Storm, Theodor: Ein Doppelgänger. Novelle. Berlin, 1887.aber mir war, als ob ein herzlicher Blick von ihm mich streifte. "Ich danke Ihnen, lieber Freund", sagte er dann; "aber der Vater meiner Frau - ich hatte freilich nur Weniges von ihm gehört, - ist mir nimmer so erschienen." "Und wie denn anders?" frug ich. Er antwortete nicht mehr; sinnend gingen wir nebeneinander, bis wir das Haus erreicht hatten. "Ihr seid sehr langsam gegangen", sagte Frau Christine, als sie uns entgegentrat; "Ihr habt mich schier vergessen!" - - Als ich am andern Morgen fortging, begleiteten mich beide, bis wo der Waldweg in die Landstraße ausläuft. "Wir schreiben Ihnen einmal!" sagte der Oberförster. "Ich bin sonst kein Briefsteller; aber gewiß, ich thu's; wir müssen Sie festzuhalten suchen, damit Sie einmal wieder den Weg zu uns hinaus finden!" "Ja, kommen Sie wieder!" rief Frau Christine; "versprechen Sie es; Ihr Abschied würde uns nicht so traurig machen!" Ich versprach es gern; dann reichten beide mir die Hand, und ich stand und sah sie fortgehen; aber mir war, als ob ein herzlicher Blick von ihm mich streifte. „Ich danke Ihnen, lieber Freund“, sagte er dann; „aber der Vater meiner Frau – ich hatte freilich nur Weniges von ihm gehört, – ist mir nimmer so erschienen.“ „Und wie denn anders?“ frug ich. Er antwortete nicht mehr; sinnend gingen wir nebeneinander, bis wir das Haus erreicht hatten. „Ihr seid sehr langsam gegangen“, sagte Frau Christine, als sie uns entgegentrat; „Ihr habt mich schier vergessen!“ – – Als ich am andern Morgen fortging, begleiteten mich beide, bis wo der Waldweg in die Landstraße ausläuft. „Wir schreiben Ihnen einmal!“ sagte der Oberförster. „Ich bin sonst kein Briefsteller; aber gewiß, ich thu’s; wir müssen Sie festzuhalten suchen, damit Sie einmal wieder den Weg zu uns hinaus finden!“ „Ja, kommen Sie wieder!“ rief Frau Christine; „versprechen Sie es; Ihr Abschied würde uns nicht so traurig machen!“ Ich versprach es gern; dann reichten beide mir die Hand, und ich stand und sah sie fortgehen; <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0122" n="122"/> aber mir war, als ob ein herzlicher Blick von ihm mich streifte. „Ich danke Ihnen, lieber Freund“, sagte er dann; „aber der Vater meiner Frau – ich hatte freilich nur Weniges von ihm gehört, – ist mir nimmer so erschienen.“</p> <p>„Und wie denn anders?“ frug ich.</p> <p>Er antwortete nicht mehr; sinnend gingen wir nebeneinander, bis wir das Haus erreicht hatten.</p> <p>„Ihr seid sehr langsam gegangen“, sagte Frau Christine, als sie uns entgegentrat; „Ihr habt mich schier vergessen!“</p> <p>– – Als ich am andern Morgen fortging, begleiteten mich beide, bis wo der Waldweg in die Landstraße ausläuft. „Wir schreiben Ihnen einmal!“ sagte der Oberförster. „Ich bin sonst kein Briefsteller; aber gewiß, ich thu’s; wir müssen Sie festzuhalten suchen, damit Sie einmal wieder den Weg zu uns hinaus finden!“</p> <p>„Ja, kommen Sie wieder!“ rief Frau Christine; „versprechen Sie es; Ihr Abschied würde uns nicht so traurig machen!“</p> <p>Ich versprach es gern; dann reichten beide mir die Hand, und ich stand und sah sie fortgehen; </p> </div> </body> </text> </TEI> [122/0122]
aber mir war, als ob ein herzlicher Blick von ihm mich streifte. „Ich danke Ihnen, lieber Freund“, sagte er dann; „aber der Vater meiner Frau – ich hatte freilich nur Weniges von ihm gehört, – ist mir nimmer so erschienen.“
„Und wie denn anders?“ frug ich.
Er antwortete nicht mehr; sinnend gingen wir nebeneinander, bis wir das Haus erreicht hatten.
„Ihr seid sehr langsam gegangen“, sagte Frau Christine, als sie uns entgegentrat; „Ihr habt mich schier vergessen!“
– – Als ich am andern Morgen fortging, begleiteten mich beide, bis wo der Waldweg in die Landstraße ausläuft. „Wir schreiben Ihnen einmal!“ sagte der Oberförster. „Ich bin sonst kein Briefsteller; aber gewiß, ich thu’s; wir müssen Sie festzuhalten suchen, damit Sie einmal wieder den Weg zu uns hinaus finden!“
„Ja, kommen Sie wieder!“ rief Frau Christine; „versprechen Sie es; Ihr Abschied würde uns nicht so traurig machen!“
Ich versprach es gern; dann reichten beide mir die Hand, und ich stand und sah sie fortgehen;
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Zitationshilfe: | Storm, Theodor: Ein Doppelgänger. Novelle. Berlin, 1887, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_doppelgaenger_1887/122>, abgerufen am 24.07.2024. |