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Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885.

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Sie blickte ihn plötzlich wie verwundert an. "Hast Du auch einen Vater?" frug sie zaghaft.

- "Hast Du doch einen, Liebste!" sprach er. "Und meiner soll uns helfen, daß ich mit ihm durch's Schloßthor zu dem Deinen trete und Dich zum Ehgemahl begehre!"

Ein selig Lächeln überflog das Angesicht des Kindes: "O Rolf, wir werden alle glücklich sein!"

Ein Regentropfen fiel herab, ein langer Donner rollte über ihnen hin. "Gott hat's gehört!" sprach er.

- "O Rolf, wann kommst Du wieder?"

"Ich sagt's Dir ja!"

- "Gewiß?"

"O ganz gewiß! Glaubst Du, daß ich den Weg vergessen könne!"

Die Donner rollten stärker und die Blitze flammten heller; vom Thurme rief das Wächterhorn. Noch einen heißen Kuß; noch einmal fest, als wie aus ewig, Brust an Brust; dann war nur Nacht und Wetterschein auf diesem Platze.

- - Bevor Rolf Lembeck sein Haus erreichte, war Gaspard heimgekommen, und Bericht und Anschlag waren zwischen der Herrin und ihrem Diener schon zu Ende; als der Ritter in das eheliche Gemach trat, lag Frau Wulfhild wie schlummernd auf

Sie blickte ihn plötzlich wie verwundert an. „Hast Du auch einen Vater?“ frug sie zaghaft.

- „Hast Du doch einen, Liebste!“ sprach er. „Und meiner soll uns helfen, daß ich mit ihm durch’s Schloßthor zu dem Deinen trete und Dich zum Ehgemahl begehre!“

Ein selig Lächeln überflog das Angesicht des Kindes: „O Rolf, wir werden alle glücklich sein!“

Ein Regentropfen fiel herab, ein langer Donner rollte über ihnen hin. „Gott hat’s gehört!“ sprach er.

- „O Rolf, wann kommst Du wieder?“

„Ich sagt’s Dir ja!“

– „Gewiß?“

„O ganz gewiß! Glaubst Du, daß ich den Weg vergessen könne!“

Die Donner rollten stärker und die Blitze flammten heller; vom Thurme rief das Wächterhorn. Noch einen heißen Kuß; noch einmal fest, als wie aus ewig, Brust an Brust; dann war nur Nacht und Wetterschein auf diesem Platze.

– – Bevor Rolf Lembeck sein Haus erreichte, war Gaspard heimgekommen, und Bericht und Anschlag waren zwischen der Herrin und ihrem Diener schon zu Ende; als der Ritter in das eheliche Gemach trat, lag Frau Wulfhild wie schlummernd auf

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[183/0187] Sie blickte ihn plötzlich wie verwundert an. „Hast Du auch einen Vater?“ frug sie zaghaft. - „Hast Du doch einen, Liebste!“ sprach er. „Und meiner soll uns helfen, daß ich mit ihm durch’s Schloßthor zu dem Deinen trete und Dich zum Ehgemahl begehre!“ Ein selig Lächeln überflog das Angesicht des Kindes: „O Rolf, wir werden alle glücklich sein!“ Ein Regentropfen fiel herab, ein langer Donner rollte über ihnen hin. „Gott hat’s gehört!“ sprach er. - „O Rolf, wann kommst Du wieder?“ „Ich sagt’s Dir ja!“ – „Gewiß?“ „O ganz gewiß! Glaubst Du, daß ich den Weg vergessen könne!“ Die Donner rollten stärker und die Blitze flammten heller; vom Thurme rief das Wächterhorn. Noch einen heißen Kuß; noch einmal fest, als wie aus ewig, Brust an Brust; dann war nur Nacht und Wetterschein auf diesem Platze. – – Bevor Rolf Lembeck sein Haus erreichte, war Gaspard heimgekommen, und Bericht und Anschlag waren zwischen der Herrin und ihrem Diener schon zu Ende; als der Ritter in das eheliche Gemach trat, lag Frau Wulfhild wie schlummernd auf

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Dieses Werk stammt von Wikisource (John_Riew’, Ein Fest auf Haderslevhuus).

Quelle der Scans: Wikimedia Commons (John Riew’, Ein Fest auf Haderslevhuss).

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885/187>, abgerufen am 02.05.2024.