dort in einer sorgenfreyen Musse, die den Mu- sen günstiger ist, als die geräuschvolle Zer- streuung und die anziehende Laufbahn des Ho- fes. Staats- und Geschäftmänner, die die größere Hälfte ihres Lebens in gemeinnütziger Thätigkeit zugebracht haben, suchen gewöhn- lich auf ihren prächtigen Villa's im Umkreise der Hauptstadt eine Ruhe, die nicht selten fruchtbar für die Litteratur und die Wissen- schaften wird. Selbst die Sprache, die nir- gend so fein und in so großer Reinigkeit ge- sprochen werden soll, als in Moskau, gewährt dem Schriftsteller dort einen Vortheil, dessen er hier zuweilen entbehrt. -- Aber auch den übrigen Theil des Landes denke man sich nicht durchaus als ein ödes Feld für die Wissen- schaften. In mehreren Statthalterschaften herrscht ein edler Wetteifer für die Aufnahme und Bearbeitung der vaterländischen Littera- tur, dessen Wirkungen hauptsächlich in der Geschichte und Statistik des Reichs sichtbar zu werden anfangen. Ueberall erwacht unter Katharinens weiser und milder Regierung die Liebe zu Wissenschaften und Künsten, der Geschmack an einem feinern und geistigern
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dort in einer ſorgenfreyen Muſſe, die den Mu- ſen guͤnſtiger iſt, als die geraͤuſchvolle Zer- ſtreuung und die anziehende Laufbahn des Ho- fes. Staats- und Geſchaͤftmaͤnner, die die groͤßere Haͤlfte ihres Lebens in gemeinnuͤtziger Thaͤtigkeit zugebracht haben, ſuchen gewoͤhn- lich auf ihren praͤchtigen Villa’s im Umkreiſe der Hauptſtadt eine Ruhe, die nicht ſelten fruchtbar fuͤr die Litteratur und die Wiſſen- ſchaften wird. Selbſt die Sprache, die nir- gend ſo fein und in ſo großer Reinigkeit ge- ſprochen werden ſoll, als in Moskau, gewaͤhrt dem Schriftſteller dort einen Vortheil, deſſen er hier zuweilen entbehrt. — Aber auch den uͤbrigen Theil des Landes denke man ſich nicht durchaus als ein oͤdes Feld fuͤr die Wiſſen- ſchaften. In mehreren Statthalterſchaften herrſcht ein edler Wetteifer fuͤr die Aufnahme und Bearbeitung der vaterlaͤndiſchen Littera- tur, deſſen Wirkungen hauptſaͤchlich in der Geſchichte und Statiſtik des Reichs ſichtbar zu werden anfangen. Ueberall erwacht unter Katharinens weiſer und milder Regierung die Liebe zu Wiſſenſchaften und Kuͤnſten, der Geſchmack an einem feinern und geiſtigern
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dort in einer ſorgenfreyen Muſſe, die den Mu-
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ſtreuung und die anziehende Laufbahn des Ho-
fes. Staats- und Geſchaͤftmaͤnner, die die
groͤßere Haͤlfte ihres Lebens in gemeinnuͤtziger
Thaͤtigkeit zugebracht haben, ſuchen gewoͤhn-
lich auf ihren praͤchtigen Villa’s im Umkreiſe
der Hauptſtadt eine Ruhe, die nicht ſelten
fruchtbar fuͤr die Litteratur und die Wiſſen-
ſchaften wird. Selbſt die Sprache, die nir-
gend ſo fein und in ſo großer Reinigkeit ge-
ſprochen werden ſoll, als in Moskau, gewaͤhrt
dem Schriftſteller dort einen Vortheil, deſſen
er hier zuweilen entbehrt. — Aber auch den
uͤbrigen Theil des Landes denke man ſich nicht
durchaus als ein oͤdes Feld fuͤr die Wiſſen-
ſchaften. In mehreren Statthalterſchaften
herrſcht ein edler Wetteifer fuͤr die Aufnahme
und Bearbeitung der vaterlaͤndiſchen Littera-
tur, deſſen Wirkungen hauptſaͤchlich in der
Geſchichte und Statiſtik des Reichs ſichtbar
zu werden anfangen. Ueberall erwacht unter
Katharinens weiſer und milder Regierung
die Liebe zu Wiſſenſchaften und Kuͤnſten, der
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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/87>, abgerufen am 22.11.2024.
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