Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885.

Bild:
<< vorherige Seite

ein anderes noch war ihm gekommen: ein Wort, das er als Knabe aus seines Vaters Mund vernommen hatte. Ein Graf von Orlamünde hatte derzeit von seinem Weibe wollen, um eine Schönere zu freien; aber kein Laie hatte zwischen den beiden Eheleuten den gemeinsamen Blutstropfen finden können, der fähig war, den Bund zu lösen. Da machte der Graf ein gut Theil seiner Habe zu Gold und zog nach Rom; und bald mit heiterem Antlitz kam er heim; zwar ohne Gold, aber mit dem Pergament des heiligen Vaters in der Tasche, das wegen zu nahen Blutes die Ehe annullirte. "Beim heiligen Bart," hatte Claus Lembeck da gerufen, "der Teufel konnt' es nicht; der Papst hat es herausgefunden!"

Der Knabe Rolf hatte das Wort gehört und nicht geachtet; jetzt kam es wieder aus der Tiefe, wo das Gedächtniß die Schätze für die Zukunft aufbewahrt. "Und wenn dem Orlamünder, warum nicht mir?" rief es in ihm. "War meiner Großmuhme Gemahl doch gar ein Vetter von den Schauenburgern!" Dann dachte er des anderen. "Wenn ich es brauchen müßte, das bricht die Kette!" rief er laut, und mit kräftigeren Schritten ging er weiter.

Der Rabe Gaspard war auf seinen Fersen; und

ein anderes noch war ihm gekommen: ein Wort, das er als Knabe aus seines Vaters Mund vernommen hatte. Ein Graf von Orlamünde hatte derzeit von seinem Weibe wollen, um eine Schönere zu freien; aber kein Laie hatte zwischen den beiden Eheleuten den gemeinsamen Blutstropfen finden können, der fähig war, den Bund zu lösen. Da machte der Graf ein gut Theil seiner Habe zu Gold und zog nach Rom; und bald mit heiterem Antlitz kam er heim; zwar ohne Gold, aber mit dem Pergament des heiligen Vaters in der Tasche, das wegen zu nahen Blutes die Ehe annullirte. „Beim heiligen Bart,“ hatte Claus Lembeck da gerufen, „der Teufel konnt’ es nicht; der Papst hat es herausgefunden!“

Der Knabe Rolf hatte das Wort gehört und nicht geachtet; jetzt kam es wieder aus der Tiefe, wo das Gedächtniß die Schätze für die Zukunft aufbewahrt. „Und wenn dem Orlamünder, warum nicht mir?“ rief es in ihm. „War meiner Großmuhme Gemahl doch gar ein Vetter von den Schauenburgern!“ Dann dachte er des anderen. „Wenn ich es brauchen müßte, das bricht die Kette!“ rief er laut, und mit kräftigeren Schritten ging er weiter.

Der Rabe Gaspard war auf seinen Fersen; und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0183" n="179"/>
ein anderes noch war ihm gekommen: ein Wort, das er als Knabe aus seines Vaters Mund vernommen hatte. Ein Graf von Orlamünde hatte derzeit von seinem Weibe wollen, um eine Schönere zu freien; aber kein Laie hatte zwischen den beiden Eheleuten den gemeinsamen Blutstropfen finden können, der fähig war, den Bund zu lösen. Da machte der Graf ein gut Theil seiner Habe zu Gold und zog nach Rom; und bald mit heiterem Antlitz kam er heim; zwar ohne Gold, aber mit dem Pergament des heiligen Vaters in der Tasche, das wegen zu nahen Blutes die Ehe annullirte. &#x201E;Beim heiligen Bart,&#x201C; hatte Claus Lembeck da gerufen, &#x201E;der Teufel konnt&#x2019; es nicht; der Papst hat es herausgefunden!&#x201C;</p>
        <p>Der Knabe Rolf hatte das Wort gehört und nicht geachtet; jetzt kam es wieder aus der Tiefe, wo das Gedächtniß die Schätze für die Zukunft aufbewahrt. &#x201E;Und wenn dem Orlamünder, warum nicht mir?&#x201C; rief es in ihm. &#x201E;War meiner Großmuhme Gemahl doch gar ein Vetter von den Schauenburgern!&#x201C; Dann dachte er des anderen. &#x201E;Wenn ich es brauchen müßte, das bricht die Kette!&#x201C; rief er laut, und mit kräftigeren Schritten ging er weiter.</p>
        <p>Der Rabe Gaspard war auf seinen Fersen; und
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[179/0183] ein anderes noch war ihm gekommen: ein Wort, das er als Knabe aus seines Vaters Mund vernommen hatte. Ein Graf von Orlamünde hatte derzeit von seinem Weibe wollen, um eine Schönere zu freien; aber kein Laie hatte zwischen den beiden Eheleuten den gemeinsamen Blutstropfen finden können, der fähig war, den Bund zu lösen. Da machte der Graf ein gut Theil seiner Habe zu Gold und zog nach Rom; und bald mit heiterem Antlitz kam er heim; zwar ohne Gold, aber mit dem Pergament des heiligen Vaters in der Tasche, das wegen zu nahen Blutes die Ehe annullirte. „Beim heiligen Bart,“ hatte Claus Lembeck da gerufen, „der Teufel konnt’ es nicht; der Papst hat es herausgefunden!“ Der Knabe Rolf hatte das Wort gehört und nicht geachtet; jetzt kam es wieder aus der Tiefe, wo das Gedächtniß die Schätze für die Zukunft aufbewahrt. „Und wenn dem Orlamünder, warum nicht mir?“ rief es in ihm. „War meiner Großmuhme Gemahl doch gar ein Vetter von den Schauenburgern!“ Dann dachte er des anderen. „Wenn ich es brauchen müßte, das bricht die Kette!“ rief er laut, und mit kräftigeren Schritten ging er weiter. Der Rabe Gaspard war auf seinen Fersen; und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Dieses Werk stammt von Wikisource (John_Riew’, Ein Fest auf Haderslevhuus).

Quelle der Scans: Wikimedia Commons (John Riew’, Ein Fest auf Haderslevhuss).

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885/183
Zitationshilfe: Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885/183>, abgerufen am 22.11.2024.