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Storm, Theodor: Eine Malerarbeit. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 257–304. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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So stand die Sache, als mein Onkel eines Tages in der schönen Junizeit auf Gertrud's Antrieb eine Wald- und Bergpartie veranstaltete, zu der ich außer Anderen auch unseren Maler einzuladen hatte. -- Als ich am Tage vorher in sein Zimmer trat, fand ich ihn arbeitend vor seiner Staffelei; aber sie war vor den Spiegel gerückt, wo des einfallenden Lichtes wegen augenscheinlich ein schlechter Platz zum Malen war, und wo ich sie nie zuvor gesehen hatte. Laß dich nicht stören! rief ich ihm zu.

Nur -- ein paar Striche noch! erwiderte er, und sein Athem ging keuchend aus der Brust hervor, wie es in Aufregung oder Anstrengung bei ihm zu geschehen pflegte. Unter dem Malen bog er den Kopf zur Seite und blickte eine Weile gegenüber in den Spiegel und gleich danach auf eine Statuette der Venus von Milo, die seitwärts auf einem Tischchen stand. Dann, mit einem kurzen scharfen Lachen, das wie ein Hohn aus der Tiefe des gebrechlichen Leibes hervorbrach, ließ er wiederum den Pinsel eifrig auf der Leinwand arbeiten. Ich sah eine Weile zu, dann aber fragte ich: Was zum Henker treibst denn du da?

Ich, Verehrtester? -- Ich arbeite in Contrasten.

Das ist eine schlechte Kunst.

Es ist gar keine Kunst, erwiderte er, indem er den Malstock auf den Boden stützte und den Körper wie erschlafft in sich zusammensinken ließ. Keine Spur von Kunst, Arnold, eitel nichtswürdige Abschrift der Natur. Das kleine borstige Ungeheuer dort im Spiegel ist in

So stand die Sache, als mein Onkel eines Tages in der schönen Junizeit auf Gertrud's Antrieb eine Wald- und Bergpartie veranstaltete, zu der ich außer Anderen auch unseren Maler einzuladen hatte. — Als ich am Tage vorher in sein Zimmer trat, fand ich ihn arbeitend vor seiner Staffelei; aber sie war vor den Spiegel gerückt, wo des einfallenden Lichtes wegen augenscheinlich ein schlechter Platz zum Malen war, und wo ich sie nie zuvor gesehen hatte. Laß dich nicht stören! rief ich ihm zu.

Nur — ein paar Striche noch! erwiderte er, und sein Athem ging keuchend aus der Brust hervor, wie es in Aufregung oder Anstrengung bei ihm zu geschehen pflegte. Unter dem Malen bog er den Kopf zur Seite und blickte eine Weile gegenüber in den Spiegel und gleich danach auf eine Statuette der Venus von Milo, die seitwärts auf einem Tischchen stand. Dann, mit einem kurzen scharfen Lachen, das wie ein Hohn aus der Tiefe des gebrechlichen Leibes hervorbrach, ließ er wiederum den Pinsel eifrig auf der Leinwand arbeiten. Ich sah eine Weile zu, dann aber fragte ich: Was zum Henker treibst denn du da?

Ich, Verehrtester? — Ich arbeite in Contrasten.

Das ist eine schlechte Kunst.

Es ist gar keine Kunst, erwiderte er, indem er den Malstock auf den Boden stützte und den Körper wie erschlafft in sich zusammensinken ließ. Keine Spur von Kunst, Arnold, eitel nichtswürdige Abschrift der Natur. Das kleine borstige Ungeheuer dort im Spiegel ist in

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T12:17:45Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T12:17:45Z)

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: Eine Malerarbeit. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 257–304. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_malerarbeit_1910/15>, abgerufen am 24.11.2024.