Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877.So war sie mählich näher kommen, ohne Da rief ich leise: "Katharina!" Sie blickte auf; ich aber ergriff ihre Hand Ich hörete das, und dann sprach ich es aus: Sie nickte nicht; sie sah mich starr und So war ſie mählich näher kommen, ohne Da rief ich leiſe: „Katharina!“ Sie blickte auf; ich aber ergriff ihre Hand Ich hörete das, und dann ſprach ich es aus: Sie nickte nicht; ſie ſah mich ſtarr und <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0154" n="140"/> <p>So war ſie mählich näher kommen, ohne<lb/> meiner zu gewahren: dann knieete ſie nieder an<lb/> einem Streifen Moos, der unter den Büſchen<lb/> hinlief; doch ihre Hände pflückten nicht davon;<lb/> ſie ließ das Haupt auf ihre Bruſt ſinken, und<lb/> es war, als wolle ſie nur ungeſehen vor dem<lb/> Kinde in ihrem Leide ausruhen.</p><lb/> <p>Da rief ich leiſe: „Katharina!“</p><lb/> <p>Sie blickte auf; ich aber ergriff ihre Hand<lb/> und zog ſie gleich einer Willenloſen zu mir unter<lb/> den Schatten der Büſche. Doch als ich ſie end¬<lb/> lich alſo nun gefunden hatte und keines Wortes<lb/> mächtig vor ihr ſtund, da ſahen ihre Augen weg<lb/> von mir, und mit faſt einer fremden Stimme<lb/> ſagte ſie: „Es iſt nun einmal ſo, Johannes!<lb/> Ich wußte wol, Du ſeieſt der fremde Maler;<lb/> ich dachte nur nicht, daß Du heute kommen<lb/> würdeſt.“</p><lb/> <p>Ich hörete das, und dann ſprach ich es aus:<lb/> „Katharina, — — — ſo biſt Du des Predigers<lb/> Eheweib?“</p><lb/> <p>Sie nickte nicht; ſie ſah mich ſtarr und<lb/></p> </body> </text> </TEI> [140/0154]
So war ſie mählich näher kommen, ohne
meiner zu gewahren: dann knieete ſie nieder an
einem Streifen Moos, der unter den Büſchen
hinlief; doch ihre Hände pflückten nicht davon;
ſie ließ das Haupt auf ihre Bruſt ſinken, und
es war, als wolle ſie nur ungeſehen vor dem
Kinde in ihrem Leide ausruhen.
Da rief ich leiſe: „Katharina!“
Sie blickte auf; ich aber ergriff ihre Hand
und zog ſie gleich einer Willenloſen zu mir unter
den Schatten der Büſche. Doch als ich ſie end¬
lich alſo nun gefunden hatte und keines Wortes
mächtig vor ihr ſtund, da ſahen ihre Augen weg
von mir, und mit faſt einer fremden Stimme
ſagte ſie: „Es iſt nun einmal ſo, Johannes!
Ich wußte wol, Du ſeieſt der fremde Maler;
ich dachte nur nicht, daß Du heute kommen
würdeſt.“
Ich hörete das, und dann ſprach ich es aus:
„Katharina, — — — ſo biſt Du des Predigers
Eheweib?“
Sie nickte nicht; ſie ſah mich ſtarr und
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Zitationshilfe: | Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_aquis_1877/154>, abgerufen am 16.02.2025. |