kommen hatte ich noch niemalen hier empfangen. Da, zu meinem Glück, rief aus den Kammern ober dem Thore eine rauhe, aber mir gar traute Stimme: "Halloh!" rief sie; "Tartar, Türk!" Die Hunde ließen von mir ab, ich hörte es die Stiege herabkommen, und aus der Thür, so unter dem Thorgang war, trat der alte Dieterich.
Als ich ihn anschaute, sahe ich wol, daß ich lang in der Fremde gewesen sei; denn sein Haar war schloweiß geworden und seine sonst so lustigen Augen blickten gar matt und betrübsam auf mich hin. "Herr Johannes!" sagte er endlich und reichte mir seine beiden Hände.
"Grüß ihn Gott, Dieterich!" entgegnete ich. "Aber seit wann haltet Ihr solche Bluthunde auf dem Hof, die die Gäste anfallen gleich den Wölfen?"
"Ja, Herr Johannes," sagte der Alte, "die hat der Junker hergebracht."
"Ist denn der daheim?"
Der Alte nickte.
"Nun," sagte ich; "die Hunde mögen schon
kommen hatte ich noch niemalen hier empfangen. Da, zu meinem Glück, rief aus den Kammern ober dem Thore eine rauhe, aber mir gar traute Stimme: „Halloh!“ rief ſie; „Tartar, Türk!“ Die Hunde ließen von mir ab, ich hörte es die Stiege herabkommen, und aus der Thür, ſo unter dem Thorgang war, trat der alte Dieterich.
Als ich ihn anſchaute, ſahe ich wol, daß ich lang in der Fremde geweſen ſei; denn ſein Haar war ſchloweiß geworden und ſeine ſonſt ſo luſtigen Augen blickten gar matt und betrübſam auf mich hin. „Herr Johannes!“ ſagte er endlich und reichte mir ſeine beiden Hände.
„Grüß ihn Gott, Dieterich!“ entgegnete ich. „Aber ſeit wann haltet Ihr ſolche Bluthunde auf dem Hof, die die Gäſte anfallen gleich den Wölfen?“
„Ja, Herr Johannes,“ ſagte der Alte, „die hat der Junker hergebracht.“
„Iſt denn der daheim?“
Der Alte nickte.
„Nun,“ ſagte ich; „die Hunde mögen ſchon
<TEI><text><body><p><pbfacs="#f0046"n="32"/>
kommen hatte ich noch niemalen hier empfangen.<lb/>
Da, zu meinem Glück, rief aus den Kammern<lb/>
ober dem Thore eine rauhe, aber mir gar traute<lb/>
Stimme: „Halloh!“ rief ſie; „Tartar, Türk!“<lb/>
Die Hunde ließen von mir ab, ich hörte es die<lb/>
Stiege herabkommen, und aus der Thür, ſo unter<lb/>
dem Thorgang war, trat der alte Dieterich.</p><lb/><p>Als ich ihn anſchaute, ſahe ich wol, daß ich<lb/>
lang in der Fremde geweſen ſei; denn ſein Haar<lb/>
war ſchloweiß geworden und ſeine ſonſt ſo luſtigen<lb/>
Augen blickten gar matt und betrübſam auf mich<lb/>
hin. „Herr Johannes!“ſagte er endlich und<lb/>
reichte mir ſeine beiden Hände.</p><lb/><p>„Grüß ihn Gott, Dieterich!“ entgegnete ich.<lb/>„Aber ſeit wann haltet Ihr ſolche Bluthunde<lb/>
auf dem Hof, die die Gäſte anfallen gleich den Wölfen?“</p><lb/><p>„Ja, Herr Johannes,“ſagte der Alte, „die<lb/>
hat der Junker hergebracht.“</p><lb/><p>„Iſt denn der daheim?“</p><lb/><p>Der Alte nickte.</p><lb/><p>„Nun,“ſagte ich; „die Hunde mögen ſchon<lb/></p></body></text></TEI>
[32/0046]
kommen hatte ich noch niemalen hier empfangen.
Da, zu meinem Glück, rief aus den Kammern
ober dem Thore eine rauhe, aber mir gar traute
Stimme: „Halloh!“ rief ſie; „Tartar, Türk!“
Die Hunde ließen von mir ab, ich hörte es die
Stiege herabkommen, und aus der Thür, ſo unter
dem Thorgang war, trat der alte Dieterich.
Als ich ihn anſchaute, ſahe ich wol, daß ich
lang in der Fremde geweſen ſei; denn ſein Haar
war ſchloweiß geworden und ſeine ſonſt ſo luſtigen
Augen blickten gar matt und betrübſam auf mich
hin. „Herr Johannes!“ ſagte er endlich und
reichte mir ſeine beiden Hände.
„Grüß ihn Gott, Dieterich!“ entgegnete ich.
„Aber ſeit wann haltet Ihr ſolche Bluthunde
auf dem Hof, die die Gäſte anfallen gleich den Wölfen?“
„Ja, Herr Johannes,“ ſagte der Alte, „die
hat der Junker hergebracht.“
„Iſt denn der daheim?“
Der Alte nickte.
„Nun,“ ſagte ich; „die Hunde mögen ſchon
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_aquis_1877/46>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.