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Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888.

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Hauke nicht zurückgehalten; aber er hatte gemeint,
in Glaubenssachen solle man Keinem drein reden:
das schade Niemandem, und besser dort doch als im
Schnapskrug!

So war es dabei geblieben, und so hatte er
auch jetzt geschwiegen. Aber freilich über ihn
schwieg man nicht; seine Gebetsworte liefen um
von Haus zu Haus: er hatte Gottes Allmacht
bestritten; was war ein Gott denn ohne Allmacht?
Er war ein Gottesleugner; die Sache mit dem
Teufelspferde mochte auch am Ende richtig sein!

Hauke erfuhr nichts davon; er hatte in diesen
Tagen nur Ohren und Augen für sein Weib; selbst
das Kind war für ihn nicht mehr auf der Welt.

Der alte Arzt kam wieder, kam jeden Tag,
mitunter zweimal, blieb dann eine ganze Nacht,
schrieb wieder ein Recept, und der Knecht Iven
Johns ritt damit im Flug zur Apotheke. Dann
aber wurde sein Gesicht freundlicher, er nickte dem
Deichgrafen vertraulich zu: "Es geht! Es geht!
Mit Gottes Hülfe!" und eines Tags -- hatte nun
seine Kunst die Krankheit besiegt, oder hatte auf
Hauke's Gebet der liebe Gott doch noch einen Aus-
weg finden können -- als der Doctor mit der

Hauke nicht zurückgehalten; aber er hatte gemeint,
in Glaubensſachen ſolle man Keinem drein reden:
das ſchade Niemandem, und beſſer dort doch als im
Schnapskrug!

So war es dabei geblieben, und ſo hatte er
auch jetzt geſchwiegen. Aber freilich über ihn
ſchwieg man nicht; ſeine Gebetsworte liefen um
von Haus zu Haus: er hatte Gottes Allmacht
beſtritten; was war ein Gott denn ohne Allmacht?
Er war ein Gottesleugner; die Sache mit dem
Teufelspferde mochte auch am Ende richtig ſein!

Hauke erfuhr nichts davon; er hatte in dieſen
Tagen nur Ohren und Augen für ſein Weib; ſelbſt
das Kind war für ihn nicht mehr auf der Welt.

Der alte Arzt kam wieder, kam jeden Tag,
mitunter zweimal, blieb dann eine ganze Nacht,
ſchrieb wieder ein Recept, und der Knecht Iven
Johns ritt damit im Flug zur Apotheke. Dann
aber wurde ſein Geſicht freundlicher, er nickte dem
Deichgrafen vertraulich zu: „Es geht! Es geht!
Mit Gottes Hülfe!” und eines Tags — hatte nun
ſeine Kunſt die Krankheit beſiegt, oder hatte auf
Hauke's Gebet der liebe Gott doch noch einen Aus-
weg finden können — als der Doctor mit der

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[151/0163] Hauke nicht zurückgehalten; aber er hatte gemeint, in Glaubensſachen ſolle man Keinem drein reden: das ſchade Niemandem, und beſſer dort doch als im Schnapskrug! So war es dabei geblieben, und ſo hatte er auch jetzt geſchwiegen. Aber freilich über ihn ſchwieg man nicht; ſeine Gebetsworte liefen um von Haus zu Haus: er hatte Gottes Allmacht beſtritten; was war ein Gott denn ohne Allmacht? Er war ein Gottesleugner; die Sache mit dem Teufelspferde mochte auch am Ende richtig ſein! Hauke erfuhr nichts davon; er hatte in dieſen Tagen nur Ohren und Augen für ſein Weib; ſelbſt das Kind war für ihn nicht mehr auf der Welt. Der alte Arzt kam wieder, kam jeden Tag, mitunter zweimal, blieb dann eine ganze Nacht, ſchrieb wieder ein Recept, und der Knecht Iven Johns ritt damit im Flug zur Apotheke. Dann aber wurde ſein Geſicht freundlicher, er nickte dem Deichgrafen vertraulich zu: „Es geht! Es geht! Mit Gottes Hülfe!” und eines Tags — hatte nun ſeine Kunſt die Krankheit beſiegt, oder hatte auf Hauke's Gebet der liebe Gott doch noch einen Aus- weg finden können — als der Doctor mit der

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888/163>, abgerufen am 25.11.2024.