Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885.

Bild:
<< vorherige Seite

mit unserer Abrechnung immer noch nicht fertig wurde. "Herr, " sagte ich endlich, "ich besuche meinen alten Ohm in Holstein; indeß wird hier wohl Alles klar?"

Er brummte etwas, und ich fuhr am andern Tag hierher. Es war aber ein rechtes Doppelwrack, was ich hier fand: den geizigen Greis und sein großes verfallenes Bauernhaus, worin einst eine weitläufige Wirthschaft war betrieben worden. Zwei Stuben mit vollen Schränken und hohen Wandbetten standen bestaubt und unberührt; der Eigenthümer und eine verrunzelte zahnlose Magd hausten jetzt allein in einer Kammer; freilich, auf dem Boden jungten die Marder in den Ecken und schleppten des Nachts ihre Beute heim und sprangen durch die Löcher des alten Strohdachs auf die Bretter, daß in der Stube unten nicht zu schlafen war. In eine Nacht, wir waren gegen August, kam unerwartet ein Sturm auf; das ganze Dach schüttelte sich, und ich hörte, wie ein Fach Mauerwek herauspoltete; da sprang ich auf und ging die Nacht spazieren. " Ohm," sagte ich am andern Morgen, "mein Schiff war doch noch sicherer als Euer Haus; Ihr müßt bauen, sonst begräbt's Euch noch!"

Aber er lachte, indem er sich sein schlotteriges

mit unserer Abrechnung immer noch nicht fertig wurde. „Herr, “ sagte ich endlich, „ich besuche meinen alten Ohm in Holstein; indeß wird hier wohl Alles klar?“

Er brummte etwas, und ich fuhr am andern Tag hierher. Es war aber ein rechtes Doppelwrack, was ich hier fand: den geizigen Greis und sein großes verfallenes Bauernhaus, worin einst eine weitläufige Wirthschaft war betrieben worden. Zwei Stuben mit vollen Schränken und hohen Wandbetten standen bestaubt und unberührt; der Eigenthümer und eine verrunzelte zahnlose Magd hausten jetzt allein in einer Kammer; freilich, auf dem Boden jungten die Marder in den Ecken und schleppten des Nachts ihre Beute heim und sprangen durch die Löcher des alten Strohdachs auf die Bretter, daß in der Stube unten nicht zu schlafen war. In eine Nacht, wir waren gegen August, kam unerwartet ein Sturm auf; das ganze Dach schüttelte sich, und ich hörte, wie ein Fach Mauerwek herauspoltete; da sprang ich auf und ging die Nacht spazieren. „ Ohm,“ sagte ich am andern Morgen, „mein Schiff war doch noch sicherer als Euer Haus; Ihr müßt bauen, sonst begräbt’s Euch noch!“

Aber er lachte, indem er sich sein schlotteriges

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0051" n="47"/>
mit unserer Abrechnung immer noch nicht fertig wurde. &#x201E;Herr, &#x201C; sagte ich endlich, &#x201E;ich besuche meinen alten Ohm in Holstein; indeß wird hier wohl Alles klar?&#x201C;</p>
        <p>Er brummte etwas, und ich fuhr am andern Tag hierher. Es war aber ein rechtes Doppelwrack, was ich hier fand: den geizigen Greis und sein großes verfallenes Bauernhaus, worin einst eine weitläufige Wirthschaft war betrieben worden. Zwei Stuben mit vollen Schränken und hohen Wandbetten standen bestaubt und unberührt; der Eigenthümer und eine verrunzelte zahnlose Magd hausten jetzt allein in einer Kammer; freilich, auf dem Boden jungten die Marder in den Ecken und schleppten des Nachts ihre Beute heim und sprangen durch die Löcher des alten Strohdachs auf die Bretter, daß in der Stube unten nicht zu schlafen war. In eine Nacht, wir waren gegen August, kam unerwartet ein Sturm auf; das ganze Dach schüttelte sich, und ich hörte, wie ein Fach Mauerwek herauspoltete; da sprang ich auf und ging die Nacht spazieren. &#x201E; Ohm,&#x201C; sagte ich am andern Morgen, &#x201E;mein Schiff war doch noch sicherer als Euer Haus; Ihr müßt bauen, sonst begräbt&#x2019;s Euch noch!&#x201C;</p>
        <p>Aber er lachte, indem er sich sein schlotteriges
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[47/0051] mit unserer Abrechnung immer noch nicht fertig wurde. „Herr, “ sagte ich endlich, „ich besuche meinen alten Ohm in Holstein; indeß wird hier wohl Alles klar?“ Er brummte etwas, und ich fuhr am andern Tag hierher. Es war aber ein rechtes Doppelwrack, was ich hier fand: den geizigen Greis und sein großes verfallenes Bauernhaus, worin einst eine weitläufige Wirthschaft war betrieben worden. Zwei Stuben mit vollen Schränken und hohen Wandbetten standen bestaubt und unberührt; der Eigenthümer und eine verrunzelte zahnlose Magd hausten jetzt allein in einer Kammer; freilich, auf dem Boden jungten die Marder in den Ecken und schleppten des Nachts ihre Beute heim und sprangen durch die Löcher des alten Strohdachs auf die Bretter, daß in der Stube unten nicht zu schlafen war. In eine Nacht, wir waren gegen August, kam unerwartet ein Sturm auf; das ganze Dach schüttelte sich, und ich hörte, wie ein Fach Mauerwek herauspoltete; da sprang ich auf und ging die Nacht spazieren. „ Ohm,“ sagte ich am andern Morgen, „mein Schiff war doch noch sicherer als Euer Haus; Ihr müßt bauen, sonst begräbt’s Euch noch!“ Aber er lachte, indem er sich sein schlotteriges

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Dieses Werk stammt von Wikisource (John_Riew’, Ein Fest auf Haderslevhuus).

Quelle der Scans: Wikimedia Commons (John Riew’, Ein Fest auf Haderslevhuss).

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885/51
Zitationshilfe: Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885/51>, abgerufen am 04.05.2024.