Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storm, Theodor: Gedichte. Kiel, 1852.

Bild:
<< vorherige Seite
Mit den Aesten greifen hinaus in die Nacht,
Mit dem Sturm sich schaukeln in brausender Jagd,
Mit den Blättern im Uebermuth rauschen;
Beim Tanz im Flug
Durch Wolkenzug
Mit dem Mondlicht silberne Blicke tauschen.
Da müht sich der Lehnstuhl die Arme zu recken,
Den Roccocofuß will das Kanapee strecken,
In der Kommode die Schubfächer drängen
Und wollen die rostigen Schlösser sprengen;
Der Eichschrank unter dem kleinen Troß
Steht da, ein finsterer Koloß.
Traumhaft regt er die Klauen an,
Ihm zuckt's in der verlornen Krone;
Doch bricht er nicht den schweren Bann.
Und draußen pfeift ihm der Wind zum Hohne,
Und fährt an die Läden und rüttelt mit Macht,
Bläs't durch die Ritzen, grunzt und lacht,
Schmeißt die Fledermäuse, die kleinen Gespenster
Klitschend gegen die rasselnden Fenster.
Die glupen dumm neugierig hinein --
Da drinn' steht voll der Mondenschein.
Mit den Aeſten greifen hinaus in die Nacht,
Mit dem Sturm ſich ſchaukeln in brauſender Jagd,
Mit den Blättern im Uebermuth rauſchen;
Beim Tanz im Flug
Durch Wolkenzug
Mit dem Mondlicht ſilberne Blicke tauſchen.
Da müht ſich der Lehnſtuhl die Arme zu recken,
Den Roccocofuß will das Kanapee ſtrecken,
In der Kommode die Schubfächer drängen
Und wollen die roſtigen Schlöſſer ſprengen;
Der Eichſchrank unter dem kleinen Troß
Steht da, ein finſterer Koloß.
Traumhaft regt er die Klauen an,
Ihm zuckt's in der verlornen Krone;
Doch bricht er nicht den ſchweren Bann.
Und draußen pfeift ihm der Wind zum Hohne,
Und fährt an die Läden und rüttelt mit Macht,
Bläſ't durch die Ritzen, grunzt und lacht,
Schmeißt die Fledermäuſe, die kleinen Geſpenſter
Klitſchend gegen die raſſelnden Fenſter.
Die glupen dumm neugierig hinein —
Da drinn' ſteht voll der Mondenſchein.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0074" n="64"/>
            <l>Mit den Ae&#x017F;ten greifen hinaus in die Nacht,</l><lb/>
            <l>Mit dem Sturm &#x017F;ich &#x017F;chaukeln in brau&#x017F;ender Jagd,</l><lb/>
            <l>Mit den Blättern im Uebermuth rau&#x017F;chen;</l><lb/>
            <l>Beim Tanz im Flug</l><lb/>
            <l>Durch Wolkenzug</l><lb/>
            <l>Mit dem Mondlicht &#x017F;ilberne Blicke tau&#x017F;chen.</l><lb/>
            <l>Da müht &#x017F;ich der Lehn&#x017F;tuhl die Arme zu recken,</l><lb/>
            <l>Den Roccocofuß will das Kanapee &#x017F;trecken,</l><lb/>
            <l>In der Kommode die Schubfächer drängen</l><lb/>
            <l>Und wollen die ro&#x017F;tigen Schlö&#x017F;&#x017F;er &#x017F;prengen;</l><lb/>
            <l>Der Eich&#x017F;chrank unter dem kleinen Troß</l><lb/>
            <l>Steht da, ein fin&#x017F;terer Koloß.</l><lb/>
            <l>Traumhaft regt er die Klauen an,</l><lb/>
            <l>Ihm zuckt's in der verlornen Krone;</l><lb/>
            <l>Doch bricht er nicht den &#x017F;chweren Bann.</l><lb/>
            <l>Und draußen pfeift ihm der Wind zum Hohne,</l><lb/>
            <l>Und fährt an die Läden und rüttelt mit Macht,</l><lb/>
            <l>Blä&#x017F;'t durch die Ritzen, grunzt und lacht,</l><lb/>
            <l>Schmeißt die Fledermäu&#x017F;e, die kleinen Ge&#x017F;pen&#x017F;ter</l><lb/>
            <l>Klit&#x017F;chend gegen die ra&#x017F;&#x017F;elnden Fen&#x017F;ter.</l><lb/>
            <l>Die glupen dumm neugierig hinein &#x2014;</l><lb/>
            <l>Da drinn' &#x017F;teht voll der Monden&#x017F;chein.</l><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[64/0074] Mit den Aeſten greifen hinaus in die Nacht, Mit dem Sturm ſich ſchaukeln in brauſender Jagd, Mit den Blättern im Uebermuth rauſchen; Beim Tanz im Flug Durch Wolkenzug Mit dem Mondlicht ſilberne Blicke tauſchen. Da müht ſich der Lehnſtuhl die Arme zu recken, Den Roccocofuß will das Kanapee ſtrecken, In der Kommode die Schubfächer drängen Und wollen die roſtigen Schlöſſer ſprengen; Der Eichſchrank unter dem kleinen Troß Steht da, ein finſterer Koloß. Traumhaft regt er die Klauen an, Ihm zuckt's in der verlornen Krone; Doch bricht er nicht den ſchweren Bann. Und draußen pfeift ihm der Wind zum Hohne, Und fährt an die Läden und rüttelt mit Macht, Bläſ't durch die Ritzen, grunzt und lacht, Schmeißt die Fledermäuſe, die kleinen Geſpenſter Klitſchend gegen die raſſelnden Fenſter. Die glupen dumm neugierig hinein — Da drinn' ſteht voll der Mondenſchein.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_gedichte_1852
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_gedichte_1852/74
Zitationshilfe: Storm, Theodor: Gedichte. Kiel, 1852, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_gedichte_1852/74>, abgerufen am 24.11.2024.