Storm, Theodor: John Riew', Ein Fest auf Haderslevhuus. Zwei Novellen. Berlin, 1885.Gaspard zog Nase und Mund herunter, als müsse er eine neue Weisheit niederschlucken; dann sprang er mit rascher Bewegung in die Höhe, um seiner Herrin das Gewand zu küssen. Als die Hochzeit auf dem Hof der Braut gehalten war, zog Claus Lembeck nach der Insel zu seinem Burgbau; der Baumeister hatte ihn gerufen, denn zwischen den Werkleuten, da die dortigen Männer meist auf Seefahrt waren, befand sich viel fremdes und wüstes Volk, so daß des mächtigen Bauherrn eigene Person von Nöthen war; auch stand das Werk so weit gediehen, als dieser den Plan genehmigt hatte. Die jungen Ehesponsen aber zogen in der Frühe eines heiteren Aprilmorgens mit einem Gefolge von Dienern, Amtleuten und Frauen zu Wagen und zu Rosse nordwärts hinaus durch Schleswig nach dem Schlosse Dorning. Sie saßen nicht in weichen Kissen: neben einander, aber jeder auf eigenem Rosse - Frau Wulfhild auf ihrem lichten Schimmel, auf seinem schwarzen Hengste Rolf - waren sie an der Spitze des Zuges geritten; doch oftmals drängten die Thiere sich zusammen; dann warf das Weib sich mit der Brust zu ihm hinüber, Gaspard zog Nase und Mund herunter, als müsse er eine neue Weisheit niederschlucken; dann sprang er mit rascher Bewegung in die Höhe, um seiner Herrin das Gewand zu küssen. Als die Hochzeit auf dem Hof der Braut gehalten war, zog Claus Lembeck nach der Insel zu seinem Burgbau; der Baumeister hatte ihn gerufen, denn zwischen den Werkleuten, da die dortigen Männer meist auf Seefahrt waren, befand sich viel fremdes und wüstes Volk, so daß des mächtigen Bauherrn eigene Person von Nöthen war; auch stand das Werk so weit gediehen, als dieser den Plan genehmigt hatte. Die jungen Ehesponsen aber zogen in der Frühe eines heiteren Aprilmorgens mit einem Gefolge von Dienern, Amtleuten und Frauen zu Wagen und zu Rosse nordwärts hinaus durch Schleswig nach dem Schlosse Dorning. Sie saßen nicht in weichen Kissen: neben einander, aber jeder auf eigenem Rosse – Frau Wulfhild auf ihrem lichten Schimmel, auf seinem schwarzen Hengste Rolf – waren sie an der Spitze des Zuges geritten; doch oftmals drängten die Thiere sich zusammen; dann warf das Weib sich mit der Brust zu ihm hinüber, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0122" n="118"/> <p>Gaspard zog Nase und Mund herunter, als müsse er eine neue Weisheit niederschlucken; dann sprang er mit rascher Bewegung in die Höhe, um seiner Herrin das Gewand zu küssen.</p> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Als die Hochzeit auf dem Hof der Braut gehalten war, zog Claus Lembeck nach der Insel zu seinem Burgbau; der Baumeister hatte ihn gerufen, denn zwischen den Werkleuten, da die dortigen Männer meist auf Seefahrt waren, befand sich viel fremdes und wüstes Volk, so daß des mächtigen Bauherrn eigene Person von Nöthen war; auch stand das Werk so weit gediehen, als dieser den Plan genehmigt hatte. Die jungen Ehesponsen aber zogen in der Frühe eines heiteren Aprilmorgens mit einem Gefolge von Dienern, Amtleuten und Frauen zu Wagen und zu Rosse nordwärts hinaus durch Schleswig nach dem Schlosse Dorning. Sie saßen nicht in weichen Kissen: neben einander, aber jeder auf eigenem Rosse – Frau Wulfhild auf ihrem lichten Schimmel, auf seinem schwarzen Hengste Rolf – waren sie an der Spitze des Zuges geritten; doch oftmals drängten die Thiere sich zusammen; dann warf das Weib sich mit der Brust zu ihm hinüber, </p> </div> </body> </text> </TEI> [118/0122]
Gaspard zog Nase und Mund herunter, als müsse er eine neue Weisheit niederschlucken; dann sprang er mit rascher Bewegung in die Höhe, um seiner Herrin das Gewand zu küssen.
Als die Hochzeit auf dem Hof der Braut gehalten war, zog Claus Lembeck nach der Insel zu seinem Burgbau; der Baumeister hatte ihn gerufen, denn zwischen den Werkleuten, da die dortigen Männer meist auf Seefahrt waren, befand sich viel fremdes und wüstes Volk, so daß des mächtigen Bauherrn eigene Person von Nöthen war; auch stand das Werk so weit gediehen, als dieser den Plan genehmigt hatte. Die jungen Ehesponsen aber zogen in der Frühe eines heiteren Aprilmorgens mit einem Gefolge von Dienern, Amtleuten und Frauen zu Wagen und zu Rosse nordwärts hinaus durch Schleswig nach dem Schlosse Dorning. Sie saßen nicht in weichen Kissen: neben einander, aber jeder auf eigenem Rosse – Frau Wulfhild auf ihrem lichten Schimmel, auf seinem schwarzen Hengste Rolf – waren sie an der Spitze des Zuges geritten; doch oftmals drängten die Thiere sich zusammen; dann warf das Weib sich mit der Brust zu ihm hinüber,
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