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Storm, Theodor: Immensee. Berlin, 1852.

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Reinhardt und Elisabeth gingen ins Nebenzimmer,
um ihre Pflanzen zu ordnen. Nun wurden Staub¬
fäden gezählt, Blätter und Blüthen sorgfältig ausge¬
breitet und von jeder Art zwei Exemplare zum Trock¬
nen zwischen die Blätter eines großen Folianten
gelegt. Es war sonnige Nachmittagsstille; nur neben
an schnurrte der Mutter Spinnrad und von Zeit zu
Zeit wurde Reinhardts gedämpfte Stimme gehört,
wenn er die Ordnungen und Klassen der Pflanzen
nannte oder Elisabeths ungeschickte Aussprache der
lateinischen Namen corrigirte.

Mir fehlt noch von neulich die Maiblume; sagte
sie jetzt, als der ganze Fund bestimmt und geordnet war.

Reinhardt zog einen kleinen weißen Pergamentband
aus der Tasche. Hier ist ein Maiblumenstengel für
dich; sagte er, indem er die halbgetrocknete Pflanze
herausnahm.

Als Elisabeth die beschriebenen Blätter sah, fragte
sie: Hast du wieder Märchen gedichtet?

Es sind keine Märchen, antwortete er, und reichte
ihr das Buch.

Es waren lauter Verse, die meisten füllten höchstens
eine Seite. Elisabeth wandte ein Blatt nach dem

Storm, Immensee. 3

Reinhardt und Eliſabeth gingen ins Nebenzimmer,
um ihre Pflanzen zu ordnen. Nun wurden Staub¬
fäden gezählt, Blätter und Blüthen ſorgfältig ausge¬
breitet und von jeder Art zwei Exemplare zum Trock¬
nen zwiſchen die Blätter eines großen Folianten
gelegt. Es war ſonnige Nachmittagsſtille; nur neben
an ſchnurrte der Mutter Spinnrad und von Zeit zu
Zeit wurde Reinhardts gedämpfte Stimme gehört,
wenn er die Ordnungen und Klaſſen der Pflanzen
nannte oder Eliſabeths ungeſchickte Ausſprache der
lateiniſchen Namen corrigirte.

Mir fehlt noch von neulich die Maiblume; ſagte
ſie jetzt, als der ganze Fund beſtimmt und geordnet war.

Reinhardt zog einen kleinen weißen Pergamentband
aus der Taſche. Hier iſt ein Maiblumenſtengel für
dich; ſagte er, indem er die halbgetrocknete Pflanze
herausnahm.

Als Eliſabeth die beſchriebenen Blätter ſah, fragte
ſie: Haſt du wieder Märchen gedichtet?

Es ſind keine Märchen, antwortete er, und reichte
ihr das Buch.

Es waren lauter Verſe, die meiſten füllten höchſtens
eine Seite. Eliſabeth wandte ein Blatt nach dem

Storm, Immenſee. 3
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[33/0039] Reinhardt und Eliſabeth gingen ins Nebenzimmer, um ihre Pflanzen zu ordnen. Nun wurden Staub¬ fäden gezählt, Blätter und Blüthen ſorgfältig ausge¬ breitet und von jeder Art zwei Exemplare zum Trock¬ nen zwiſchen die Blätter eines großen Folianten gelegt. Es war ſonnige Nachmittagsſtille; nur neben an ſchnurrte der Mutter Spinnrad und von Zeit zu Zeit wurde Reinhardts gedämpfte Stimme gehört, wenn er die Ordnungen und Klaſſen der Pflanzen nannte oder Eliſabeths ungeſchickte Ausſprache der lateiniſchen Namen corrigirte. Mir fehlt noch von neulich die Maiblume; ſagte ſie jetzt, als der ganze Fund beſtimmt und geordnet war. Reinhardt zog einen kleinen weißen Pergamentband aus der Taſche. Hier iſt ein Maiblumenſtengel für dich; ſagte er, indem er die halbgetrocknete Pflanze herausnahm. Als Eliſabeth die beſchriebenen Blätter ſah, fragte ſie: Haſt du wieder Märchen gedichtet? Es ſind keine Märchen, antwortete er, und reichte ihr das Buch. Es waren lauter Verſe, die meiſten füllten höchſtens eine Seite. Eliſabeth wandte ein Blatt nach dem Storm, Immenſee. 3

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: Immensee. Berlin, 1852, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_immensee_1852/39>, abgerufen am 24.11.2024.