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Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888.

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er übers zweite Jahr hinaus war!" Und Elke strich
dem dicken Buben sein Kraushaar aus den Augen
und drückte dann heimlich ihr stilles Kind ans Herz.

-- -- Als es in den October hineinging, stand
an der Westseite die neue Schleuse schon fest in
dem von beiden Seiten schließenden Hauptdeich,
der bis auf die Lücken bei dem Priehle nun mit
seinem sanften Profile ringsum nach den Wasser-
seiten abfiel und um fünfzehn Fuß die ordinäre
Fluth überragte. Von seiner Nordwestecke sah man
an Jevershallig vorbei ungehindert in das Watten-
meer hinaus; aber freilich auch die Winde faßten
hier schärfer; die Haare flogen, und wer hier aus-
schauen wollte, der mußte die Mütze fest auf dem
Kopf haben.

Zu Ende November, wo Sturm und Regen
eingefallen waren, blieb nur noch hart am alten
Deich die Schlucht zu schließen, auf deren Grunde
an der Nordseite das Meerwasser durch den Priehl
in den neuen Koog hineinschoß. Zu beiden Seiten
standen die Wände des Deiches; der Abgrund zwischen
ihnen mußte jetzt verschwinden. Ein trocken Sommer-
wetter hätte die Arbeit wohl erleichtert; aber auch
so mußte sie gethan werden; denn ein aufbrechender

er übers zweite Jahr hinaus war!” Und Elke ſtrich
dem dicken Buben ſein Kraushaar aus den Augen
und drückte dann heimlich ihr ſtilles Kind ans Herz.

— — Als es in den October hineinging, ſtand
an der Weſtſeite die neue Schleuſe ſchon feſt in
dem von beiden Seiten ſchließenden Hauptdeich,
der bis auf die Lücken bei dem Priehle nun mit
ſeinem ſanften Profile ringsum nach den Waſſer-
ſeiten abfiel und um fünfzehn Fuß die ordinäre
Fluth überragte. Von ſeiner Nordweſtecke ſah man
an Jevershallig vorbei ungehindert in das Watten-
meer hinaus; aber freilich auch die Winde faßten
hier ſchärfer; die Haare flogen, und wer hier aus-
ſchauen wollte, der mußte die Mütze feſt auf dem
Kopf haben.

Zu Ende November, wo Sturm und Regen
eingefallen waren, blieb nur noch hart am alten
Deich die Schlucht zu ſchließen, auf deren Grunde
an der Nordſeite das Meerwaſſer durch den Priehl
in den neuen Koog hineinſchoß. Zu beiden Seiten
ſtanden die Wände des Deiches; der Abgrund zwiſchen
ihnen mußte jetzt verſchwinden. Ein trocken Sommer-
wetter hätte die Arbeit wohl erleichtert; aber auch
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[157/0169] er übers zweite Jahr hinaus war!” Und Elke ſtrich dem dicken Buben ſein Kraushaar aus den Augen und drückte dann heimlich ihr ſtilles Kind ans Herz. — — Als es in den October hineinging, ſtand an der Weſtſeite die neue Schleuſe ſchon feſt in dem von beiden Seiten ſchließenden Hauptdeich, der bis auf die Lücken bei dem Priehle nun mit ſeinem ſanften Profile ringsum nach den Waſſer- ſeiten abfiel und um fünfzehn Fuß die ordinäre Fluth überragte. Von ſeiner Nordweſtecke ſah man an Jevershallig vorbei ungehindert in das Watten- meer hinaus; aber freilich auch die Winde faßten hier ſchärfer; die Haare flogen, und wer hier aus- ſchauen wollte, der mußte die Mütze feſt auf dem Kopf haben. Zu Ende November, wo Sturm und Regen eingefallen waren, blieb nur noch hart am alten Deich die Schlucht zu ſchließen, auf deren Grunde an der Nordſeite das Meerwaſſer durch den Priehl in den neuen Koog hineinſchoß. Zu beiden Seiten ſtanden die Wände des Deiches; der Abgrund zwiſchen ihnen mußte jetzt verſchwinden. Ein trocken Sommer- wetter hätte die Arbeit wohl erleichtert; aber auch ſo mußte ſie gethan werden; denn ein aufbrechender

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888/169>, abgerufen am 22.11.2024.