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Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885.

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breitet und sank in furchtbarem Schweigen auf die Erde.

"Kommt!" sprach der Ritter leise, indem er mit den Seinen zuerst die Treppenstufen hinabstieg. Und alle folgten ihm nach unten zu der kleinen Burgkapelle, deren Thorklinke nur noch mit tappender Hand zu finden war. Drinnen aber zogen schwarze Nebelflocken unter der gewölbten Decke und verbargen das Antlitz des crucifixus über dem Hauptaltar; und von dem Bilde der Mutter Gottes scholl die zerrissene Stimme der alten Schaffnerin. "O heilige Jungfrau, deine Augen! Wo sind deine Augen?" Alle lagen auf ihren Knien in den Stühlen und beteten stumm oder schrieen mit gerungenen Händen zu Gott und allen seinen Helfern.

Sie hätten es sich sparen können; denn der schwarze Tod war gekommen, der die Welt leer fraß und gegen den nichts half als sterben.

In selbiger Nacht noch blies er den jüngsten Knaben an, und sein Eingeweide brannte, seine Lippen wurden wie Ruß, und am dritten Tage war statt des schönen Knaben ein schreckhafter blauschwarzer Leichnam auf dem in Todesqual zerwühlten Bette; dann griff er nach der schönen ältesten Tochter; dann nach den beiden anderen

breitet und sank in furchtbarem Schweigen auf die Erde.

„Kommt!“ sprach der Ritter leise, indem er mit den Seinen zuerst die Treppenstufen hinabstieg. Und alle folgten ihm nach unten zu der kleinen Burgkapelle, deren Thorklinke nur noch mit tappender Hand zu finden war. Drinnen aber zogen schwarze Nebelflocken unter der gewölbten Decke und verbargen das Antlitz des crucifixus über dem Hauptaltar; und von dem Bilde der Mutter Gottes scholl die zerrissene Stimme der alten Schaffnerin. „O heilige Jungfrau, deine Augen! Wo sind deine Augen?“ Alle lagen auf ihren Knien in den Stühlen und beteten stumm oder schrieen mit gerungenen Händen zu Gott und allen seinen Helfern.

Sie hätten es sich sparen können; denn der schwarze Tod war gekommen, der die Welt leer fraß und gegen den nichts half als sterben.

In selbiger Nacht noch blies er den jüngsten Knaben an, und sein Eingeweide brannte, seine Lippen wurden wie Ruß, und am dritten Tage war statt des schönen Knaben ein schreckhafter blauschwarzer Leichnam auf dem in Todesqual zerwühlten Bette; dann griff er nach der schönen ältesten Tochter; dann nach den beiden anderen

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[127/0131] breitet und sank in furchtbarem Schweigen auf die Erde. „Kommt!“ sprach der Ritter leise, indem er mit den Seinen zuerst die Treppenstufen hinabstieg. Und alle folgten ihm nach unten zu der kleinen Burgkapelle, deren Thorklinke nur noch mit tappender Hand zu finden war. Drinnen aber zogen schwarze Nebelflocken unter der gewölbten Decke und verbargen das Antlitz des crucifixus über dem Hauptaltar; und von dem Bilde der Mutter Gottes scholl die zerrissene Stimme der alten Schaffnerin. „O heilige Jungfrau, deine Augen! Wo sind deine Augen?“ Alle lagen auf ihren Knien in den Stühlen und beteten stumm oder schrieen mit gerungenen Händen zu Gott und allen seinen Helfern. Sie hätten es sich sparen können; denn der schwarze Tod war gekommen, der die Welt leer fraß und gegen den nichts half als sterben. In selbiger Nacht noch blies er den jüngsten Knaben an, und sein Eingeweide brannte, seine Lippen wurden wie Ruß, und am dritten Tage war statt des schönen Knaben ein schreckhafter blauschwarzer Leichnam auf dem in Todesqual zerwühlten Bette; dann griff er nach der schönen ältesten Tochter; dann nach den beiden anderen

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Quelle der Scans: Wikimedia Commons (John Riew’, Ein Fest auf Haderslevhuss).

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885/131>, abgerufen am 22.11.2024.