Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite

findest eine saubere Briefschaft, die Du ungern
möchtest bestellet sehen!"

Im selbigen Augenblick fühlte ich auch schon
die Hände des von der Risch an meinem Leibe,
und ein wüthend Ringen zwischen uns begann.
Ich fühlte wol, daß ich so leicht, wie in der
Bubenzeit, ihm nicht mehr über würde; da aber
fügete es sich zu meinem Glücke, daß ich ihm
beide Handgelenke packte, und er also wie ge¬
fesselt vor mir stund. Es hatte keiner von uns
ein Wort dabei verlauten lassen; als wir uns
aber itzund in die Augen sahen, da wußte Jeder
wol, daß er's mit seinem Todtfeind vor sich habe.

Solches schien auch der Junker Wulf zu
meinen; er strebte von seinem Stuhl empor, als
wolle er dem von der Risch zu Hülfe kommen;
mochte aber zu viel des Weins genossen haben,
denn er taumelte auf seinen Platz zurück. Da
schrie er, so laut seine lallende Zung es noch
vermochte: "He, Tartar! Türk! Wo steckt ihr!
Tartar, Türk!" Und ich wußte nun, daß die
zwo grimmen Köter, so ich vorhin auf der Tenne

findeſt eine ſaubere Briefſchaft, die Du ungern
möchteſt beſtellet ſehen!“

Im ſelbigen Augenblick fühlte ich auch ſchon
die Hände des von der Riſch an meinem Leibe,
und ein wüthend Ringen zwiſchen uns begann.
Ich fühlte wol, daß ich ſo leicht, wie in der
Bubenzeit, ihm nicht mehr über würde; da aber
fügete es ſich zu meinem Glücke, daß ich ihm
beide Handgelenke packte, und er alſo wie ge¬
feſſelt vor mir ſtund. Es hatte keiner von uns
ein Wort dabei verlauten laſſen; als wir uns
aber itzund in die Augen ſahen, da wußte Jeder
wol, daß er's mit ſeinem Todtfeind vor ſich habe.

Solches ſchien auch der Junker Wulf zu
meinen; er ſtrebte von ſeinem Stuhl empor, als
wolle er dem von der Riſch zu Hülfe kommen;
mochte aber zu viel des Weins genoſſen haben,
denn er taumelte auf ſeinen Platz zurück. Da
ſchrie er, ſo laut ſeine lallende Zung es noch
vermochte: „He, Tartar! Türk! Wo ſteckt ihr!
Tartar, Türk!“ Und ich wußte nun, daß die
zwo grimmen Köter, ſo ich vorhin auf der Tenne

<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><pb facs="#f0089" n="75"/>
finde&#x017F;t eine &#x017F;aubere Brief&#x017F;chaft, die Du ungern<lb/>
möchte&#x017F;t be&#x017F;tellet &#x017F;ehen!&#x201C;</p><lb/>
      <p>Im &#x017F;elbigen Augenblick fühlte ich auch &#x017F;chon<lb/>
die Hände des von der Ri&#x017F;ch an meinem Leibe,<lb/>
und ein wüthend Ringen zwi&#x017F;chen uns begann.<lb/>
Ich fühlte wol, daß ich &#x017F;o leicht, wie in der<lb/>
Bubenzeit, ihm nicht mehr über würde; da aber<lb/>
fügete es &#x017F;ich zu meinem Glücke, daß ich ihm<lb/>
beide Handgelenke packte, und er al&#x017F;o wie ge¬<lb/>
fe&#x017F;&#x017F;elt vor mir &#x017F;tund. Es hatte keiner von uns<lb/>
ein Wort dabei verlauten la&#x017F;&#x017F;en; als wir uns<lb/>
aber itzund in die Augen &#x017F;ahen, da wußte Jeder<lb/>
wol, daß er's mit &#x017F;einem Todtfeind vor &#x017F;ich habe.</p><lb/>
      <p>Solches &#x017F;chien auch der Junker Wulf zu<lb/>
meinen; er &#x017F;trebte von &#x017F;einem Stuhl empor, als<lb/>
wolle er dem von der Ri&#x017F;ch zu Hülfe kommen;<lb/>
mochte aber zu viel des Weins geno&#x017F;&#x017F;en haben,<lb/>
denn er taumelte auf &#x017F;einen Platz zurück. Da<lb/>
&#x017F;chrie er, &#x017F;o laut &#x017F;eine lallende Zung es noch<lb/>
vermochte: &#x201E;He, Tartar! Türk! Wo &#x017F;teckt ihr!<lb/>
Tartar, Türk!&#x201C; Und ich wußte nun, daß die<lb/>
zwo grimmen Köter, &#x017F;o ich vorhin auf der Tenne<lb/></p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[75/0089] findeſt eine ſaubere Briefſchaft, die Du ungern möchteſt beſtellet ſehen!“ Im ſelbigen Augenblick fühlte ich auch ſchon die Hände des von der Riſch an meinem Leibe, und ein wüthend Ringen zwiſchen uns begann. Ich fühlte wol, daß ich ſo leicht, wie in der Bubenzeit, ihm nicht mehr über würde; da aber fügete es ſich zu meinem Glücke, daß ich ihm beide Handgelenke packte, und er alſo wie ge¬ feſſelt vor mir ſtund. Es hatte keiner von uns ein Wort dabei verlauten laſſen; als wir uns aber itzund in die Augen ſahen, da wußte Jeder wol, daß er's mit ſeinem Todtfeind vor ſich habe. Solches ſchien auch der Junker Wulf zu meinen; er ſtrebte von ſeinem Stuhl empor, als wolle er dem von der Riſch zu Hülfe kommen; mochte aber zu viel des Weins genoſſen haben, denn er taumelte auf ſeinen Platz zurück. Da ſchrie er, ſo laut ſeine lallende Zung es noch vermochte: „He, Tartar! Türk! Wo ſteckt ihr! Tartar, Türk!“ Und ich wußte nun, daß die zwo grimmen Köter, ſo ich vorhin auf der Tenne

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_aquis_1877
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_aquis_1877/89
Zitationshilfe: Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_aquis_1877/89>, abgerufen am 23.11.2024.