Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885.

Bild:
<< vorherige Seite

Bolzen flog von des Knaben Armbrust; eine Feder stob aus dem Schmetterling und wurde von dem Wind hoch in die Luft getragen. Da klatschten alle in die Hände, der Vater und die Mutter auch, und die süße Dagmar schlug ihr Kinderlachen auf und hörte nicht auf, sich ihre Händchen roth zu patschen.

- Es wurde alles anders. - Einige Jahre später, es war an einem Nachmittage des Septembers 1349, da der Ritter mit seinem Schreiber an der Arbeit saß, kamen die damals elfjährige Dagmar und der um ein Jahr ältere Bruder Axel mit erschreckten Gesichtern zu ihm hineingestürzt. Etwas unwillig blickte er auf; "Was ist? Was habt ihr, Kinder?"

Sie waren fast außer Athem; aber Dagmar, das schmächtige Ding, war, wie um Furchtbares zu erzählen, mit erhobenen Armen vor ihn hingetreten.

"Nacht!" rief sie. "Es wird Nacht, Vater!" und aus dem schmalen Gesichtlein sahen die schwarzen Augen zu ihm auf.

Der Ritter blickte um sich. die Sonne war erloschen; die Wände des Gemaches standen öd und lichtlos.

"Ja, Herr," sagte der Schreiber; "es fällt wie Asche auf die Schrift."

Bolzen flog von des Knaben Armbrust; eine Feder stob aus dem Schmetterling und wurde von dem Wind hoch in die Luft getragen. Da klatschten alle in die Hände, der Vater und die Mutter auch, und die süße Dagmar schlug ihr Kinderlachen auf und hörte nicht auf, sich ihre Händchen roth zu patschen.

- Es wurde alles anders. – Einige Jahre später, es war an einem Nachmittage des Septembers 1349, da der Ritter mit seinem Schreiber an der Arbeit saß, kamen die damals elfjährige Dagmar und der um ein Jahr ältere Bruder Axel mit erschreckten Gesichtern zu ihm hineingestürzt. Etwas unwillig blickte er auf; „Was ist? Was habt ihr, Kinder?“

Sie waren fast außer Athem; aber Dagmar, das schmächtige Ding, war, wie um Furchtbares zu erzählen, mit erhobenen Armen vor ihn hingetreten.

„Nacht!“ rief sie. „Es wird Nacht, Vater!“ und aus dem schmalen Gesichtlein sahen die schwarzen Augen zu ihm auf.

Der Ritter blickte um sich. die Sonne war erloschen; die Wände des Gemaches standen öd und lichtlos.

„Ja, Herr,“ sagte der Schreiber; „es fällt wie Asche auf die Schrift.“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0129" n="125"/>
Bolzen flog von des Knaben Armbrust; eine Feder stob aus dem Schmetterling und wurde von dem Wind hoch in die Luft getragen. Da klatschten alle in die Hände, der Vater und die Mutter auch, und die süße Dagmar schlug ihr Kinderlachen auf und hörte nicht auf, sich ihre Händchen roth zu patschen.</p>
        <p>- Es wurde alles anders. &#x2013; Einige Jahre später, es war an einem Nachmittage des Septembers 1349, da der Ritter mit seinem Schreiber an der Arbeit saß, kamen die damals elfjährige Dagmar und der um ein Jahr ältere Bruder Axel mit erschreckten Gesichtern zu ihm hineingestürzt. Etwas unwillig blickte er auf; &#x201E;Was ist? Was habt ihr, Kinder?&#x201C;</p>
        <p>Sie waren fast außer Athem; aber Dagmar, das schmächtige Ding, war, wie um Furchtbares zu erzählen, mit erhobenen Armen vor ihn hingetreten.</p>
        <p>&#x201E;Nacht!&#x201C; rief sie. &#x201E;Es wird Nacht, Vater!&#x201C; und aus dem schmalen Gesichtlein sahen die schwarzen Augen zu ihm auf.</p>
        <p>Der Ritter blickte um sich. die Sonne war erloschen; die Wände des Gemaches standen öd und lichtlos.</p>
        <p>&#x201E;Ja, Herr,&#x201C; sagte der Schreiber; &#x201E;es fällt wie Asche auf die Schrift.&#x201C;</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[125/0129] Bolzen flog von des Knaben Armbrust; eine Feder stob aus dem Schmetterling und wurde von dem Wind hoch in die Luft getragen. Da klatschten alle in die Hände, der Vater und die Mutter auch, und die süße Dagmar schlug ihr Kinderlachen auf und hörte nicht auf, sich ihre Händchen roth zu patschen. - Es wurde alles anders. – Einige Jahre später, es war an einem Nachmittage des Septembers 1349, da der Ritter mit seinem Schreiber an der Arbeit saß, kamen die damals elfjährige Dagmar und der um ein Jahr ältere Bruder Axel mit erschreckten Gesichtern zu ihm hineingestürzt. Etwas unwillig blickte er auf; „Was ist? Was habt ihr, Kinder?“ Sie waren fast außer Athem; aber Dagmar, das schmächtige Ding, war, wie um Furchtbares zu erzählen, mit erhobenen Armen vor ihn hingetreten. „Nacht!“ rief sie. „Es wird Nacht, Vater!“ und aus dem schmalen Gesichtlein sahen die schwarzen Augen zu ihm auf. Der Ritter blickte um sich. die Sonne war erloschen; die Wände des Gemaches standen öd und lichtlos. „Ja, Herr,“ sagte der Schreiber; „es fällt wie Asche auf die Schrift.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Dieses Werk stammt von Wikisource (John_Riew’, Ein Fest auf Haderslevhuus).

Quelle der Scans: Wikimedia Commons (John Riew’, Ein Fest auf Haderslevhuss).

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885/129
Zitationshilfe: Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_riew_1885/129>, abgerufen am 04.05.2024.