Storm, Theodor: Eine Malerarbeit. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 257–304. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.ist ein wunderlich Spiel, versetzte er, seit er die Dummheit da begangen, ist er mir wie ausgewechselt; als ich ihn gefragt habe: Was willst du denn nun eigentlich, Paul? hat er geantwortet: Was Ihr wollt, Vater, mir gilt's gleich! Aber gesprochen hat er kein Wort, und nach dem Abendbrode geht er auf seine Kammer; ob er dort schläft oder wacht, ich weiß es nicht. Seht -- dies Wesen will mir eben so wenig gefallen. Was meint Ihr, wenn Ihr einmal ein vernünftig Wort mit ihm zu reden suchtet? Ihr könntet mir einen rechten Dienst erweisen; ich selbst verstehe die Worte nicht so zu setzen. Der Mann sah erwartungsvoll zu mir auf; die Sorge um sein Kind stand leserlich in seinen harten Zügen. Aber, erwiderte ich, wenn er nun wieder von seiner Malerei beginnt? Solch dummes Zeug müßt Ihr ihm eben auszureden suchen! Aber weßhalb denn sollte er nicht Maler werden? Weßhalb? -- Er hat eine volle Hufe; er braucht so brodlose Künste nicht zu treiben. Ich wagte einen kühnen Schritt. Als ich meine Wohnung verließ, hatte ich in dem Gedanken, sofort in die weite Welt zu laufen, meine paar Kassenscheine in mein Taschenbuch gesteckt. Jetzt zog ich es hervor und schlug es vor dem Alten auf. ist ein wunderlich Spiel, versetzte er, seit er die Dummheit da begangen, ist er mir wie ausgewechselt; als ich ihn gefragt habe: Was willst du denn nun eigentlich, Paul? hat er geantwortet: Was Ihr wollt, Vater, mir gilt's gleich! Aber gesprochen hat er kein Wort, und nach dem Abendbrode geht er auf seine Kammer; ob er dort schläft oder wacht, ich weiß es nicht. Seht — dies Wesen will mir eben so wenig gefallen. Was meint Ihr, wenn Ihr einmal ein vernünftig Wort mit ihm zu reden suchtet? Ihr könntet mir einen rechten Dienst erweisen; ich selbst verstehe die Worte nicht so zu setzen. Der Mann sah erwartungsvoll zu mir auf; die Sorge um sein Kind stand leserlich in seinen harten Zügen. Aber, erwiderte ich, wenn er nun wieder von seiner Malerei beginnt? Solch dummes Zeug müßt Ihr ihm eben auszureden suchen! Aber weßhalb denn sollte er nicht Maler werden? Weßhalb? — Er hat eine volle Hufe; er braucht so brodlose Künste nicht zu treiben. Ich wagte einen kühnen Schritt. Als ich meine Wohnung verließ, hatte ich in dem Gedanken, sofort in die weite Welt zu laufen, meine paar Kassenscheine in mein Taschenbuch gesteckt. Jetzt zog ich es hervor und schlug es vor dem Alten auf. <TEI> <text> <body> <div n="3"> <p><pb facs="#f0041"/> ist ein wunderlich Spiel, versetzte er, seit er die Dummheit da begangen, ist er mir wie ausgewechselt; als ich ihn gefragt habe: Was willst du denn nun eigentlich, Paul? hat er geantwortet: Was Ihr wollt, Vater, mir gilt's gleich! Aber gesprochen hat er kein Wort, und nach dem Abendbrode geht er auf seine Kammer; ob er dort schläft oder wacht, ich weiß es nicht. Seht — dies Wesen will mir eben so wenig gefallen. Was meint Ihr, wenn Ihr einmal ein vernünftig Wort mit ihm zu reden suchtet? Ihr könntet mir einen rechten Dienst erweisen; ich selbst verstehe die Worte nicht so zu setzen.</p><lb/> <p>Der Mann sah erwartungsvoll zu mir auf; die Sorge um sein Kind stand leserlich in seinen harten Zügen.</p><lb/> <p>Aber, erwiderte ich, wenn er nun wieder von seiner Malerei beginnt?</p><lb/> <p>Solch dummes Zeug müßt Ihr ihm eben auszureden suchen!</p><lb/> <p>Aber weßhalb denn sollte er nicht Maler werden?</p><lb/> <p>Weßhalb? — Er hat eine volle Hufe; er braucht so brodlose Künste nicht zu treiben.</p><lb/> <p>Ich wagte einen kühnen Schritt. Als ich meine Wohnung verließ, hatte ich in dem Gedanken, sofort in die weite Welt zu laufen, meine paar Kassenscheine in mein Taschenbuch gesteckt. Jetzt zog ich es hervor und schlug es vor dem Alten auf.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0041]
ist ein wunderlich Spiel, versetzte er, seit er die Dummheit da begangen, ist er mir wie ausgewechselt; als ich ihn gefragt habe: Was willst du denn nun eigentlich, Paul? hat er geantwortet: Was Ihr wollt, Vater, mir gilt's gleich! Aber gesprochen hat er kein Wort, und nach dem Abendbrode geht er auf seine Kammer; ob er dort schläft oder wacht, ich weiß es nicht. Seht — dies Wesen will mir eben so wenig gefallen. Was meint Ihr, wenn Ihr einmal ein vernünftig Wort mit ihm zu reden suchtet? Ihr könntet mir einen rechten Dienst erweisen; ich selbst verstehe die Worte nicht so zu setzen.
Der Mann sah erwartungsvoll zu mir auf; die Sorge um sein Kind stand leserlich in seinen harten Zügen.
Aber, erwiderte ich, wenn er nun wieder von seiner Malerei beginnt?
Solch dummes Zeug müßt Ihr ihm eben auszureden suchen!
Aber weßhalb denn sollte er nicht Maler werden?
Weßhalb? — Er hat eine volle Hufe; er braucht so brodlose Künste nicht zu treiben.
Ich wagte einen kühnen Schritt. Als ich meine Wohnung verließ, hatte ich in dem Gedanken, sofort in die weite Welt zu laufen, meine paar Kassenscheine in mein Taschenbuch gesteckt. Jetzt zog ich es hervor und schlug es vor dem Alten auf.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/storm_malerarbeit_1910 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/storm_malerarbeit_1910/41 |
Zitationshilfe: | Storm, Theodor: Eine Malerarbeit. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 257–304. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_malerarbeit_1910/41>, abgerufen am 25.07.2024. |