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Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877.

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"Was soll's der Rede?" rief ich; aber sie
fiel mir centnerschwer auf's Herz.

"Nun, Herr Johannes," und der Alte sahe
mir gar zuversichtlich in die Augen, "wo das
Fräulein hinkommen, das werdet doch Ihr am
besten wissen! Ihr seid derzeit im Herbst ja nicht
zum Letzten hier gewesen; nur wundert's mich,
daß Ihr noch einmal wiederkommen; denn Junker
Wulf wird, denk' ich, nicht eben gute Mien' zum
bösen Spiel gemachet haben."

Ich sahe den alten Menschen an, als sei ich
selber hintersinnig worden; dann aber kam mir
plötzlich ein Gedanke. "Unglücksmann!" schrie
ich! "Ihr glaubet doch nicht etwan, das Fräu¬
lein Katharina sei mein Eheweib geworden?"

"Nun, lasset mich nur los!" entgegnete der
Alte -- denn ich schüttelte ihn an beiden Schul¬
tern. -- "Was geht's mich an! Es geht die
Rede so! Auf alle Fäll'; seit Neujahr ist das
Fräulein im Schloß nicht mehr gesehen worden."

Ich schwur ihm zu, derzeit sei ich in Holland
krank gelegen; ich wisse nichts von alle dem.

„Was ſoll's der Rede?“ rief ich; aber ſie
fiel mir centnerſchwer auf's Herz.

„Nun, Herr Johannes,“ und der Alte ſahe
mir gar zuverſichtlich in die Augen, „wo das
Fräulein hinkommen, das werdet doch Ihr am
beſten wiſſen! Ihr ſeid derzeit im Herbſt ja nicht
zum Letzten hier geweſen; nur wundert's mich,
daß Ihr noch einmal wiederkommen; denn Junker
Wulf wird, denk' ich, nicht eben gute Mien' zum
böſen Spiel gemachet haben.“

Ich ſahe den alten Menſchen an, als ſei ich
ſelber hinterſinnig worden; dann aber kam mir
plötzlich ein Gedanke. „Unglücksmann!“ ſchrie
ich! „Ihr glaubet doch nicht etwan, das Fräu¬
lein Katharina ſei mein Eheweib geworden?“

„Nun, laſſet mich nur los!“ entgegnete der
Alte — denn ich ſchüttelte ihn an beiden Schul¬
tern. — „Was geht's mich an! Es geht die
Rede ſo! Auf alle Fäll'; ſeit Neujahr iſt das
Fräulein im Schloß nicht mehr geſehen worden.“

Ich ſchwur ihm zu, derzeit ſei ich in Holland
krank gelegen; ich wiſſe nichts von alle dem.

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[105/0119] „Was ſoll's der Rede?“ rief ich; aber ſie fiel mir centnerſchwer auf's Herz. „Nun, Herr Johannes,“ und der Alte ſahe mir gar zuverſichtlich in die Augen, „wo das Fräulein hinkommen, das werdet doch Ihr am beſten wiſſen! Ihr ſeid derzeit im Herbſt ja nicht zum Letzten hier geweſen; nur wundert's mich, daß Ihr noch einmal wiederkommen; denn Junker Wulf wird, denk' ich, nicht eben gute Mien' zum böſen Spiel gemachet haben.“ Ich ſahe den alten Menſchen an, als ſei ich ſelber hinterſinnig worden; dann aber kam mir plötzlich ein Gedanke. „Unglücksmann!“ ſchrie ich! „Ihr glaubet doch nicht etwan, das Fräu¬ lein Katharina ſei mein Eheweib geworden?“ „Nun, laſſet mich nur los!“ entgegnete der Alte — denn ich ſchüttelte ihn an beiden Schul¬ tern. — „Was geht's mich an! Es geht die Rede ſo! Auf alle Fäll'; ſeit Neujahr iſt das Fräulein im Schloß nicht mehr geſehen worden.“ Ich ſchwur ihm zu, derzeit ſei ich in Holland krank gelegen; ich wiſſe nichts von alle dem.

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_aquis_1877/119>, abgerufen am 27.11.2024.