hinanführte, das Boot sich beilegte, und eine unter- setzte Gestalt daraus ans Land sprang. -- War's nicht, als klatschte der Junge mit seiner Peitsche? Aber es konnte auch das Geräusch der steigenden Fluth sein. Mehrere hundert Schritte nordwärts sah er, was sie für einen Schimmel angesehen hatten; und jetzt! -- ja, die Gestalt des Jungen kam gerade darauf zugegangen. Nun hob es den Kopf, als ob es stutze; und der Junge -- es war deutlich jetzt zu hören -- klatschte mit der Peitsche. Aber -- was fiel ihm ein? er kehrte um, er ging den Weg zurück, den er gekommen war. Das drüben schien unablässig fortzuweiden, kein Wiehern war von dort zu hören gewesen; wie weiße Wasserstreifen schien es mitunter über die Erscheinung hinzuziehen. Der Knecht sah wie gebannt hinüber.
Da hörte er das Anlegen des Bootes am diesseitigen Ufer, und bald sah er aus der Dämmerung den Jungen gegen sich am Deich heraufsteigen. "Nun, Carsten," frug er, "was war es?"
Der Junge schüttelte den Kopf. "Nichts war es!" sagte er. "Noch kurz vom Bootaus hatte ich es gesehen; dann aber, als ich auf der Hallig
hinanführte, das Boot ſich beilegte, und eine unter- ſetzte Geſtalt daraus ans Land ſprang. — War's nicht, als klatſchte der Junge mit ſeiner Peitſche? Aber es konnte auch das Geräuſch der ſteigenden Fluth ſein. Mehrere hundert Schritte nordwärts ſah er, was ſie für einen Schimmel angeſehen hatten; und jetzt! — ja, die Geſtalt des Jungen kam gerade darauf zugegangen. Nun hob es den Kopf, als ob es ſtutze; und der Junge — es war deutlich jetzt zu hören — klatſchte mit der Peitſche. Aber — was fiel ihm ein? er kehrte um, er ging den Weg zurück, den er gekommen war. Das drüben ſchien unabläſſig fortzuweiden, kein Wiehern war von dort zu hören geweſen; wie weiße Waſſerſtreifen ſchien es mitunter über die Erſcheinung hinzuziehen. Der Knecht ſah wie gebannt hinüber.
Da hörte er das Anlegen des Bootes am diesſeitigen Ufer, und bald ſah er aus der Dämmerung den Jungen gegen ſich am Deich heraufſteigen. „Nun, Carſten,” frug er, „was war es?”
Der Junge ſchüttelte den Kopf. „Nichts war es!” ſagte er. „Noch kurz vom Bootaus hatte ich es geſehen; dann aber, als ich auf der Hallig
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hinanführte, das Boot ſich beilegte, und eine unter-
ſetzte Geſtalt daraus ans Land ſprang. — War's
nicht, als klatſchte der Junge mit ſeiner Peitſche?
Aber es konnte auch das Geräuſch der ſteigenden
Fluth ſein. Mehrere hundert Schritte nordwärts
ſah er, was ſie für einen Schimmel angeſehen
hatten; und jetzt! — ja, die Geſtalt des Jungen
kam gerade darauf zugegangen. Nun hob es den
Kopf, als ob es ſtutze; und der Junge — es war
deutlich jetzt zu hören — klatſchte mit der Peitſche.
Aber — was fiel ihm ein? er kehrte um, er ging
den Weg zurück, den er gekommen war. Das drüben
ſchien unabläſſig fortzuweiden, kein Wiehern war
von dort zu hören geweſen; wie weiße Waſſerſtreifen
ſchien es mitunter über die Erſcheinung hinzuziehen.
Der Knecht ſah wie gebannt hinüber.
Da hörte er das Anlegen des Bootes am
diesſeitigen Ufer, und bald ſah er aus der
Dämmerung den Jungen gegen ſich am Deich
heraufſteigen. „Nun, Carſten,” frug er, „was
war es?”
Der Junge ſchüttelte den Kopf. „Nichts war
es!” ſagte er. „Noch kurz vom Bootaus hatte
ich es geſehen; dann aber, als ich auf der Hallig
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Zuerst erschienen in: Deutsche Rundschau (Berlin)… [mehr]
Zuerst erschienen in: Deutsche Rundschau (Berlin), April/Mai 1888. Erste Buchausgabe Berlin: Paetel 1888, diese wurde für das DTA zur Digitalisierung herangezogen.
Storm, Theodor: Der Schimmelreiter. Berlin, 1888, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_schimmelreiter_1888/132>, abgerufen am 16.02.2025.
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