kaum daß die braunen Augen mir noch einen stummen Abschied senden konnten.
Am andern Morgen, am Montage vor Jo¬ hannis, trat ich meine Reise an. Auf einem Gaule, den Dieterich mir besorget, trabte ich in der Frühe aus dem Thorweg; als ich durch die Tannen ritt, brach einer von des Junkers Hunden herfür und fuhr meinem Thiere nach den Flechsen, wann schon selbiges aus ihrem eigenen Stalle war; aber der oben im Sattel saß, schien ihnen allzeit noch verdächtig. Kamen gleichwol ohne Blessur davon, ich und der Gaul, und langeten Abends bei guter Zeit in Hamburg an. Am andern Vormittage machte ich mich auf und be¬ fand auch bald einen Schnitzer, so der Bilder¬ leisten viele fertig hatte, daß man sie nur zu¬ sammenzustellen und in den Ecken die Zierrathen darauf zu thun brauchte. Wurden also handels¬ einig, und versprach der Meister, mir das Alles wohlverpacket nachzusenden.
Storm, Aquis submersus. 5
kaum daß die braunen Augen mir noch einen ſtummen Abſchied ſenden konnten.
Am andern Morgen, am Montage vor Jo¬ hannis, trat ich meine Reiſe an. Auf einem Gaule, den Dieterich mir beſorget, trabte ich in der Frühe aus dem Thorweg; als ich durch die Tannen ritt, brach einer von des Junkers Hunden herfür und fuhr meinem Thiere nach den Flechſen, wann ſchon ſelbiges aus ihrem eigenen Stalle war; aber der oben im Sattel ſaß, ſchien ihnen allzeit noch verdächtig. Kamen gleichwol ohne Bleſſur davon, ich und der Gaul, und langeten Abends bei guter Zeit in Hamburg an. Am andern Vormittage machte ich mich auf und be¬ fand auch bald einen Schnitzer, ſo der Bilder¬ leiſten viele fertig hatte, daß man ſie nur zu¬ ſammenzuſtellen und in den Ecken die Zierrathen darauf zu thun brauchte. Wurden alſo handels¬ einig, und verſprach der Meiſter, mir das Alles wohlverpacket nachzuſenden.
Storm, Aquis submersus. 5
<TEI><text><body><p><pbfacs="#f0079"n="65"/>
kaum daß die braunen Augen mir noch einen<lb/>ſtummen Abſchied ſenden konnten.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Am andern Morgen, am Montage vor Jo¬<lb/>
hannis, trat ich meine Reiſe an. Auf einem<lb/>
Gaule, den Dieterich mir beſorget, trabte ich in<lb/>
der Frühe aus dem Thorweg; als ich durch die<lb/>
Tannen ritt, brach einer von des Junkers Hunden<lb/>
herfür und fuhr meinem Thiere nach den Flechſen,<lb/>
wann ſchon ſelbiges aus ihrem eigenen Stalle<lb/>
war; aber der oben im Sattel ſaß, ſchien ihnen<lb/>
allzeit noch verdächtig. Kamen gleichwol ohne<lb/>
Bleſſur davon, ich und der Gaul, und langeten<lb/>
Abends bei guter Zeit in Hamburg an. Am<lb/>
andern Vormittage machte ich mich auf und be¬<lb/>
fand auch bald einen Schnitzer, ſo der Bilder¬<lb/>
leiſten viele fertig hatte, daß man ſie nur zu¬<lb/>ſammenzuſtellen und in den Ecken die Zierrathen<lb/>
darauf zu thun brauchte. Wurden alſo handels¬<lb/>
einig, und verſprach der Meiſter, mir das Alles<lb/>
wohlverpacket nachzuſenden.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">Storm, <hirendition="#aq">Aquis submersus</hi>. 5<lb/></fw></body></text></TEI>
[65/0079]
kaum daß die braunen Augen mir noch einen
ſtummen Abſchied ſenden konnten.
Am andern Morgen, am Montage vor Jo¬
hannis, trat ich meine Reiſe an. Auf einem
Gaule, den Dieterich mir beſorget, trabte ich in
der Frühe aus dem Thorweg; als ich durch die
Tannen ritt, brach einer von des Junkers Hunden
herfür und fuhr meinem Thiere nach den Flechſen,
wann ſchon ſelbiges aus ihrem eigenen Stalle
war; aber der oben im Sattel ſaß, ſchien ihnen
allzeit noch verdächtig. Kamen gleichwol ohne
Bleſſur davon, ich und der Gaul, und langeten
Abends bei guter Zeit in Hamburg an. Am
andern Vormittage machte ich mich auf und be¬
fand auch bald einen Schnitzer, ſo der Bilder¬
leiſten viele fertig hatte, daß man ſie nur zu¬
ſammenzuſtellen und in den Ecken die Zierrathen
darauf zu thun brauchte. Wurden alſo handels¬
einig, und verſprach der Meiſter, mir das Alles
wohlverpacket nachzuſenden.
Storm, Aquis submersus. 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_aquis_1877/79>, abgerufen am 22.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.