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Storm, Theodor: Ein Doppelgänger. Novelle. Berlin, 1887.

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Aber ich kannte daheim alle jungen Mädchen unseres Schlages innerhalb der letzten dreißig Jahre: ich wußte keine, die so weit gen Süden geheirathet hätte. "Sie irren sich vielleicht", sagte ich zu dem Wirth, "wie ist denn der Jungfernname der Frau Oberförster?"

"Kann nicht damit dienen, Herr," entgegnete er, "aber mir ist's noch just wie heute, als die seligen Eltern des Herrn Oberförsters, die alten Pfarrersleute, mit dem derzeit kaum achtjährigen Dirnlein hier vorgefahren kamen."

- - Ich wollte nicht weiter fragen und ließ es für itzt dabei bewenden; nur den Weg zur Oberförsterei ließ ich mir noch einmal, wie zuvor schon von dem Besitzer derselben, eingehend berichten.



Und schon in der Frühe des andern Morgens, als noch die Thautropfen auf den Blättern lagen und die ersten Vogelstimmen am Wege aus den Büschen riefen, befand ich mich auf der Wanderung. Nachdem ich etwa eine Stunde, zuletzt an einem Eichenwald entlang, gegangen war, bog ich gemäß der empfangenen Weisung in einen breiten Fahrweg

Aber ich kannte daheim alle jungen Mädchen unseres Schlages innerhalb der letzten dreißig Jahre: ich wußte keine, die so weit gen Süden geheirathet hätte. „Sie irren sich vielleicht“, sagte ich zu dem Wirth, „wie ist denn der Jungfernname der Frau Oberförster?“

„Kann nicht damit dienen, Herr,“ entgegnete er, „aber mir ist’s noch just wie heute, als die seligen Eltern des Herrn Oberförsters, die alten Pfarrersleute, mit dem derzeit kaum achtjährigen Dirnlein hier vorgefahren kamen.“

– – Ich wollte nicht weiter fragen und ließ es für itzt dabei bewenden; nur den Weg zur Oberförsterei ließ ich mir noch einmal, wie zuvor schon von dem Besitzer derselben, eingehend berichten.



Und schon in der Frühe des andern Morgens, als noch die Thautropfen auf den Blättern lagen und die ersten Vogelstimmen am Wege aus den Büschen riefen, befand ich mich auf der Wanderung. Nachdem ich etwa eine Stunde, zuletzt an einem Eichenwald entlang, gegangen war, bog ich gemäß der empfangenen Weisung in einen breiten Fahrweg

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[14/0014] Aber ich kannte daheim alle jungen Mädchen unseres Schlages innerhalb der letzten dreißig Jahre: ich wußte keine, die so weit gen Süden geheirathet hätte. „Sie irren sich vielleicht“, sagte ich zu dem Wirth, „wie ist denn der Jungfernname der Frau Oberförster?“ „Kann nicht damit dienen, Herr,“ entgegnete er, „aber mir ist’s noch just wie heute, als die seligen Eltern des Herrn Oberförsters, die alten Pfarrersleute, mit dem derzeit kaum achtjährigen Dirnlein hier vorgefahren kamen.“ – – Ich wollte nicht weiter fragen und ließ es für itzt dabei bewenden; nur den Weg zur Oberförsterei ließ ich mir noch einmal, wie zuvor schon von dem Besitzer derselben, eingehend berichten. Und schon in der Frühe des andern Morgens, als noch die Thautropfen auf den Blättern lagen und die ersten Vogelstimmen am Wege aus den Büschen riefen, befand ich mich auf der Wanderung. Nachdem ich etwa eine Stunde, zuletzt an einem Eichenwald entlang, gegangen war, bog ich gemäß der empfangenen Weisung in einen breiten Fahrweg

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: Ein Doppelgänger. Novelle. Berlin, 1887, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_doppelgaenger_1887/14>, abgerufen am 27.04.2024.