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Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877.

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danach Schritte in dem untern Corridor, die sich
verloren, wo der Junker seine Kammer hatte.
Dann wurde Alles still.

Es war nun endlich sicher, ganz sicher; aber
mit unserm Plaudern war es mit einem Male
schier zu Ende. Katharina hatte den Kopf zurück¬
gelehnt; nur unser Beider Herzen hörete ich
klopfen. -- "Soll ich nun gehen, Katharina?'
sprach ich endlich.

Aber die jungen Arme zogen mich stumm zu
ihrem Mund empor; und ich ging nicht.

Kein Laut war mehr, als aus des Gartens
Tiefe das Schlagen der Nachtigallen und von
fern das Rauschen des Wässerleins, das hinten
um die Hecken fließt. -- --

Wenn, wie es in den Liedern heißt, mitunter
noch in Nächten die schöne heidnische Frau Venus
aufersteht und umgeht, um die armen Menschen¬
herzen zu verwirren, so war es dazumalen eine
solche Nacht. Der Mondschein war am Himmel
ausgethan, ein schwüler Ruch von Blumen
hauchte durch das Fenster und dorten überm

danach Schritte in dem untern Corridor, die ſich
verloren, wo der Junker ſeine Kammer hatte.
Dann wurde Alles ſtill.

Es war nun endlich ſicher, ganz ſicher; aber
mit unſerm Plaudern war es mit einem Male
ſchier zu Ende. Katharina hatte den Kopf zurück¬
gelehnt; nur unſer Beider Herzen hörete ich
klopfen. — „Soll ich nun gehen, Katharina?‘
ſprach ich endlich.

Aber die jungen Arme zogen mich ſtumm zu
ihrem Mund empor; und ich ging nicht.

Kein Laut war mehr, als aus des Gartens
Tiefe das Schlagen der Nachtigallen und von
fern das Rauſchen des Wäſſerleins, das hinten
um die Hecken fließt. — —

Wenn, wie es in den Liedern heißt, mitunter
noch in Nächten die ſchöne heidniſche Frau Venus
auferſteht und umgeht, um die armen Menſchen¬
herzen zu verwirren, ſo war es dazumalen eine
ſolche Nacht. Der Mondſchein war am Himmel
ausgethan, ein ſchwüler Ruch von Blumen
hauchte durch das Fenſter und dorten überm

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[85/0099] danach Schritte in dem untern Corridor, die ſich verloren, wo der Junker ſeine Kammer hatte. Dann wurde Alles ſtill. Es war nun endlich ſicher, ganz ſicher; aber mit unſerm Plaudern war es mit einem Male ſchier zu Ende. Katharina hatte den Kopf zurück¬ gelehnt; nur unſer Beider Herzen hörete ich klopfen. — „Soll ich nun gehen, Katharina?‘ ſprach ich endlich. Aber die jungen Arme zogen mich ſtumm zu ihrem Mund empor; und ich ging nicht. Kein Laut war mehr, als aus des Gartens Tiefe das Schlagen der Nachtigallen und von fern das Rauſchen des Wäſſerleins, das hinten um die Hecken fließt. — — Wenn, wie es in den Liedern heißt, mitunter noch in Nächten die ſchöne heidniſche Frau Venus auferſteht und umgeht, um die armen Menſchen¬ herzen zu verwirren, ſo war es dazumalen eine ſolche Nacht. Der Mondſchein war am Himmel ausgethan, ein ſchwüler Ruch von Blumen hauchte durch das Fenſter und dorten überm

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_aquis_1877/99>, abgerufen am 02.05.2024.