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Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888.

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waren inzwischen an des Reiters Ohr geschlagen,
und als er rückwärts nach seinem Dorf den Kopf
wandte, erkannte er in dem Mondlicht, das her-
vorbrach, auf den Werften und vor den Häusern
Menschen an hochbeladenen Wagen umher hantirend;
er sah, wie im Fluge, noch andere Wagen eilend
nach der Geest hinauffahren; Gebrüll von Rindern
traf sein Ohr, die aus den warmen Ställen nach
dort hinaufgetrieben wurden. "Gott Dank! sie
sind dabei, sich und ihr Vieh zu retten!" rief
es in ihm; und dann mit einem Angstschrei:
"Mein Weib! Mein Kind! -- Nein, nein; auf
unsere Werfte steigt das Wasser nicht!"

Aber nur ein Augenblick war es; nur wie
eine Vision flog Alles an ihm vorbei.

Eine furchtbare Böe kam brüllend vom Meer
herüber, und ihr entgegen stürmten Roß und
Reiter den schmalen Akt zum Deich hinan. Als sie
oben waren, stoppte Hauke mit Gewalt sein Pferd.
Aber wo war das Meer? Wo Jeverssand? Wo
blieb das Ufer drüben? -- -- Nur Berge von
Wasser sah er vor sich, die dräuend gegen den
nächtlichen Himmel stiegen, die in der furchtbaren
Dämmerung sich über einander zu thürmen suchten

waren inzwiſchen an des Reiters Ohr geſchlagen,
und als er rückwärts nach ſeinem Dorf den Kopf
wandte, erkannte er in dem Mondlicht, das her-
vorbrach, auf den Werften und vor den Häuſern
Menſchen an hochbeladenen Wagen umher hantirend;
er ſah, wie im Fluge, noch andere Wagen eilend
nach der Geeſt hinauffahren; Gebrüll von Rindern
traf ſein Ohr, die aus den warmen Ställen nach
dort hinaufgetrieben wurden. „Gott Dank! ſie
ſind dabei, ſich und ihr Vieh zu retten!” rief
es in ihm; und dann mit einem Angſtſchrei:
„Mein Weib! Mein Kind! — Nein, nein; auf
unſere Werfte ſteigt das Waſſer nicht!”

Aber nur ein Augenblick war es; nur wie
eine Viſion flog Alles an ihm vorbei.

Eine furchtbare Böe kam brüllend vom Meer
herüber, und ihr entgegen ſtürmten Roß und
Reiter den ſchmalen Akt zum Deich hinan. Als ſie
oben waren, ſtoppte Hauke mit Gewalt ſein Pferd.
Aber wo war das Meer? Wo Jeversſand? Wo
blieb das Ufer drüben? — — Nur Berge von
Waſſer ſah er vor ſich, die dräuend gegen den
nächtlichen Himmel ſtiegen, die in der furchtbaren
Dämmerung ſich über einander zu thürmen ſuchten

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[208/0220] waren inzwiſchen an des Reiters Ohr geſchlagen, und als er rückwärts nach ſeinem Dorf den Kopf wandte, erkannte er in dem Mondlicht, das her- vorbrach, auf den Werften und vor den Häuſern Menſchen an hochbeladenen Wagen umher hantirend; er ſah, wie im Fluge, noch andere Wagen eilend nach der Geeſt hinauffahren; Gebrüll von Rindern traf ſein Ohr, die aus den warmen Ställen nach dort hinaufgetrieben wurden. „Gott Dank! ſie ſind dabei, ſich und ihr Vieh zu retten!” rief es in ihm; und dann mit einem Angſtſchrei: „Mein Weib! Mein Kind! — Nein, nein; auf unſere Werfte ſteigt das Waſſer nicht!” Aber nur ein Augenblick war es; nur wie eine Viſion flog Alles an ihm vorbei. Eine furchtbare Böe kam brüllend vom Meer herüber, und ihr entgegen ſtürmten Roß und Reiter den ſchmalen Akt zum Deich hinan. Als ſie oben waren, ſtoppte Hauke mit Gewalt ſein Pferd. Aber wo war das Meer? Wo Jeversſand? Wo blieb das Ufer drüben? — — Nur Berge von Waſſer ſah er vor ſich, die dräuend gegen den nächtlichen Himmel ſtiegen, die in der furchtbaren Dämmerung ſich über einander zu thürmen ſuchten

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888/220>, abgerufen am 22.11.2024.