Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885.

Bild:
<< vorherige Seite

Frau Wulfhild griff nach seiner Hand. "Laß doch das Wild! Daheim ist besserer Zeitvertreib!"

Es trieb ihn dennoch fort; "Reitet nur heim!" rief er; "ich komme früh genug!" Damit entriß er seine Hand der ihren.

Als aber die Dame, roth vor Zorn den Weg nach Dorning eingeschlagen hatte, sprengte Gaspard mit den beiden Rossen ihr zur Seite. "Ereifert Euch nicht, edle Herrin! Der Ritter wird die Wildkatz nimmer jagen; laßt ihn daheim ein edler Wild im Lager finden!"

- - Sie ritten fort; Rolf Lembeck aber drang in den dunklen Wald; aus den Tannen kam er in den Buchenforst; er stand an jedem starken Baum und lugte nach allen Aesten, ob nicht die Lichter des Raubthieres irgendwo herunterfunkelten; aber über ihm war so schwere Waldnacht, daß nur wie Tropfen das Mondlicht hier und da hindurchfiel; zu hören war nichts als nur das Knicken des Unterholzes, das er durchschritt, auch wohl das Zirpen einer Eulenbrut. Er blieb stehen und warf die Armbrust wieder auf den Rücken; "Du warst ein Narr; hier ist kein Jagen in der Finsternß!" Seine Gedanken flogen heim zu seinem Weibe; doch er schüttelte den Kopf. "Nein, nein, Frau Wulfhild"

Frau Wulfhild griff nach seiner Hand. „Laß doch das Wild! Daheim ist besserer Zeitvertreib!“

Es trieb ihn dennoch fort; „Reitet nur heim!“ rief er; „ich komme früh genug!“ Damit entriß er seine Hand der ihren.

Als aber die Dame, roth vor Zorn den Weg nach Dorning eingeschlagen hatte, sprengte Gaspard mit den beiden Rossen ihr zur Seite. „Ereifert Euch nicht, edle Herrin! Der Ritter wird die Wildkatz nimmer jagen; laßt ihn daheim ein edler Wild im Lager finden!“

– – Sie ritten fort; Rolf Lembeck aber drang in den dunklen Wald; aus den Tannen kam er in den Buchenforst; er stand an jedem starken Baum und lugte nach allen Aesten, ob nicht die Lichter des Raubthieres irgendwo herunterfunkelten; aber über ihm war so schwere Waldnacht, daß nur wie Tropfen das Mondlicht hier und da hindurchfiel; zu hören war nichts als nur das Knicken des Unterholzes, das er durchschritt, auch wohl das Zirpen einer Eulenbrut. Er blieb stehen und warf die Armbrust wieder auf den Rücken; „Du warst ein Narr; hier ist kein Jagen in der Finsternß!“ Seine Gedanken flogen heim zu seinem Weibe; doch er schüttelte den Kopf. „Nein, nein, Frau Wulfhild“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0146" n="142"/>
        <p>Frau Wulfhild griff nach seiner Hand. &#x201E;Laß doch das Wild! Daheim ist besserer Zeitvertreib!&#x201C;</p>
        <p>Es trieb ihn dennoch fort; &#x201E;Reitet nur heim!&#x201C; rief er; &#x201E;ich komme früh genug!&#x201C; Damit entriß er seine Hand der ihren.</p>
        <p>Als aber die Dame, roth vor Zorn den Weg nach Dorning eingeschlagen hatte, sprengte Gaspard mit den beiden Rossen ihr zur Seite. &#x201E;Ereifert Euch nicht, edle Herrin! Der Ritter wird die Wildkatz nimmer jagen; laßt ihn daheim ein edler Wild im Lager finden!&#x201C;</p>
        <p>&#x2013; &#x2013; Sie ritten fort; Rolf Lembeck aber drang in den dunklen Wald; aus den Tannen kam er in den Buchenforst; er stand an jedem starken Baum und lugte nach allen Aesten, ob nicht die Lichter des Raubthieres irgendwo herunterfunkelten; aber über ihm war so schwere Waldnacht, daß nur wie Tropfen das Mondlicht hier und da hindurchfiel; zu hören war nichts als nur das Knicken des Unterholzes, das er durchschritt, auch wohl das Zirpen einer Eulenbrut. Er blieb stehen und warf die Armbrust wieder auf den Rücken; &#x201E;Du warst ein Narr; hier ist kein Jagen in der Finsternß!&#x201C; Seine Gedanken flogen heim zu seinem Weibe; doch er schüttelte den Kopf. &#x201E;Nein, nein, Frau Wulfhild&#x201C;
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[142/0146] Frau Wulfhild griff nach seiner Hand. „Laß doch das Wild! Daheim ist besserer Zeitvertreib!“ Es trieb ihn dennoch fort; „Reitet nur heim!“ rief er; „ich komme früh genug!“ Damit entriß er seine Hand der ihren. Als aber die Dame, roth vor Zorn den Weg nach Dorning eingeschlagen hatte, sprengte Gaspard mit den beiden Rossen ihr zur Seite. „Ereifert Euch nicht, edle Herrin! Der Ritter wird die Wildkatz nimmer jagen; laßt ihn daheim ein edler Wild im Lager finden!“ – – Sie ritten fort; Rolf Lembeck aber drang in den dunklen Wald; aus den Tannen kam er in den Buchenforst; er stand an jedem starken Baum und lugte nach allen Aesten, ob nicht die Lichter des Raubthieres irgendwo herunterfunkelten; aber über ihm war so schwere Waldnacht, daß nur wie Tropfen das Mondlicht hier und da hindurchfiel; zu hören war nichts als nur das Knicken des Unterholzes, das er durchschritt, auch wohl das Zirpen einer Eulenbrut. Er blieb stehen und warf die Armbrust wieder auf den Rücken; „Du warst ein Narr; hier ist kein Jagen in der Finsternß!“ Seine Gedanken flogen heim zu seinem Weibe; doch er schüttelte den Kopf. „Nein, nein, Frau Wulfhild“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Dieses Werk stammt von Wikisource (John_Riew’, Ein Fest auf Haderslevhuus).

Quelle der Scans: Wikimedia Commons (John Riew’, Ein Fest auf Haderslevhuss).

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885/146
Zitationshilfe: Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885/146>, abgerufen am 04.05.2024.