſaßen ſeine Sporen dem Schimmel in den Weichen,
und das Thier flog mit ihm dahin; der Sturm
kam von der Breitſeite; mitunter drängten die
Böen ſo gewaltig, daß ſie faſt vom Deiche in
den neuen Koog hinabgeſchleudert wären; aber Roß
und Reiter wußten, wo ſie ritten. Schon gewahrte

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[210/0222] Stück hinaus, aber er blieb allein; nur das Wehen des Sturmes und das Brauſen des Meeres bis aus unermeſſener Ferne ſchlug betäubend an ſein Ohr. Er wandte das Pferd zurück; er kam wieder zu der verlaſſenen Ecke und ließ ſeine Augen längs der Linie des neuen Deichs gleiten; er er- kannte deutlich: langſamer, weniger gewaltig rollten hier die Wellen heran; faſt ſchien's, als wäre dort ein ander Waſſer. „Der ſoll ſchon ſtehen!” murmelte er, und wie ein Lachen ſtieg es in ihm herauf. Aber das Lachen verging ihm, als ſeine Blicke weiter an der Linie ſeines Deichs entlang glitten: an der Nordweſtecke — was war das dort? Ein dunkler Haufen wimmelte durcheinander; er ſah, wie es ſich emſig rührte und drängte — kein Zweifel, es waren Menſchen! Was wollten, was arbeiteten die jetzt an ſeinem Deich? — Und ſchon ſaßen ſeine Sporen dem Schimmel in den Weichen, und das Thier flog mit ihm dahin; der Sturm kam von der Breitſeite; mitunter drängten die Böen ſo gewaltig, daß ſie faſt vom Deiche in den neuen Koog hinabgeſchleudert wären; aber Roß und Reiter wußten, wo ſie ritten. Schon gewahrte

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888/222>, abgerufen am 22.11.2024.