Storm, Theodor: Immensee. Berlin, 1852.sich und pflückte etwas von den am Boden wachsenden Sie sah ihn fragend an. Es ist eine Erica. Ich Ich habe zu Hause ein altes Buch, sagte er; ich Sie nickte stumm; aber sie schlug die Augen nieder Elisabeth, sagte er, -- hinter jenen blauen Bergen Sie sprachen nichts mehr; sie gingen stumm neben ſich und pflückte etwas von den am Boden wachſenden Sie ſah ihn fragend an. Es iſt eine Erica. Ich Ich habe zu Hauſe ein altes Buch, ſagte er; ich Sie nickte ſtumm; aber ſie ſchlug die Augen nieder Eliſabeth, ſagte er, — hinter jenen blauen Bergen Sie ſprachen nichts mehr; ſie gingen ſtumm neben <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0061" n="55"/> ſich und pflückte etwas von den am Boden wachſenden<lb/> Kräutern. Als er wieder aufſah, trug ſein Geſicht<lb/> den Ausdruck leidenſchaftlichen Schmerzes. Kennſt<lb/> du dieſe Blume? fragte er.</p><lb/> <p>Sie ſah ihn fragend an. Es iſt eine Erica. Ich<lb/> habe ſie oft im Walde gepflückt.</p><lb/> <p>Ich habe zu Hauſe ein altes Buch, ſagte er; ich<lb/> pflegte ſonſt allerlei Lieder und Reime hineinzuſchrei¬<lb/> ben; es iſt aber lange nicht mehr geſchehen. Zwiſchen<lb/> den Blättern liegt auch eine Erica; aber es iſt nur eine<lb/> verwelkte. Weißt du, wer ſie mir gegeben hat?</p><lb/> <p>Sie nickte ſtumm; aber ſie ſchlug die Augen nieder<lb/> und ſah nur auf das Kraut, das er in der Hand hielt.<lb/> So ſtanden ſie lange. Als ſie die Augen gegen ihn<lb/> aufſchlug, ſah er, daß ſie voll Thränen waren.</p><lb/> <p>Eliſabeth, ſagte er, — hinter jenen blauen Bergen<lb/> liegt unſere Jugend. Wo iſt ſie geblieben?</p><lb/> <p>Sie ſprachen nichts mehr; ſie gingen ſtumm neben<lb/> einander zum See hinab. Die Luft war ſchwül, im<lb/> Weſten ſtieg ſchwarzes Gewölk auf. Es wird Ge¬<lb/> witter, ſagte Eliſabeth, indem ſie ihren Schritt beeilte.<lb/> Reinhardt nickte ſchweigend und beide gingen raſch am<lb/> Ufer entlang, bis ſie ihren Kahn erreicht hatten.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [55/0061]
ſich und pflückte etwas von den am Boden wachſenden
Kräutern. Als er wieder aufſah, trug ſein Geſicht
den Ausdruck leidenſchaftlichen Schmerzes. Kennſt
du dieſe Blume? fragte er.
Sie ſah ihn fragend an. Es iſt eine Erica. Ich
habe ſie oft im Walde gepflückt.
Ich habe zu Hauſe ein altes Buch, ſagte er; ich
pflegte ſonſt allerlei Lieder und Reime hineinzuſchrei¬
ben; es iſt aber lange nicht mehr geſchehen. Zwiſchen
den Blättern liegt auch eine Erica; aber es iſt nur eine
verwelkte. Weißt du, wer ſie mir gegeben hat?
Sie nickte ſtumm; aber ſie ſchlug die Augen nieder
und ſah nur auf das Kraut, das er in der Hand hielt.
So ſtanden ſie lange. Als ſie die Augen gegen ihn
aufſchlug, ſah er, daß ſie voll Thränen waren.
Eliſabeth, ſagte er, — hinter jenen blauen Bergen
liegt unſere Jugend. Wo iſt ſie geblieben?
Sie ſprachen nichts mehr; ſie gingen ſtumm neben
einander zum See hinab. Die Luft war ſchwül, im
Weſten ſtieg ſchwarzes Gewölk auf. Es wird Ge¬
witter, ſagte Eliſabeth, indem ſie ihren Schritt beeilte.
Reinhardt nickte ſchweigend und beide gingen raſch am
Ufer entlang, bis ſie ihren Kahn erreicht hatten.
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