Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885.Ich nahm den jungen Menschen auf mein Schiff; aber ich hatte genug vom Fragen. - - Ein paar Jahre später kam ich denn doch wieder nach Hamburg; ich hatte Ueberdruß am Seefahren, und mein Kopf war leidlich grau geworden. Ich ging nach Rick's Hause; aber Rick lag draußen aus dem Petri-Kirchhof; er war eines Nachts über eine in Reparatur begriffene Flethbrücke gegangen und durch eine Oeffnung in das Wasser und in den Tod gestürzt. Ich denke wohl, er war mit einem schweren Kopf gegangen, der ihn hinabgerissen hatte; aber - Allen Gerechtigkeit! - seine Frau hat nie davon geredet; nur die Nachbaren und der alte Doctor Snittger haben es später mir bestätigt. Ich war inzwischen Makler geworden und miethete, nachdem ich mit meinem alten Herrn zu Lübeck ins Reine gekommen war, die kleine Oberetage; schön war sie nicht; aber sie genügte, und Rick Geyers Weib und Kind kam es zu Gute. Ein halb Jahr darauf fand sich auch noch ein Schüler des Johanneums für die untere Stube rechts, und das waren Sie, Herr Nachbar; ich denke, wir haben uns, bis Sie zur Universität gingen, leidlich genug in dem engen Haus vertragen! Sie wissen, die Anna war damals schon ein gestrecktes Ich nahm den jungen Menschen auf mein Schiff; aber ich hatte genug vom Fragen. – – Ein paar Jahre später kam ich denn doch wieder nach Hamburg; ich hatte Ueberdruß am Seefahren, und mein Kopf war leidlich grau geworden. Ich ging nach Rick’s Hause; aber Rick lag draußen aus dem Petri-Kirchhof; er war eines Nachts über eine in Reparatur begriffene Flethbrücke gegangen und durch eine Oeffnung in das Wasser und in den Tod gestürzt. Ich denke wohl, er war mit einem schweren Kopf gegangen, der ihn hinabgerissen hatte; aber – Allen Gerechtigkeit! – seine Frau hat nie davon geredet; nur die Nachbaren und der alte Doctor Snittger haben es später mir bestätigt. Ich war inzwischen Makler geworden und miethete, nachdem ich mit meinem alten Herrn zu Lübeck ins Reine gekommen war, die kleine Oberetage; schön war sie nicht; aber sie genügte, und Rick Geyers Weib und Kind kam es zu Gute. Ein halb Jahr darauf fand sich auch noch ein Schüler des Johanneums für die untere Stube rechts, und das waren Sie, Herr Nachbar; ich denke, wir haben uns, bis Sie zur Universität gingen, leidlich genug in dem engen Haus vertragen! Sie wissen, die Anna war damals schon ein gestrecktes <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0042" n="38"/> <p>Ich nahm den jungen Menschen auf mein Schiff; aber ich hatte genug vom Fragen.</p> <p>– – Ein paar Jahre später kam ich denn doch wieder nach Hamburg; ich hatte Ueberdruß am Seefahren, und mein Kopf war leidlich grau geworden. Ich ging nach Rick’s Hause; aber Rick lag draußen aus dem Petri-Kirchhof; er war eines Nachts über eine in Reparatur begriffene Flethbrücke gegangen und durch eine Oeffnung in das Wasser und in den Tod gestürzt. Ich denke wohl, er war mit einem schweren Kopf gegangen, der ihn hinabgerissen hatte; aber – Allen Gerechtigkeit! – seine Frau hat nie davon geredet; nur die Nachbaren und der alte Doctor Snittger haben es später mir bestätigt.</p> <p>Ich war inzwischen Makler geworden und miethete, nachdem ich mit meinem alten Herrn zu Lübeck ins Reine gekommen war, die kleine Oberetage; schön war sie nicht; aber sie genügte, und Rick Geyers Weib und Kind kam es zu Gute. Ein halb Jahr darauf fand sich auch noch ein Schüler des Johanneums für die untere Stube rechts, und das waren Sie, Herr Nachbar; ich denke, wir haben uns, bis Sie zur Universität gingen, leidlich genug in dem engen Haus vertragen!</p> <p>Sie wissen, die Anna war damals schon ein gestrecktes </p> </div> </body> </text> </TEI> [38/0042]
Ich nahm den jungen Menschen auf mein Schiff; aber ich hatte genug vom Fragen.
– – Ein paar Jahre später kam ich denn doch wieder nach Hamburg; ich hatte Ueberdruß am Seefahren, und mein Kopf war leidlich grau geworden. Ich ging nach Rick’s Hause; aber Rick lag draußen aus dem Petri-Kirchhof; er war eines Nachts über eine in Reparatur begriffene Flethbrücke gegangen und durch eine Oeffnung in das Wasser und in den Tod gestürzt. Ich denke wohl, er war mit einem schweren Kopf gegangen, der ihn hinabgerissen hatte; aber – Allen Gerechtigkeit! – seine Frau hat nie davon geredet; nur die Nachbaren und der alte Doctor Snittger haben es später mir bestätigt.
Ich war inzwischen Makler geworden und miethete, nachdem ich mit meinem alten Herrn zu Lübeck ins Reine gekommen war, die kleine Oberetage; schön war sie nicht; aber sie genügte, und Rick Geyers Weib und Kind kam es zu Gute. Ein halb Jahr darauf fand sich auch noch ein Schüler des Johanneums für die untere Stube rechts, und das waren Sie, Herr Nachbar; ich denke, wir haben uns, bis Sie zur Universität gingen, leidlich genug in dem engen Haus vertragen!
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Zitationshilfe: | Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885/42>, abgerufen am 27.07.2024. |