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Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888.

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davon reden. So war der September gekommen;
Nachts hatte ein mäßiger Sturm getobt und war
zuletzt nach Nordwest umgesprungen. An trübem
Vormittag danach, zur Ebbezeit, ritt Hauke auf
den Deich hinaus, und es durchfuhr ihn, als er
seine Augen über die Watten schweifen ließ; dort,
von Nordwest herauf, sah er plötzlich wieder, und
schärfer und tiefer ausgewühlt, das gespenstische neue
Bett des Priehles; so sehr er seine Augen anstrengte,
es wollte nicht mehr weichen.

Als er nach Haus kam, ergriff Elke seine
Hand: "Was hast Du, Hauke?" sprach sie, als sie
in sein düstres Antlitz sah; "es ist doch kein neues
Unheil? Wir sind jetzt so glücklich; mir ist, Du
hast nun Frieden mit ihnen Allen!"

Diesen Worten gegenüber vermochte er seine
verworrene Furcht nicht in Worten kund zu geben.

"Nein, Elke," sagte er, "mich feindet Niemand
an; es ist nur ein verantwortlich' Amt, die Gemeinde
vor unseres Herrgotts Meer zu schützen."

Er machte sich los, um weiteren Fragen des
geliebten Weibes auszuweichen. Er ging in Stall
und Scheuer, als ob er Alles revidiren müsse;
aber er sah nichts um sich her; er war nur beflissen,

13 *

davon reden. So war der September gekommen;
Nachts hatte ein mäßiger Sturm getobt und war
zuletzt nach Nordweſt umgeſprungen. An trübem
Vormittag danach, zur Ebbezeit, ritt Hauke auf
den Deich hinaus, und es durchfuhr ihn, als er
ſeine Augen über die Watten ſchweifen ließ; dort,
von Nordweſt herauf, ſah er plötzlich wieder, und
ſchärfer und tiefer ausgewühlt, das geſpenſtiſche neue
Bett des Priehles; ſo ſehr er ſeine Augen anſtrengte,
es wollte nicht mehr weichen.

Als er nach Haus kam, ergriff Elke ſeine
Hand: „Was haſt Du, Hauke?” ſprach ſie, als ſie
in ſein düſtres Antlitz ſah; „es iſt doch kein neues
Unheil? Wir ſind jetzt ſo glücklich; mir iſt, Du
haſt nun Frieden mit ihnen Allen!”

Dieſen Worten gegenüber vermochte er ſeine
verworrene Furcht nicht in Worten kund zu geben.

„Nein, Elke,” ſagte er, „mich feindet Niemand
an; es iſt nur ein verantwortlich' Amt, die Gemeinde
vor unſeres Herrgotts Meer zu ſchützen.”

Er machte ſich los, um weiteren Fragen des
geliebten Weibes auszuweichen. Er ging in Stall
und Scheuer, als ob er Alles revidiren müſſe;
aber er ſah nichts um ſich her; er war nur befliſſen,

13 *
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[195/0207] davon reden. So war der September gekommen; Nachts hatte ein mäßiger Sturm getobt und war zuletzt nach Nordweſt umgeſprungen. An trübem Vormittag danach, zur Ebbezeit, ritt Hauke auf den Deich hinaus, und es durchfuhr ihn, als er ſeine Augen über die Watten ſchweifen ließ; dort, von Nordweſt herauf, ſah er plötzlich wieder, und ſchärfer und tiefer ausgewühlt, das geſpenſtiſche neue Bett des Priehles; ſo ſehr er ſeine Augen anſtrengte, es wollte nicht mehr weichen. Als er nach Haus kam, ergriff Elke ſeine Hand: „Was haſt Du, Hauke?” ſprach ſie, als ſie in ſein düſtres Antlitz ſah; „es iſt doch kein neues Unheil? Wir ſind jetzt ſo glücklich; mir iſt, Du haſt nun Frieden mit ihnen Allen!” Dieſen Worten gegenüber vermochte er ſeine verworrene Furcht nicht in Worten kund zu geben. „Nein, Elke,” ſagte er, „mich feindet Niemand an; es iſt nur ein verantwortlich' Amt, die Gemeinde vor unſeres Herrgotts Meer zu ſchützen.” Er machte ſich los, um weiteren Fragen des geliebten Weibes auszuweichen. Er ging in Stall und Scheuer, als ob er Alles revidiren müſſe; aber er ſah nichts um ſich her; er war nur befliſſen, 13 *

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888/207>, abgerufen am 22.11.2024.